"Spatzenhirne": US-Analyst fassungslos über Europas "wirtschaftlichen Selbstmord"
Der Mix aus grüner Energiepolitik, Anti-Corona-Kampf und Russland-Sanktionen ist gemäß David Stockmann tödlich für den Wohlstand. Die verheerenden Folgen dieser Politik zeigen sich vor allem am Niedergang der Euro-Zone, sagt der Ex-Politiker, Bestseller-Autor und Washington-Insider.
David Stockman (75) reibt sich verwundert die Augen über die jetzige Wirtschaftspolitik des Westens: „Das Trio aus Sanktionskrieg, grünem Energiekreuzzug und Virusbekämpfung ist eine tödliche Bedrohung für den Wohlstand.“ Nichts veranschauliche das besser als der „Niedergang der Eurozone, wo diese politischen Krankheiten am weitesten fortgeschritten sind“, erklärt der erfahrene Analyst sarkastisch, der von 1981 bis 1985 Direktor des „Office of Management and Budget“ unter Präsident Ronald Reagan war – und damit jüngste Kabinettsmitglied des 20. Jahrhunderts.
Geringes Wirtschaftswachstum seit 2008
In seiner Analyse auf InternationalMan.com spart Stockman nicht mit vernichtender Kritik an der EU-Politik, untermauert sie aber mit sämtlichen Fakten. Die reale Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts ist im Vergleich zur Zeit vor der Finanzkrise von 2008 um 74 % eingebrochen. „Die reale Wachstumsrate in den E19-Ländern betrug im 14-Jahres-Zeitraum zwischen dem ersten Quartal 2008 und dem ersten Quartal 2022 nur 0,67 % pro Jahr, verglichen mit 2,29 % pro Jahr im entsprechenden Zeitraum zwischen 1995 und 2008.“
Irrwitzige Verschärfung der Sanktionen
Nun steuere Europa auf „eine rasante Stagflation“ zu, und zwar aus mehreren Gründen, zunächst aufgrund der permanent verschärften Sanktionen: „Die EU-Harakiri-Künstler fangen gerade erst an. Ungeachtet des geplanten vollständigen Ausstiegs aus dem russischen Rohöltransport auf dem Seeweg bis Ende 2022 und angesichts einer möglichen vollständigen Abschaltung des russischen Pipeline-Gases planen diese Spatzenhirne nun eine sechste Runde von Sanktionen, die zu all dem bisherigen Wahnsinn noch hinzukommen soll.“
Wechselkurs: Euro fällt unter den Dollar
Hinzu käme der Wechselkurs eines permanent schwächer werdenden Euros, der zu einer importierten Inflation führe. Der Leitzins der EZB (jüngst auf 0,5 Prozent erhöht) ist noch immer weit unter dem Leitzins der Fed (1,58 Prozent). „Auf kurze Sicht ist die derzeitige und künftige Diskrepanz so ungeheuerlich, dass sie den Wechselkurs des Euro buchstäblich untergehen lässt.“ Allein im vergangenen Jahr ist der Wechselkurs gegenüber dem Dollar um 15 Prozent gesunken, und seit dem Höchststand Mitte 2008 um mehr als 58 Prozent.
