Es war ein Ereignis, das Himmel und Erde, Nation und Erinnerung für einen Augenblick in denselben Ton brachte. Ihr Geläut kündigte die Weihe der Nationalkathedrale an, auch „Catedrala Mântuirii Neamului“ genannt – die Kathedrale der Erlösung des rumänischen Volkes. Sie beherbergt den größten Ikonostasen (die Bilderwand, mit Ikonen geschmückt, zwischen dem Altarraum und dem Kirchenschiff in einer orthodoxen Kirche) der Welt, 23,8 Meter lang und 17,1 Meter hoch, wie die Academy of World Records bestätigt.

Die Nationale Kathedrale wurde am 26. Oktober feierlich geweiht, in einer erhabenen Liturgie, zelebriert von Seiner Heiligkeit Bartholomäus I., dem Ökumenischen Patriarchen, und von Seiner Seligkeit Daniel, dem Patriarchen der Rumänisch-Orthodoxen Kirche.

Seit diesem sakralen Augenblick haben mehr als dreihundertfünfzehntausend Gläubige den Heiligen Altar betreten – ein stilles, unaufhörliches Pilgern, das, wie die rumänische Nachrichtenagentur Agerpres berichtet, bis vor wenigen Tagen anhielt.

Größte Mosaikdarstellung der Gottesmutter in Rumänien

Die Mosaike der Kathedrale, geschaffen zwischen 2019 und 2025 aus edelsten Steinen und Gläsern aus Carrara und Venedig, bilden ein monumentales Ensemble von beeindruckender Geschlossenheit. Sie erstrecken sich über fünfundzwanzigtausend Quadratmeter, ein Meer aus Farbe und Licht, das die Strenge und Leuchtkraft der byzantinischen Kunst mit der Seelenwärme der mittelalterlichen rumänischen Tradition verbindet. Im Zentrum dieser Symphonie aus Gold und Glas thront die Ikone der Gottesmutter Platytera in der Altarapsis – sechzehn Meter hoch, ein leuchtendes Antlitz, das über das Heiligtum wacht. Sie gilt als die größte Mosaikdarstellung der Gottesmutter in Rumänien und als eine der erhabensten in der orthodoxen Welt.

Die Kathedrale der Erlösung des rumänischen Volkes erhebt sich wie ein stilles Gebet über Bukarest. Ihr steinerner Leib ist vom Licht durchzogen, als wolle er den Himmel berühren. Mit einer Höhe von einhundertzwanzig Metern, einer Pantokrator-Kuppel von einhundertsechs Metern, einer Fläche von achtunddreißigtausend Quadratmetern und Raum für achttausend Gläubige im Inneren sowie einhunderttausend Menschen auf der Esplanade gehört dieses Bauwerk zu den größten orthodoxen Kirchen der Welt. Wenn ihre Glocke erklingt, antwortet nicht nur der Himmel, sondern auch die gemeinsame Geschichte zweier Länder – nah und fern zugleich.

Die Hauptglocke kommt aus Innsbruck

Die größte Glocke der Nationalkathedrale wird an hohen Feiertagen und besonderen Anlässen bis zu fünfzehn Kilometer weit zu hören sein – ein Klang, der Grenzen übertönt. Gemeinsam mit fünf weiteren Glocken bildet sie ein Ensemble, das drei Oktaven umfasst. Gegossen wurden sie in der traditionsreichen Innsbrucker Glockengießerei Grassmayr, deren Werkstätten seit Jahrhunderten Klangkörper erschaffen, denen man eine Lebensdauer von vierhundert Jahren zuschreibt. Die 425.000 Euro teure Glocke ist mehr als ein technisches Meisterstück, sie ist verdichtete Erinnerung. Ihr Ton trägt die Spuren eines Jahrhunderts voller Wandel, Entbehrung und Stolz: ein Echo nationaler Beständigkeit, das Vergangenheit und Gegenwart für einen Moment in Einklang bringen könnte.

Die Kathedrale erzählt weniger von religiösem Aufbruch als von nationaler Selbstvergewisserung. Sie ist Ausdruck des Wunsches nach Einheit, nach Dauer in einer gefährlichen Zeit. Der Bukarester Historiker Petre Guran sieht in ihr ein Monument der Identität, erinnert jedoch zugleich daran, dass der demografische Wandel die Orthodoxie zwingen wird, sich neu zu verstehen, nicht mehr als Stimme der Mehrheit, sondern als Resonanzraum einer vielfältigen, sich wandelnden Gesellschaft.

Der Staat wollte diese Kathedrale, und ließ sie wachsen

In den vergangenen fünfzehn Jahren verschlangen die Mauern aus Stein und Gold rund 270 Millionen Euro, zu neunzig Prozent aus öffentlichen Mitteln. Der Staat wollte diese Kathedrale, und der Staat ließ sie wachsen, so Guran, der hinzufügt: “Die Nationale Kathedrale wird der Ort sein, an dem sich politische Macht offenbart”. An jenem Ort, an dem einst Ceaușescus Palast – das sogenannte „Haus des Volkes“ – allein den Himmel beherrschte und heute das rumänische Parlament residiert, erhebt sich nun ein anderes Monument: weniger Triumph, mehr Bedeutung. Nicht als Wiederkehr politischer Geste, sondern als staatlicher Versuch, Identität zurückzugewinnen – ein stilles Gegenstück aus Stein, das Macht in Sinn verwandeln will. Die rumänische Filiale des Baukonzerns Strabag errichtete die sichtbare Struktur der Kathedrale: die Mauern, die Gewölbe, die Kuppeln und den Hauptturm.

Ihr Grundriss zitiert den Petersdom, ihre Türme tragen den Widerhall der moldauischen und walachischen Klöster. So schwingt das Bauwerk zwischen Byzanz und Rom, zwischen Vergangenheit und Zukunft. Es ist der rumänische Versuch, mit leiser Hybris, das Sakrale mit dem Nationalen, das Europäische mit dem Eigenen zu versöhnen.

Die Rückkehr der nationalen Idee

Was in Brüssel als rückwärtsgewandt gilt, erscheint in Bukarest als Echo der europäischen Gegenwart als Rückkehr der nationalen Idee. Die Kathedrale verkörpert ein neues Selbstverständnis in einer Gesellschaft, die sich im eigenen Fortschrittsrausch gar kocht: nicht der Abgrenzung, sondern der Zugehörigkeit.