"Unternehmerrisiko": Reisebüro muss Miete aus 1. Lockdown nachzahlen
Wie der Oberste Gerichtshof (OGH) nun in letzter Instanz entschied, muss der Betreiber eines Reisebüros in Wien-Favoriten 70 Prozent der Miete für die ersten beiden Corona-Monate nachzahlen. Der Mann hatte auf einen Mieterlass gepocht und auf Umsatzeinbußen seines Reisebüros von über 90 Prozent verwiesen.
Der Betreiber eines Reisebüros in Wien-Favoriten weigerte sich, Miete zu bezahlen. Aufgrund von Corona und dem damit einhergehenden Lockdown habe man zwischen Mitte März und Anfang Mai keinen Kundenkontakt pflegen können und daher über 90 Prozent an Umsatzeinbußen verzeichnet, klagte der Reisebürobetreiber. Der entgangene Mietzins für die Vermieterin betrug 7906,82 Euro. Diese wollte das Ausbleiben der Miete nicht akzeptieren und ging vor Gericht.
Minus 90 Prozent Umsatz in den ersten beiden Corona-Monaten
Das Reisebüro hatte laut Betreiber durch den Lockdown mit erheblichen Verdienstentgängen zu kämpfen – die Umsätze sanken auf unter 10 Prozent gegenüber Vor-Corona-Zeiten. Nun entschied der oberste Gerichtshof: Eine wirtschaftlich schlechte Lage alleine ist kein Grund für einen Mietzinserlass. Corona sei in diesem Fall eher als Vorwand behandelt worden, obwohl es sich beim Verdienstentgang um Selbstverschulden und Unternehmerrisiko handele. Der Anwalt der Vermieterin, DDr. Heinz-Dieter Schimanko , hatte argumentiert, dass die Büroräumlichkeiten nach wie vor zugänglich waren und die Mitarbeiter alle Aufgaben – bis auf den Kundenkontakt – weiter fortführen hätten können. Möglich sei also die Ausführung von 70 Prozent der normalen Geschäftstätigkeit gewesen. Auch, dass der Unternehmer sein Geschäft vorsorglich gleich bis zum Mai 2020 geschlossen ließ und damit verbunden auch weitere Verdiensteinbußen verzeichnete, könne man nicht der Vermieterin anlasten.
"Wirtschaftslage ist Unternehmerrisiko zuzuordnen"
Dr. Schimanko sagte gegenüber dem eXXpress in einer Stellungnahme „Der OGH hat unserem Rechtsstandpunkt entsprechend entschieden, dass eine außerordentliche Mietzinsminderung nicht wegen der bloßen durch Covid-19 bedingten Verschlechterung der Wirtschaftslage und des dadurch eintretenden Ertragsrückgangs eines Geschäftsraummieters erfolgt, sondern nur wegen einer eingeschränkten Nutzbarkeit des Mietobjekts, die unmittelbare Folge der Covid-19-Pandemie oder von Covid-19-Rechtsvorschriften wie dem Verbot des Kundenverkehrs ist. Die Verschlechterung der allgemeinen oder branchenspezifischen Wirtschaftslage ist dem Unternehmerrisiko zuzuordnen, das alleine der Geschäftsraummieter zu tragen hat.“ Der Betreiber des Reisebüros muss die Miete nun nachzahlen, das Urteil ist in letzter Instanz gefällt und in Österreich nicht mehr anfechtbar.
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