Sechs Jahre Volksschule, eine neue Idee der NEOS. Tatsächlich haben wir ein Problem im Bildungsbereich: Am Beginn ihrer Schulkarriere (1.9. nach dem 6. Geburtstag) sind für manche wegen der fehlenden Schulreife und/oder der fehlenden Deutschkenntnisse die Chancen auf eine erfolgreiche Schulkarriere bereits am Beginn erschwert. Die Zeit vor der derzeitigen Schulpflicht, die frühkindliche Förderung ist besonders wichtig in der Entwicklung eines Kindes. In den letzten Jahren versuchte man zum Beispiel durch ein verpflichtendes Kindergartenjahr gegenzusteuern, jetzt denkt man über ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr nach, da der Erfolg ausbleibt. In Wien können viele Kinder beim Schuleintritt nicht ausreichend deutsch, obwohl sie hier geboren sind. Viele Fähigkeiten und Fertigkeiten, die zu den Schulreifekriterien zählen fehlen. Der Kindergarten ist gemäß Art. 15aB-VG die erste Bildungsinstitution, unterliegt aber nicht dem Bildungsministerium, sondern fällt in die Länderkompetenz. Das bedeutet, dass es zum Beispiel keinen Datenaustausch gibt. Was der Kindergarten über das Kind bereits weiß, muss die Volksschule neu testen. Darunter fallen zum Beispiel Entwicklungsrückstände, Sprachstand, usw.

Die fehlende Förderung im Kindergarten liegt nicht an der schlechten Schulvorbereitung seitens der Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen, sondern an externen Faktoren wie zum Beispiel fehlender Anwesenheitspflicht für die Kinder, und vielem mehr.

Die Bereitschaft frühkindliche Bildung neu zur denken ist enorm wichtig

Mein Gegenvorschlag zur Idee der NEOS, die Volksschulzeit um zwei Jahre zu verlängern, ist ein zusätzliches Schuljahr voranzustellen, nämlich die Elementarklasse: Also zusätzlich zu den bestehenden 4 Klassen Volksschule ein vorangestelltes kindgerechtes Schulvorbereitungsjahr in der Volksschule. Die Schulpflicht würde dann am 1.9. nach dem 5. Geburtstag beginnen, also ein Jahr früher. Somit würde die Volksschule insgesamt 5 Jahre dauern, ohne dass die nachfolgenden Schulformen davon betroffen sind. Dieses zusätzliche Jahr soll in der Schule dazu genutzt werden, alle Kinder in der Schule auf die 1. Klasse vorzubereiten. Der große Vorteil dabei wäre, dass damit auch das „Fittmachen“ für die Schule in die Zuständigkeit des Bildungsbereichs fällt. Das hätte bundesweit einheitliche Lehrinhalte mit approbierten Materialien, aber auch zum Beispiel Schulpflicht zur Folge.

Ein Lösungsansatz zum Personal könnte sein, dass so eine Elementarklasse von einer Volksschullehrperson und einer Elementarpädagogin bzw. einem Elementarpädagogen gemeinsam geführt wird.

Dadurch würde bundesweit das verpflichtende letzte Kindergartenjahr ein Jahr vorgezogen werden, was das Recht auf Betreuung des Kindes ab diesem Alter zur Folge hätte.

Dieser Vorschlag soll eine Anregung sein, wie man die Chancen gerade am Beginn der Bildungskarriere für alle Kinder erhöhen kann. Viele Fragen dazu müssten diskutiert und Lösungen gefunden werden.  Für unsere Kinder und bessere Chancengleichheit auf einen erfolgreichen Bildungsweg ist die Bereitschaft frühkindliche Bildung neu zu denken enorm wichtig!

INFO

Christian Klar ist Schuldirektor in Wien

– Lehrer in verschiedenen Schulen
(Hauptschule, jüdische Privatmittelschule, Polytechnische Schule, Pädagogische Hochschule)

– Seit elf Jahren Schulleiter einer öffentlichen Wiener Mittelschule („Brennpunktschule“)