Wer gedacht hat, es würde bei den vielen Abschiedsreden der ausscheidenden Nationalratsabgeordneten bleiben – die übrigens quer durch alle Parteien plötzlich das Miteinander und den gegenseitigen respektvollen Umgang im Hohen Haus heraufbeschworen haben –, der täuscht sich. Es ist den Grünen wieder einmal gelungen, der ÖVP ein ordentliches Ei ins koalitionäre Nest zu legen. In einem für die breite Öffentlichkeit eher uninteressanten Thema namens „Dienstrechtsnovelle“ wurde der gesetzliche Einstieg zur Abschaffung der zwei biologischen Geschlechter geschafft. Nichts mehr mit männlich oder weiblich. Nun gelten „Geschlechtermerkmale“, „Geschlechtsidentität“ oder „Geschlechtsausdruck“. Beschlossen mit den Stimmen der ÖVP, von der wir alle in Österreich eigentlich wissen, welches Menschenbild sie in ihrem Parteiprogramm stehen hat. Da nützt auch nichts, einen Tag später zerknirscht zuzugeben, dass etwas beschlossen wurde, was man eigentlich ablehnt und dass der Fehler nach der Wahl repariert werde.

Vielmehr ist es ein symptomatisches Bild, das uns Bürgern seit nunmehr schon über vier Jahren von der Bundesregierung vermittelt wird. Hier geben die Grünen den Takt an und sagen, wie es in der Regierung läuft. Hier wedelt ein Schwanz mit seinen (noch) 13 Prozent mit dem Hund, der (noch) 37 Prozent hat. Zum Abschied der Koalition mit dem „Besten aus beiden Welten“ drücken die den Schwarzen noch eines ihrer allerbesten Themen aus ihrer grünen Welt aufs Auge.

Es mag zwar nur ein Lapsus gewesen sein, der der ÖVP im parlamentarischen Procedere unterlaufen ist, aber es sagt dennoch viel über den Zustand dieser Regierung aus. Die ÖVP muss sich auch den Vorwurf gefallen lassen, ob sie überhaupt die Gesetzestexte liest. Bevor ein Gesetzesvorschlag den Plenarsaal des Nationalrats erreicht, geht dieser durch duzende Hände und wird zuerst im Ausschuss beraten. So ein gravierender Fehler muss doch jemanden auffallen!
Derartige Beschlüsse werden aber wohl nicht die letzten gewesen sein, wenn man an die gegenwärtigen Koalitionsspekulationen nach der Wahl glaubt. Dann sitzt nämlich nach der Wahl noch mehr linke Gender-Ideologie am Regierungstisch. Und wie wir sehen, wird die Handschrift der ÖVP in gesellschaftspolitischen Fragen auch immer linker.