Jedenfalls hat man unlängst von einem seit Jahrzehnten als treuer Diener des roten Wiener Rathauses berüchtigten Zeitungsmenschen zu lesen bekommen: „Es ist eine Unlust, als Medienmacher in diesem Land leben zu müssen.“ Er muss offenbar, der Arme. Noch deprimierender ist dann gleich der nächste Satz über „dieses“ offensichtlich so verachtenswerte Österreich: „Seinen Bürgern ist es wurscht; sie wissen es nicht besser. Dafür sorgen ,ihre‘ Medien.“ Was für Volltrotteln diese Österreicher doch sind: Sie leben in einem Kerker und merken es nicht einmal.

Denn sie lesen ja ganz offenbar jenes Blättchen nicht, das sie über die wahren Verhältnisse aufklären würde. Freilich sind schon früher Marxisten daran gescheitert, wenn sie die Verhältnisse auf den Kopf stellen wollten.

Widersprüchlich

Ziemlich widersprüchlich ist freilich, wenn das gelegentlich erscheinende Blatt nicht nur sich selber, sondern auch den neuerdings von wirklich allen Österreichern zwangsweise finanzierten ORF zum hehren Träger des Lichts der Aufklärung erhebt. Die Österreicher müssen also massiv für den ORF zahlen, könnten ihn daher auch theoretisch täglich schauen oder hören – und trotzdem wissen sie „es nicht besser“.

Irgendwem beim „Falter“ ist da offensichtlich der letzte Rest an Logik wie ein Schmetterling davon geflattert. Sofern es diese bei dem Papier-Falter jemals gegeben haben sollte.

Besonders köstlich: Der „Falter“ fordert allen Ernstes, den ORF noch mehr zu fördern! Dabei ist dieser das weitaus meist geförderte Medium der Republik, in das die Österreicher zwangsweise mehr Geld zahlen müssen, als alle anderen Medien zusammen (Print plus Radio plus TV plus Online) an gesetzlicher Presseförderung plus Inseraten aus Steuergeldern bekommen (so diskussionswürdig diese Inserate auch sind).

Der Dank des ORF wird dem „Falter“ gewiss sein: Es wird künftig wohl überhaupt keine Diskussionssendung im Gebührenfunk mehr geben, in welcher der „Falter“ trotz seiner Miniauflage nicht eingeladen wäre, um dort an Stelle anderer Genossen die Rote Fahne flattern zu lassen.

Wirklich hellauf lachen muss man dann freilich, wenn das Blatt als einzige Begründung für seine Forderung nach einer noch weitergehenden Stärkung des ORF davon schwurbelt, dies wäre „die einzige Chance, die globale antidemokratische Attacke zu kontern“. Da weiß man dann wirklich nicht mehr, welcher dieser Ausdrücke grotesker ist.

-„Attacke“: Ist das Geschwätz im DDR-Slang von einer „Attacke“ auf die Demokratie durch Medien, die anderer Meinung sind als der Falter“, noch eine bloße Verschwörungstheorie oder ist es schon schwer krankhafte Paranoia?
-„Global“: In den wirren Vorstellungen der „Falter“-Menschen müssen also künftig gleich global die Herren Xi, Putin und Trump zittern, wenn ihnen der ORF nach einer Stärkung ordentlich kontern wird.
-„Antidemokratisch“: Demokratisch ist also für den „Falter“ nicht etwa eine Vielfalt der Medien und Meinungen, nicht die Entscheidung der Bürger, der Wähler, der Leser und Seher, sondern einzig ein „Konter“ der Regierung auf diese Vielfalt, in der einzig der „Falter“ und ORF legitim bleiben (Nicht einmal der arme „Standard“ darf sich als Träger der falterschen Aufklärung eingeordnet lesen – offenbar kommen dort auch noch bisweilen falsche Meinungen zu Wort …). Aber das haben wir ja schon einmal erlebt, dass Begriffe dialektisch in ihr Gegenteil verkehrt werden. Selbst wenn man sie verdoppelt. So waren eindeutig „Volks-Demokratien“ das Undemokratischste, was wir in den letzten 80 Jahren in Europa erlebt haben, wo das Volk am allerwenigsten zu reden hatte, auch wenn diese Bezeichnung gleich doppelt – deutsch und griechisch – eine Herrschaft des Volkes behauptet hatte.

