„Ich hatte zweimal Todesangst“ – Boris Becker packt im Interview aus
Vom Tennis-Olymp in die Gefängnishölle: Boris Becker spricht über seine dunkelsten Stunden, den täglichen Überlebenskampf in englischen Gefängnissen und wie Schach ihm das Leben rettete.
Im großen Interview mit dem SonntagsBlick schildert Tennis-Legende Boris Becker seine Zeit im Gefängnis, seine Fehler und warum er heute vieles anders machen würde.
Vom Wunderkind zum Gefangenen
Boris Becker kennt den Höhenflug und den Absturz wie kaum ein anderer Sportler. Mit 17 Jahren gewann er als jüngster Spieler das traditionsreiche Wimbledon Turnier und wurde über Nacht zur weltweiten Tennis Ikone. Jahrzehnte später fand er sich im Jahr 2022 in einer Gefängniszelle in England wieder. Der Grund waren Insolvenzdelikte, für die er zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, von denen er sieben Monate absaß.
Im Interview spricht Becker offen über die brutale Realität hinter den Mauern. „Das Gefängnis ist ein extrem gefährlicher Ort. Menschen sterben dort sei es durch Selbstmord oder durch Gewalt. Die ganze Zeit war ein permanenter Überlebenskampf.“ Besonders zwei Situationen hätten ihn an die Grenze gebracht. „Ich hatte zweimal Todesangst. Einmal in Wandsworth, einmal in Huntercombe“, schildert der sechsfache Grand Slam Sieger.
Überleben dank Schach und Unterricht
Wie also übersteht man eine Welt, die von Insassen und nicht von Wärtern kontrolliert wird? Becker fand seine eigene Strategie. Er unterrichtete Mitgefangene in Englisch, Mathematik und Sport und wurde Mitglied im Schachklub. Mit seiner Intelligenz und Ruhe gewann er das Vertrauen der sogenannten starken Jungs. „Ich wurde zum Vermittler, habe für sie Briefe gelesen und beantwortet. So bekam ich eine wichtige Rolle und den nötigen Schutz.“
Bezüglich seiner Verurteilung stellt Becker klar, dass er kein Betrüger sei. „Ich wurde in 29 Punkten angeklagt, in 25 freigesprochen.“ Verurteilt wurde er, weil er Geld aus seiner Firma entnommen hatte, um private Kosten wie Miete und eine Operation zu decken. „Ich habe das nach Rücksprache mit meiner Anwältin und dem zuständigen Beamten getan. Leider wurde ich falsch beraten.“
Familie Federer und die Frau an seiner Seite
Beeindruckend offen spricht Becker auch über die Unterstützung, die er erfuhr. Besonders rührend seien die Gesten der Familie Federer gewesen. „Am Laver Cup haben sich seine Eltern und seine Frau so liebevoll um meine Frau gekümmert. Das vergesse ich ihnen nie.“ Auch seine Frau Lilian de Carvalho Monteiro sei für ihn der wichtigste Halt. „Ohne ihre Kraft, ihre Liebe und ihr Vertrauen hätte ich meine schlimmste Zeit nicht geschafft.“
Heute blickt Becker reflektiert auf sein Schicksal. „Ich gebe niemandem die Schuld. Ich bin für meine Entscheidungen selbst verantwortlich. Wenn man sich als Opfer fühlt, kommt man nie wieder raus.“ Der einstige Tennis Superstar will aus Fehlern lernen und ist vorsichtiger mit der Wahl seines Umfelds geworden. Er zieht sogar Kraft aus seinem Glauben: In Mailand, wo er lebt, geht er regelmäßig zum Gebet in den Dom.
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