Wenn der Wolf ins Dorf kommt: Jäger drängen auf rasche Abschussfreigaben
Die jüngste Sichtung eines Wolfs in St. Peter ob Judenburg, dokumentiert durch Foto- und Videoaufnahmen, sorgt in der Steiermark für erhebliche Unruhe. Erstmals wurde ein Wolf so nah an Wohnhäusern und menschlichem Alltag beobachtet – ein Szenario, das selbst erfahrene Jäger und Behörden als neue Eskalationsstufe werten. Die Debatte um strengere Abschussregeln gewinnt wieder an Fahrt.
Die Aufnahmen zeigen das Tier, wie es durch ein bewohntes Gebiet streift. Genau dieser Umstand verändert die Bewertung der Situation grundlegend. Was bislang vor allem als Problem der Alm- und Weidewirtschaft diskutiert wurde, rückt nun unmittelbar an den Lebensraum der Bevölkerung heran. Für viele Anwohner bleibt ein Gefühl der Unsicherheit – insbesondere mit Blick auf Ihre Kinder, Haustiere und landwirtschaftliche Nutztiere.
Aufsichtsjäger Arnold Enko bringt diese Sorgen im Gespräch mit dem ORF offen zum Ausdruck. Sobald Wölfe so weit in menschliche Siedlungsräume vordringen, entstehe zwangsläufig eine Gefahrenlage. Das Problem sei weniger die Einschätzung, sondern die Reaktionszeit. Maßnahmen könnten erst gesetzt werden, wenn entsprechende behördliche Freigaben vorliegen. „Und das dauert halt sehr lange“, erklärt Enko.
„Risikowolf“ – aber mit langen Verfahren
Nach der geltenden Rechtslage gilt ein Wolf, der in bewohntes Gebiet eindringt, als sogenannter Risikowolf. Doch selbst diese Einstufung führt nicht automatisch zu raschem Handeln. Eine Entnahme (Abschuss) darf ausschließlich auf Anordnung eines Amtssachverständigen erfolgen. Für die Jägerschaft bedeutet das: beobachten, melden, warten.
Genau hier setzt die Kritik an. Aus Sicht der Landesjägerschaft ist das bestehende Verfahren zu träge für eine Kulturlandschaft, die dicht besiedelt und intensiv genutzt ist.
Blick in die Schweiz als Vorbild
Als Referenz nennt die steirische Jägerschaft das Schweizer Modell. Dort wird deutlich früher eingegriffen – auch innerhalb bestehender Rudel. Ziel ist es, Konflikte gar nicht erst eskalieren zu lassen und die Tiere auf Distanz zum Menschen zu halten. Ein zentraler Punkt dabei: Scheu sei kein angeborenes Verhalten, sondern ein erlerntes. Bleiben klare Grenzen aus, gewöhnten sich Wölfe an menschliche Nähe.
Auch Kärnten und Tirol handeln zügiger
Während in der Steiermark noch diskutiert wird, sind andere Bundesländer bereits einen Schritt weiter. In Kärnten wurde im Bezirk Hermagor am Wochenende erneut ein Wolf erlegt. Es handelte sich laut Angaben des Landes um einen Risikowolf, der verordnungskonform entnommen wurde. Allein in diesem Monat war es dort bereits der dritte Abschuss.
Auch Tirol verschärft den Kurs deutlich. Die Landesregierung plant weitreichende Änderungen im Jagdrecht, um schneller auf Bedrohungen reagieren zu können. Künftig sollen Jäger per SMS informiert werden, sobald ein Schad- oder Risikowolf behördlich festgestellt ist. Eine individuelle Verordnung wäre dann nicht mehr nötig. Öffentlich bekanntgegeben wird lediglich das Gebiet, in dem der Abschuss erlaubt ist.
Besonders weit geht Tirol bei den Befugnissen für Tierhalter. Als einziges Bundesland erlaubt es ihnen, unter bestimmten Voraussetzungen selbst zum Gewehr zu greifen. Möglich wird dies durch eine Notstandsregelung, die den Abschuss „auf Sicht“ erlaubt.
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