Aber offenbar soll uns die schwer linkslastige „Berichterstattung“ des ORF, in der die einzige Pluralität die zwischen Grün, Rot und Dunkelrot ist, als erleuchtet, als demokratisch angedreht werden.

Noch absurder wird der „Falter“-Rülpser über die Medienförderung durch Inserate, wenn man sich überwindet und ein paar Nummern des Blattes durchblättert. Denn dort gibt es unter allen anderen Printmedien den allergeringsten Anteil normaler Inserate, wo also irgendjemand dafür zahlen würde, dass seine Produkte bekannt gemacht werden. Dort dominieren in einer schamfreien Dichte Inserate und Inseratenähnliches aus dem Dunstkreis des Wiener Rathauses.

Kein Wunder

Kein Wunder, dass Wien nachweislich österreichweit weit führend ist beim Ausgeben von Steuergeldern für Inserate: In den meisten Jahren gibt da das Wiener Rathausimperium dafür mehr aus als die acht anderen Bundesländer zusammen.

Kein Wunder, dass ich noch nie im „Falter“ kritische Worte über den Wiener SPÖ-Bürgermeister gefunden habe. Aber die habe ich alle sicher überlesen.
Wir lernen: Weil die Österreicher zu dumm sind und nicht den „Falter“ lesen und immer weniger ORF schauen oder hören, folgen sie jetzt mit dem „Exxpress“ einer neuen „Variante der Gegenaufklärung“, beklagt der „Falter“. Und noch schlimmer: Dieser stamme aus dem „Dunstkreis des Trumpismus“. Was auch immer das ist. Es gehe jedenfalls um „die Machtergreifung der hiesigen trumpistischen Fraktion rund um Sebastian Kurz“.

Na bumm. Schon flattern in den Köpfen der Zeitungsfalter überall die Transparente „Make Austria Great Again“ (nicht einmal Buchstaben braucht man da ja zu vertauschen). Schon wird der Sturm aufs Parlament geübt. Schon planen dunkle Verschwörerzirkel die Einführung von 100-Prozent-Zöllen nach trumpscher Art, um irgendwelche Konkurrenten zur österreichischen Mozartkugel-Industrie abzuhalten (oder ist die nicht schon verkauft?).

Nur einer wird sich ärgern: Herbert Kickl. Gegen die schlimmen Phantasien der Falter-Genossen nehmen sich seine Verschwörungstheorien zu den Corona-Impfungen und Pferdeentwurmungsmitteln ja wirklich wie harmlose Kindermärchen aus.

Kleiner persönlicher Schluss: Als ich einst ein Jahrzehnt Chefredakteur der „Presse“ war – das war jene Funktion, von der Bruno Kreisky einmal gesagt hatte, die hätte er noch lieber ausgeübt denn seinen Job als Bundeskanzler –, bin ich oft vom „Falter“ als „Dolm“ bezeichnet worden (halt ein Ausdruck auf dem Niveau jenes Blattes). Wenn mich jemand über eine solche „Ehrung“ informiert hat, hat mich das immer mehr gefreut als jedes echte oder schleimige Lob. Ich wusste dann, dass ich richtig unterwegs bin, um eine große bürgerlich-liberale Qualitätszeitung zu machen. Darin habe mich im Übrigen auch die Zahlen der Media-Analyse bestätigt, die der „Presse“ damals den weitaus höchsten Marktanteil ihrer Geschichte (davor und danach) bestätigt hatten, sowie die Tatsache, dass wir damals – erstmals seit 1918! – ohne externe Unterstützung, ohne Korruptionsinserate und trotz der Kosten eines ständigen redaktionellen Ausbaus schwarze Zahlen geschrieben hatten.