Das verschuldete Rumänien steht im Sommer 2025 unter dem Damoklesschwert von Einsparungen und Kürzungen aller Art, was bei vielen Furcht und Sorge auslöst. Teuerung und Inflation stehen unmittelbar bevor. Das Land schwankt zwischen Hoffnung und Lähmung, zwischen „Verständnis“ für neuerliche, schmerzhafte Reformversprechen und der damit einhergehenden strukturellen Stagnation und damit auch zwischen Passivität und Revolte.

„Wir warten, dass Godot kommt.“

Doch Godot kommt bekanntlich nie. Er bleibt vage genauso wie viele politische Versprechen, die das Land seit Jahren begleiten. Rumänien verharrt im „Wartezimmer der Geschichte“: passiv, tief zerrissen und gelähmt von enttäuschten Erwartungen.

Währenddessen sitzt das Volk sprichwörtlich auf der Holzbank unter dem kaputten Straßenlaternenbaum und wartet: auf ein leistbares Leben, auf sozialen Ausgleich, auf politischen Dialog, auf Gerechtigkeit für Kinder, Arme und Alte. Das Warten und – damit verbunden – ein stilles Einverständnis mit der eigenen Unzufriedenheit sind für viele zur Lebensform geworden.

Der rumänische Präsident Nicușor Dan – 55 Jahre alt – reist auf Einladung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach Salzburg. Gespräche mit Van der Bellen und Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), eine gemeinsame Pressekonferenz und ein Wirtschaftsforum, stehen im Programm. Der hohe Gast nimt bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele in der Felsenreitschule teil. Ein Jahrzehnt davor war sein Vorgänger Klaus Werner Johannes Staatsgast bei den Festspielen.

Dort wird heuer die Eröffnungsrede von der polnisch-amerikanischen Historikerin Anne Applebaum gehalten. Rumäniens Staatsoberhaupt wird von ihr lernen können. Denn dieser Besuch folgt auf eine herbe innenpolitische Niederlage.

Das rumänische Verfassungsgericht hat erst vor wenigen Tagen Nicușor Dans Einwände gegen eine Gesetzesverschärfung zur Bestrafung faschistischer Straftaten zurückgewiesen. Der Präsident hatte das von Silviu Vexler, dem Vertreter der jüdischen Minderheit im Bukarester Parlament, initiierte Gesetz als verfassungswidrig abgelehnt – wegen angeblich unklarer Formulierungen. Das Gericht entschied anders: Die Norm entspreche europäischem Recht und sei notwendig, um antisemitische Hetze und Holocaustleugnung zu bestrafen.

Rumänien steht am Scheideweg, Österreich am Prüfstand. Der Bukarester Ökonom Andrei Caramitru bringt es im Interview mit dem exxpress auf den Punkt: „Rumänien braucht einen Neustart. Der ist im Gange. Kann Österreich unter diesen neuen Vorzeichen ein ehrlicher Partner werden?“

Und dennoch klingt Becketts berühmter Satz in den Ohren vieler weiter nach: „Nichts ist zu machen.“

Oder steht Nicușor Dan doch für einen echten Neuanfang? Noch ist vielen in der Bevölkerung unklar, ob er das Land aus der selbstverschuldeten Lethargie führen kann – hin zu Vertrauen, Rechtsstaatlichkeit und einer echten sowie raschen wirtschaftlichen Transformation. Denn die Rumänen warten weiterhin auf ihren „Godot“ – verstanden als Symbol für emphatische Anerkennung, ein würdevolles Miteinander und das wirkliche Ernstgenommenwerden.

Und so wird „Warten auf Godot“ 2025 nur auf den Festspielbühnen Salzburgs nicht gespielt. Im EU-Land an der Donaumündung hingegen wird vieles oft ambitioniert begonnen, doch nur Weniges konsequent zu Ende geführt. Gerade deshalb trifft Becketts Parabel dort ins Herz.