Verheerende Umfrage: Hohe Energiepreise zwingen deutsche Industrie zur Abwanderung
Das Vertrauen deutscher Unternehmer in die Energiepolitik befindet sich auf einem Tiefpunkt. Jeder zweite hält die Energiewende für schädlich, bei der energieintensiven Industrie sind es 75 Prozent. Ein Drittel will die Produktion ins Ausland verlagern oder hat schon damit begonnen. Der Grund: horrende Energiepreise.
Schlicht niederschmetternd sind die Ergebnisse der jüngsten Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Bei ihrer Präsentation sparte die DIHK nicht mit Kritik an der Ampelregierung. Zentraler Auslöser für den drohenden Niedergang seien der Verlust russischen Gases und das Krisenmanagement der Ampel-Regierung.
Sorgen um Wettbewerbsfähigkeit so hoch wie noch nie
Harte Worte fand Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer: „Nie waren die Sorgen um die eigene Wettbewerbsfähigkeit größer. Während früher die Unternehmen auch Chancen in der Energiewende gesehen haben, überwiegen nun in der Einschätzung der gesamten Wirtschaft die Risiken. Weite Teile unserer Wirtschaft treiben die treibt die Sorge um eine auch mittel- und langfristig mangelhafte Energieversorgung stark um.“
Das spiegelt sich in den Zahlen wider: Für 52 Prozent der Unternehmen – mehr als die Hälfte – wirkt sich die Energiewende sehr negativ oder negativ auf das eigene Geschäft aus, für nur 13 Prozent sehr positiv oder positiv. Das ist ein massiv schlechteres Ergebnis, als in den vergangenen beiden Jahren.
Noch dramatischer sind die Zahlen in der so zentralen energieintensiven Industrie, also Baustoffe, Chemie, Glas, Nichteisen-Metalle, Papier und Stahl. Hier sehen sich drei Viertel negativ oder sehr negativ betroffen. „Angesichts der hohen Bedeutung der Industrie für den gesamten Wirtschaftsstandort sind diese Werte alarmierend“, warnte Dercks.
Zentraler Auslöser ist der Verlust von russischem Gas
Angela Merkels Energiewende hatte ganz auf russisches Gas gesetzt. Das geht Deutschland nun ab. Es ist der „zentrale Auslöser für die negativen Einschätzungen der Unternehmen“, wie DIHK einräumt. Bloomberg kommentiert: „Während sich die Hersteller früher über relativ günstige Stromkosten freuten, als Deutschland noch Pipelinegas aus Russland erhielt, zwang die Krise des letzten Jahres das Land dazu, seine Pläne für künftige Lieferungen zu überdenken. Die Energiepreise gehören derzeit zu den höchsten in Europa.“
Dercks kritisierte die Ampel-Koalition für ihr Krisenmanagement seit den Russland-Sanktionen. „Unsere Umfrage zeigt: Der Politik ist es bislang leider nicht nachhaltig gelungen, erfolgreich gegenzusteuern. Nach dem Energiepreisschock Ende letzten Jahres und dem relativ glimpflich verlaufenen Winter sind die Unternehmen zutiefst in Sorge, was die weitere Entwicklung angeht.“
Vor allem große Unternehmen verlassen das Land
Zentrale Fragen seien nicht beantwortet – und das hat bereits konkrete Folgen. Vor allem große Unternehmen wollen dem Standort Deutschland den Rücken zu kehren. Fast ein Drittel der Industriebetriebe (32 Prozent) plant oder realisiert die Verlagerung der Kapazitäten ins Ausland bzw. schränkt die Produktion in Deutschland bereits ein. Das ist ein Zuwachs von 16 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr –eine Verdopplung. 5,2 Unternehmen haben diese Schritte bereits realisiert, 10,5 Prozent sind gerade im Begriff, das zu tun. Die Politik müsse „schnellstmöglich gegensteuern“, mahnte Achim Dercks.
Überdies fühlen sich knapp 60 Prozent durch fehlende Planbarkeit und Verlässlichkeit in der Energiepolitik ausgebremst. „Die Unternehmen sehen sich zunehmend mit Vorgaben konfrontiert, die in der Praxis kaum umsetzbar sind“, kritisierte Dercks. „Hinzu kommen Einsparziele aus dem Energieeffizienzgesetz, von denen niemand sagen kann, wie sie ohne ein Herunterfahren der Produktion erreicht werden können.“
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