Trinkwasser für Afrika – mit israelischer Solarenergie und Wassertechnik
Mit Hilfe von Sonnenenergie an Wasser gelangen – das ist in wenigen Worten das Erfolgsrezept der israelischen NGO „Innovation: Africa“. Seit ihrer Gründung im Jahr 2008 hat sie 4,2 Millionen Menschen in Afrika Strom und Zugang zu Trinkwasser verschafft. Alle zwei Tage wird mittlerweile ein Projekt fertiggestellt.
Mehr als 900 Dörfern hat die Nicht-Regierungs-Orgnisation „Innovation: Africa“ mittlerweile zu Strom und sauberem Wasser verholfen. „Was wir tun, ist sehr simpel“, sagt die Gründerin und Geschäftsführerin Sivan Yaari (45) gegenüber dem eXXpress: „Wir benützen Solarenergie um Wasser zu pumpen.“
Mittlerweile beschäftigt „Innovation: Afrika“ 142 Mitarbeiter in zehn Ländern, darunter 79 Ingenieure. „Das ist der beste Beruf“, meint Ben Fuxbrunner (28) gegenüber dem eXXpress. Der Ingenieur hat bereits während seines Elektromechanik-Studiums begonnen für „Innovation: Africa“ zu arbeiten. „Man spürt sofort die Auswirkungen der eigenen Arbeit.“
620 Millionen Menschen südlich der Sahara leben ohne Strom
Trinkwasser aus der Wasserleitung ist für Österreicher eine Selbstverständlichkeit, für unzählige Menschen weltweit noch immer nicht. In Afrika haben mehr als 400 Millionen Bewohner keinen Zugang zu sauberem Wasser. Täglich machen sie sich schon in den Morgenstunden auf die Suche nach Wasser oder müssen stundenlang Schlange stehe vor ein, zwei wenigen Brunnen. Ihnen bleibt meist nichts anderes übrig, als sich mit unsauberem Wasser zufrieden zu geben, wissend, dass sie davon krank werden. In Summe sterben mehr Menschen an verschmutztem Wasser, als an allen Formen von Gewalt, Krieg eingeschlossen, berichten die Vereinten Nationen.
Oft fehlt ein funktionierendes Wasserpumpen-System, doch dafür bräuchte es Strom – und hier liegt der Kern des Problems. „Energie ist der Schlüssel gegen Armut“, sagt Yaari. „620 Millionen Menschen in Afrika südlich der Sahara leben ohne Elektrizität. Nur 34 Prozent der medizinischen Zentren und weniger als 25 Prozent der Schulen in Afrika haben Zugang zu Strom.“
Ein solar betriebenes Wasserpumpensystem heben mit einem Schlag den Lebensstandard
Genau da setzt „Innovation: Africa“ an, unter anderem in Tansania, Uganda oder Malawi. Die israelische Organisation bringt Solar-, Wasser- und Agrartechnologien in ländliche afrikanische Dörfer. Beispielsweise waren die 4000 Bewohner von Mdlabongolo, einem Dorf im Bezirk Ehlanzeni in Südafrika, jahrelang auf verunreinigte Wasserquellen angewiesen. Im September 2019 errichtete „Innovation: Afrika“ ein solar betriebenes Wasserpumpensystem. Ein zehn Meter hoher Turm wurde gebaut, der über kilometerlange Rohrleitungen mit einem weiteren 10.000-Liter-Behälter verbunden ist, der zusätzliches Wasser speichert, das an die Wasserhähne im Dorf verteilt wird. All dies ist mit einem 55 Meter tief gelegenen Bohrloch verbunden. Seither können alle Dorfbewohner täglich sauberes und sicheres Wasser trinken.
Im Dorf Ndebwe, das 51 Kilometer von Dodoma, der Hauptstadt von Tansania entfernt liegt, leben 4600 Menschen, deren einzige Wasserquelle zuvor die natürlichen Brunnen vor Ort waren. Während der Regenzeit mussten sich Frauen und Kinder bis zu zwei Stunden in Schlangen anstellen, um ihre Kanister mit Wasser zu füllen. Das unsaubere Wasser verursachte permanent Magenkrankheiten. In der Trockenzeit versiegten die Brunnen und die Bewohner musste sich auf die Suche nach neuem Wasser machen.
Im April 2019 hat „Innovation: Africa“ gemeinsam mit der NGO „Water 4 Mercy“ ebenfall sein solares Wasserpumpensystem installiert. Um den Bedarf der Bevölkerung zu decken, wurden im gesamten Dorf 38 Wasserhähne gebaut. Seither wurden Häuser aus Ziegelsteinen gebaut, Gärten angelegt, Kinder gehen zur Schule und Frauen müssen nicht mehr auf die Suche nach Wasser gehen. Die Gesundheit und Hygiene von 4600 Menschen hat sich seit dem Zugang zu sauberem Wasser verbessert.
Dank solcher Projekte werden mittlerweile auch Schulen und Kliniken mit Strom versorgt.