Importierte Inflation
„Es erübrigt sich zu sagen, dass ein kollabierender Wechselkurs ein klassisches Rezept für einen Anstieg der importierten Inflation ist.“ Die bevorstehende brutale Stagflation werde die EZB lähmen – mit schwerwiegenden Folgen: „Energie, Lebensmittel und andere inflationäre Faktoren machen aus dem Lebensstandard der Mittelschicht buchstäblich Hackfleisch.“
Explodierende Energiepreise
Die deutschen Jahresstrompreise stiegen unterdessen in der vergangenen Woche um 19 Prozent, „sie haben sich allein in diesem Jahr fast verdreifacht und sind seit Anfang 2021 um mehr als das Siebenfache gestiegen.“
Enorme Verschuldung lässt Wirtschaftspolitik kaum Freiraum
Doch auch das ist noch nicht alles. Die hohe Verschuldung der Eurozone liegt bei nicht ganz 100 Prozent des BIP – wenn man Deutschland herausnimmt sind es deutlich mehr als 100 Prozent. „Damit ist auch der Spielraum für fiskalische Maßnahmen weitgehend ausgeschöpft.“
Unrealistische CO2-Pläne, aber Reaktivierung von Kohlekraftwerken
Schließlich sind da noch völlig überzogene Pläne zur Senkung der CO2-Emissionen, während die deutsche Koalition (und auch die österreichische) Kohlekraftwerke hochfahren muss, um genügend Gas für den Winter zu sparen. „So wurden 11 Kohlekraftwerke, die in diesem Herbst abgeschaltet werden sollten, in Betrieb gehalten und 17 bereits abgeschaltete Kohle- und Ölkraftwerke reaktiviert.“
Unrealistisch: „abscheulicher Ölpreis-Obergrenzen-Plan“
David Stockman ist seit vielen Jahren in der Privatwirtschaft tätig, gehörte dem Vorstand mehrerer Investmentfirmen an, gilt aufgrund seiner politischen Karriere als Washington-Insider, doch gerade Europas blinde Befolgung von Washingtons Ratschlägen hält er für fatal. Dabei macht er auch kein Geheimnis aus seiner Meinung zur US-Politik, etwa wenn es um den „abscheulichen Ölpreis-Obergrenzen-Plan“ von US-Finanzministerin Janet Yellen geht, den er für völlig unrealistisch hält:
„Angeblich würden sich China, Indien und andere Entwicklungsländer, die russisches Rohöl zu Discountpreisen abnehmen, an dieser Regelung beteiligen und einen noch höheren Rabatt erhalten. Das setzt allerdings voraus, dass Russland sich bereit erklärt, zu diesen Preisen zu verkaufen, und dass die Länder, die dringend Rohöl benötigen, sich strikt an die Regeln von Washington und der NATO halten.“
Wie soll die Preisobergrenze für Öl durchgesetzt werden?
Gemäß Stockman haben „die europäischen Staats- und Regierungschefs ihre Politik in einem Paralleluniversum formuliert, indem sie nicht durchsetzbare Pläne für eine Preisobergrenze von 40 bis 60 Dollar für russische Rohölexporte erörterten, die angeblich auch auf die asiatischen Märkte ausgedehnt werden sollten. Die falsche Annahme – atemberaubend in ihrer Reihe von Irrtümern – ist, dass der Kreml das Geld braucht und sich willfährig fügen wird.“
Die Preisobergrenze werfe eine Fülle an Fragen auf, etwa „wie sie durchgesetzt werden soll, wie man andere Länder davon überzeugen kann, sich ihr anzuschließen, und zu welchem Preis die westlichen Länder den Kauf von russischem Öl erlauben würden.“
Russland war geschickt: Weniger Ölexporte, höhere Einnahmen
Clever sei hingegen Russland gewesen. Es habe in den ersten 100 Tagen des Krieges durch geschickten Verkauf von Öl, Gas und Kohle mit leichten Preisnachlässen gegenüber den steigenden Weltmarktpreisen und bei etwas geringeren Mengen an Brennstoffen einen Rekordumsatz von 97 Milliarden Dollar (= Euro) erzielt. „Im Juni beispielsweise fielen die russischen Ölexporte auf den niedrigsten Stand seit August 2021, aber die Einnahmen aus dem Ölexport stiegen um 700 Millionen Dollar auf 20,4 Milliarden Dollar, 40 Prozent mehr als im Durchschnitt des Jahres 2021.“ Fazit: „Letzten Endes lügen die Fakten nicht.“
Europas Politiker im Gruppendenken ohne Vernunft gefangen
Stockman fragt provokant: „Was um alles in der Welt ist mit diesen Leuten los? Versuchen sie absichtlich, die Gesellschaft und sogar ein Mindestmaß an Wohlstand zu sabotieren?“ Sein rasender Zorn über die Politik spricht buchstäblich aus jeder Zeile seiner Analyse: „Die Argumente gegen eine Beteiligung Europas an Washingtons irrwitzigem Sanktionskrieg gegen Russland sind in der Tat so erdrückend, dass die zugrunde liegende Wahrheit nur schwer zu leugnen ist. Europas politische Führer sind in akute geistige Umnachtung verfallen – eine Form des Gruppendenkens, das sich völlig von der Rationalität gelöst hat.“
Und: „Sind die politischen Apparatschiks und Politiker der EU also auf dem Weg, die Reste des Wohlstands in Europa zu zerstören? Es sieht jedenfalls so aus.“
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