Ein vertrautes Szenario sorgt derzeit an den Finanzmärkten für Aufsehen: Aggressive Kreditvergabe, gebündelte riskante Papiere, große Banken als Finanzierer – und am Ende der Absturz. Diesmal ist es jedoch kein Immobilienkonzern, sondern der US-Gebrauchtwagenfinanzierer Tricolor Holdings, der in die Pleite schlitterte.

Am 10. September beantragte das Unternehmen die Chapter-7-Insolvenz, also die vollständige Liquidation. Laut Gerichtsdokumenten listet Tricolor dabei mehr als 25.000 Gläubiger auf, die Verbindlichkeiten und Vermögenswerte jeweils zwischen ein und zehn Milliarden Dollar beziffern.

Banken in der Schusslinie

Besonders betroffen sind gleich mehrere Großbanken. In den Insolvenztabellen tauchen JPMorgan, Barclays und Fifth Third als besicherte Kreditgeber auf. Für Fifth Third ist der Fall bereits ein teurer: Konzernchef Tim Spence sprach öffentlich von einem „isolierten Vorfall“ im Warehouse-Geschäft. Ursache seien intern „korrumpierte“ Datensätze, die als Sicherheiten dienten. Die Bank rechnet mit Wertberichtigungen zwischen 170 und 200 Millionen Dollar. Medienberichten zufolge soll auch JPMorgan in ähnlicher Höhe Risiken tragen.

Brisant: Noch im Frühjahr und Sommer 2025 platzierte Tricolor mehrere ABS-Deals – darunter eine Transaktion über 328 Millionen Dollar. JPMorgan agierte als Lead-Strukturierer, Barclays als Joint Bookrunner, Fifth Third Securities als Co-Manager. Damit wird deutlich, wie eng Bankenfinanzierungen, Verbriefungen und Sicherheitenprüfungen miteinander verwoben sind.

DAX-Anzeigetafel an der Frankfurter Börse am 15. September 2008: Aufgrund des Zusammenbruchs der viertgrößten US-Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. verzeichnete der deutsche DAX-Index damals einen Absturz. GETTYIMAGES/Ralph Orlowski

Ermittlungen laufen

Der Fall ist längst nicht nur ein internes Bankenproblem. Reuters und Financial Times berichten übereinstimmend, dass das US-Justizministerium mögliche Manipulationen in den Sicherheitenakten prüft. Offizielle Stellungnahmen von Tricolor selbst gibt es nicht.

Warum es (nicht) der neue Lehman-Moment ist

Die Parallelen zu 2008 liegen auf der Hand: Subprime-Kredite, riskante Verbriefungen, Banken, die plötzlich auf Milliardenrisiken sitzen. Doch es gibt entscheidende Unterschiede:

Das Volumen ist nicht vergleichbar. Der gesamte Markt für Autokredite in den USA liegt bei rund 1,66 Billionen Dollar. Zum Vergleich: Hypotheken summieren sich auf 12,94 Billionen Dollar.

Die Gebrauchtwagenpreise sind hoch und stabil. Der maßgebliche Manheim-Index bewegt sich bei 206–208 Punkten – das stützt die Rückflüsse aus Sicherheiten.

Ratingagenturen wie Fitch gehen zwar von Druck im Subprime-Segment aus, erwarten aber kein breites Kippen. Prime-Plattformen gelten weiterhin als robust.

Was jetzt auf Banken und Märkte zukommt

Die unmittelbaren Folgen: hohe Einzelverluste in dreistelliger Millionenhöhe, strengere Prüfungen bei Warehouse-Krediten und ABS-Trusts sowie ein deutlich kritischerer Blick der Aufsichtsbehörden.

Für die Banken bedeutet das: Offenlegungspflichten werden wichtiger, auch Trustee-Berichte und mögliche Rating-Änderungen im Subprime-Auto-Segment stehen im Fokus. Anleger und Investoren sollten vor allem beobachten, ob weitere Institute ähnliche Belastungen melden.

Kurz: Statt Lehman-Moment erleben wir wahrscheinlich „nur“ schmerzhafte Verluste und strengere Kontrollen. Ein Finanz-Erdbeben bleibt vorerst aus.