„Mit Solartechnologie können wir den Kreislauf aus Armut und Krankheit durchbrechen“
Die Idee zu „Innovation: Africa“ kam Sivan Yaari als sie Anfang 20 war und bei einer Fabrik in Madagaskar arbeitete. Dort lernte sie die harte Lebensrealität in den Dörfern kennen. „Die Armut, die ich dort sah, war eine ganz andere als jene, die ich in Israel erlebt habe“, wird sie in der israelischen Tageszeitung „Maariv“ zitiert. „Erst dann verstand ich, was echte Armut ist. In den Dörfern sah ich Mütter und Kinder ohne Schuhe, die nach Wasser suchen, und schließlich schmutziges Wasser tranken, von dem sie krank wurden. In den Kliniken fehlte es an Ärzten, Kühlschränken, Medikamente und Strom. Damals wurde mir klar, dass dieser Kreislauf nur durchbrochen werden kann, wenn wir die Menschen mit Solartechnologien versorgen.“
Sivan Yaari dachte: „Wir könnten die gleichen Technologien einbringen, die wir hier in Israel zum Anbau von Nahrungsmitteln und zum Pumpen von Wasser in den Jahren der Staatsgründung eingesetzt haben.“ Yaari, die bereits einen Bachelor in Finanzwesen hatte, schloss ein Zweitstudium ab und machte den Master in Energiemanagement an der Columbia University. 2008 startete sie das erste Projekt in einem kleinen Dorf in Tansania. Mittlerweile werden zwischen 200 und 300 Dörfer pro Jahr mit Strom und Wasser versorgt.
Zusammenarbeit mit Häuptlingen vor Ort
Yaari berichtet: „Bevor wir in einem Dorf ankommen, treffen wir uns mit dem Häuptling und der Gemeinde. Sie begleiten uns durch den gesamten Prozess von Anfang bis Ende, noch bevor wir mit der Bohrmaschine nach Grundwasser bohren.“ Die Mitarbeiter wählen später zehn Dorfbewohner aus, „die mit uns zusammenarbeiten. Wir bringen ihnen alles bei, was es über das Solarwasserpumpsystem zu lernen gibt. Also während wir arbeiten, haben wir im Dorf selbst mindestens zehn Leute, die wissen, wie man das System bedient, wie man es repariert und die dafür sorgen, dass sie die Menschen weiterhin mit Wasser versorgt sind.“
Die Hilfe erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst bohren die Ingenieure einen Brunnen, der bis zu 250 Meter tief in den Boden reichen kann, um den Grundwasserleiter zu erreichen. Anschließend wird ein bis zu zehn Meter hoher Wasserturm errichtet, auf dem anschließend Sonnenkollektoren errichtet werden, um die Sonnenenergie für den Betrieb einer Pumpe einzufangen. „Wir heben anschließend einen 10.000 Liter fassenden Wassertank auf die Spitze des Turms, um das gepumpte Grundwasser aufzunehmen“, berichtet Sivan Yaari.
Dann werden Gräben in einem Radius von vier Kilometern um das Dorf ausgehoben. „Wir verlegen Rohre, um das Wasser zu den Zapfstellen zu leiten. Die Gemeindemitglieder werden zusammen mit unseren Auftragnehmern an den Bauarbeiten beteiligt.“ Im gesamten Dorf werden 10 bis 15 Wasserstationen errichtet.
Vor der Fertigstellung wird eine hauseigene Fernüberwachungstechnologie installiert. Das ist für die Nachhaltigkeit besonders wichtig. Es ermöglicht der NGO, den Strom- und Wasserverbrauch in Echtzeit zu verfolgen. Bei Störungen gibt es Warnmeldungen. Sollten bei einem Projekt nach ein paar Jahren Probleme auftauchen, weiß das Team von „Innovation: Afrika“ sofort Bescheid.
Am Ende drehen die Gemeindemitglieder die Wasserhähne auf und das Dorf erhält zum ersten Mal sauberes, sicheres Trinkwasser.
Einige Dorfbewohner kannten Israel vorher nur von der Bibel
Die NGO erhält Geld von einer Stiftung, überdies finanzieren Privatpersonen, Familien, Organisationen die einzelnen Projekte mit ihren Spenden. Die größte Schwierigkeit bestehe darin zu entscheiden, welchem Dorf zuerst geholfen werden soll, berichtet Sivan Yaari. Nach wie vor leben hunderte Millionen von menschen ohne Strom und leiden unter einem Mangel an sauberem Wasser. „Wir arbeiten mit den lokalen Regierungen zusammen und gehen in Gebiete, von denen wir wissen, dass die Regierung nicht so schnell dort ankommen wird, damit wir denen helfen können, die dies nicht tun.“
Bewohner in einigen entlegenen Gebieten kennen Israel von der Bibel. „Für sie ist es, als ob Gott gekommen wäre und ihre Gebete erhört hätte. Plötzlich haben sie sauberes Wasser und Licht.“ Bewundern erfährt Israel auch von den dortigen Regierungen. „Für sie ist Israel ein Erfolgsmodell, das sie selbst anstreben.“ In nur 75 Jahren wurde Israel zu einem Land, das mit anderen Ländern „Infrastruktur, Technologie und Wissen teilen möchte.“
Kommentare