Nur einen Tag, nachdem Kanzler Christian Stocker (ÖVP) im ORF-„Sommergespräch“ eine Senkung der Inflation auf zwei Prozent als Ziel genannt hat, wurde die nächste Hiobsbotschaft bekannt: Mit 4,1 Prozent erreicht die Teuerung heuer einen neuen Jahresrekord. Preistreiber waren Energie, Dienstleistungen und Nahrungsmittel – doch die Politik ist maßgeblich daran mitschuldig, wie die Wiener Denkfabrik Agenda Austria gegenüber dem exxpress festhält

„Mit Hilfeleistungen wurde das ganze Land für bedürftig erklärt“

Agenda-Austria-Ökonom Hanno Lorenz sieht in den zahlreichen Gutscheinen und Hilfsgeldern der vergangenen Jahre einen entscheidenden Faktor für die aktuelle Rekordteuerung: „Der Staat ist großer Treiber der Inflation. Er hat es bei den Hilfsleistungen deutlich übertrieben und quasi das ganze Land für bedürftig erklärt. Damit ist viel Geld ins System geflossen und hat die Nachfrage hochgehalten, während das Angebot knapp war.“

Die Politik darf sich über die Teuerungs nicht wundern, findet Hanno Lorenz (Bild).Agenda Austria/Elke Mayr

Auch die jetzigen Ursachen der Rekordteuerung sind nicht vom Himmel gefallen. Die Regierung könnte gegensteuern, wenn sie wollte: „Preistreiber ist vor allem der Energiesektor. Hier kann die Politik deutlich mehr bewirken, da der Großteil der Anbieter von Strom und Gas in öffentlicher Hand ist. Privatisierung könnte für mehr Wettbewerb und damit niedrigere Preise für Wirtschaft und Haushalte sorgen und zusätzliche Einnahmen zur Budgetsanierung bringen.“

Stockers Konjunkturpaket – ein Rezept für noch höhere Inflation?

Kanzler Christian Stocker hatte am Tag zuvor im ORF-„Sommergespräch“ von einem Standortfonds gesprochen, der privates Kapital für den Netzausbau mobilisieren soll. Mit Blick auf die 114 heimischen Netzgesellschaften, von denen 80 in öffentlicher Hand sind, sprach der ÖVP-Chef von einer „großzügigen Redimensionierung“, weil „jede Firma kostet“. Hier seien Einsparungen möglich.

In eine völlig konträre Richtung gehen allerdings die Vorhaben des Kanzlers bei der Ankurblung der Wirtschaft. Um die Stagnation zu überwinden und Ein-Prozent Wirtschaftswachstum anzupeilen will Stocker ein Konjunkturpaket von einer Milliarde Euro schnüren. Energieintensiven Betrieben will er heuer und im kommenden Jahr mit jeweils 75 Millionen Euro über die Runden helfen. Neue Staatsausgaben – das klingt nach einem Rezept für mehr noch höhere Inflation. Sarkastisch meint daher Agenda-Austria-Direktor Franz Schellhorn auf X angesichts der jetzigen Rekordteuerung: „Und jetzt noch ein staatliches Konjunkturpaket, das der Inflation einen weiteren Schub gibt?“

„Brauchen weniger, nicht mehr Staat“

Hanno Lorenz unterstreicht gegenüber dem exxpress: „Auch beim angekündigten Konjunkturpaket muss darauf geachtet werden, dass die Staatsausgaben nicht noch weiter steigen. Die liegen schon historisch hoch bei 56 Prozent der Wirtschaftsleistung – und das mit wenig Erfolg. Österreich liegt beim Wachstum auf dem Abstiegspatz. Was die Wirtschaft braucht, ist nicht mehr, sondern weniger Staat.“