Kommentar von Melanie Grün

Der Trend ist auch nach Deutschland geschwappt: Reality-Queen Daniela Katzenberger und Let’s-Dance-Jurorin Motsi Mabuse sind kaum noch wiederzuerkennen. Bei einigen mag wirklich eine Diät dahinterstecken, bei anderen ein Geheimnis, das in eine Kanüle passt.

Die gängige Bullshit-Begründung: Ernährungsumstellung und Training. Plötzlich wollen alle Promis Radfahren und Wassertrinken für sich entdeckt haben. Sänger Ross Anthony sagt zur Bild-Zeitung über das neue, schlanke Leben mit seinem Mann: „Wir essen nur noch zweimal am Tag: morgens und abends. Und Süßigkeiten lasse ich ganz weg.“

Kaum jemand gibt offen zu: JA, es war die Spritze!

Warum eigentlich nicht? Woher kommt die neue Schlank-Scham? Elon Musk und Kim Kardashian werben schließlich auch offen für die Semaglutid-Produkte, die eigentlich für Diabetiker gedacht sind.

Seit Ozempic, Wegovy, Mounjaro & Co. für weniger Hunger und weniger Bauchumfang sorgen, muss man sich nicht mehr im Pilates-Studio abstrampeln – vorausgesetzt man hat Hunderte von Euro für die wiederholten Behandlungen übrig. Ein Pieks, und weg sind die Pfunde? Das klingt einfach zu verführerisch. Und die Promis machen davon offensichtlich fleißig Gebrauch. Dass es die wenigsten zugeben, das stößt den Fans sauer auf.

Heimlich Spritze statt Apfelessig

Warum das Getue? Was ist eigentlich mit Body Positivity? Mit #perfectlyimperfect? Gerade hat man uns noch eingeredet, auch starkes Übergewicht sei okay und Kritik daran sei Bodyshaming. Schon machen viele Promis klammheimlich die Kilo-Kehrtwende, tischen uns aber weiterhin dreiste Lügen von Getreideverzicht, Apfelessig und Bitterstoffen auf.

Das mag alles helfen. Aber so eine radikale Transformation bekommt man nicht mit kleinen Küchenkniffen hin. Die kommt von a) einem Magen-Bypass, b) einer Fettabsaugung oder c) einer Spritze. Aber warum sagt das niemand? Lügen schmecken nicht mal dem treuesten Fan.

Zeit für Kilo-Klartext, liebe Promis!

In Zeiten, in denen offen über mentale Gesundheit und Trauma gesprochen wird, ist es völlig okay, zuzugeben: Ja, ich habe nachgeholfen, weil mich die dauernden Diäten in den Wahnsinn getrieben haben, weil ich ein ungesundes Gewicht hatte und, weil ich mit meinem Aussehen Geld verdiene.

Zwar kommen auch beim angeblichen Zaubermittel die Nebenwirkungen erst nach und nach auf den Tisch. Aber diesen Beigeschmack nehmen die Stars offenbar gern in Kauf. Wichtiger sind gute Schlagzeilen und schöne Fotos. Die neuen Looks werden im Netz gefeiert – und diskutiert: Das Abnehmspritzen-Gesicht mit den charakteristischen Mundfurchen ist mittlerweile ein feststehender Begriff. Im Netz geht außerdem das Meme von der Ozem-BITCH viral: Einer Person, die die Fett-weg-Spritze nutzt, das aber nicht zugibt.

Es ist Zeit für Kilo-Klartext, liebe Promis! Wir müssen schon genug Halbwahrheiten aus der Politik verdauen. Wenigstens die Reichen und (plötzlich) Schlanken könnten uns mal etwas ganz Neues auftischen: Ehrlichkeit.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partner-Portal NiUS erschienen.