Bernhard Heinzlmaier: Green Culture - die politisch verordnete Kulturtransformation
In einem seiner Bücher stellt der slowenische Philosoph Slavoj Žižek den autoritären, ödipalen Vater dem „toleranten“, woken Vater gegenüber. Der autoritäre Vater gibt seinem Kind quasi den Befehl, die Großmutter zu besuchen. Er sagt: „Mir ist es egal, wie dir zumute ist, du musst deine Großmutter besuchen. Du musst gehen, du wirst gehen. Und benimm dich anständig.“
Im Gegensatz dazu der tolerante, woke Vater, der eine Mischung aus Hippie und Yuppie ist, also ein geschäftstüchtiger Karrierist, der im sündhaft teuren Knitterlook mit dem Lastenfahrrad durch die Gegend fährt und gleichzeitig das lockere, antiautoritäre Blumenkind heraushängen lässt. Er begegnet seinem Kind achtsam und verständnisvoll. Und so sagt er: „Du weißt ja, wie deine Großmutter dich liebt, aber natürlich solltest du sie nur dann besuchen, wenn du es wirklich willst.“
Im ersten Fall gibt ein strenger Vater einen klaren Befehl, der zu befolgen ist. Im zweiten Fall glauben wir, bei oberflächlicher Betrachtung, dass der Vater dem Kind die freie Entscheidung des Großmutterbesuchs überlässt. Aber das ist falsch. Denn untergründig gibt er einen noch strengeren und härteren Befehl. Tatsächlich sagt er: „Du sollst deine Großmutter nicht nur besuchen, du musst es auch gerne tun.“ Nach Žižeks Auffassung zeigt sich hier, dass eine scheinbar tolerante und achtsame Rhetorik einen noch stärkeren und vor allem noch repressiveren Befehl beinhalten kann. Denn im zweiten Fall wird sogar abverlangt, die auferlegte Pflicht mit einer positiven inneren Einstellung zu erfüllen. Die Autorität eines bürgerlichen Familienvaters kann also, entgegen ihrem Anschein, weniger repressiv und damit leichter erträglich sein als die der toleranten linksgrünen Bobo-Eltern.
Auch im Job genügt es nicht mehr, dass die Arbeit als Nachschlichter im Supermarkt oder als Busfahrer mürrisch, aber verlässlich erledigt wird, sondern das Tagwerk muss bejahend, freudestrahlend und vergnügt getan werden. Die grüne Wokeness und ihre Vertreter verlangen von uns nun auch noch, dass wir unsere inneren Werte und Stimmungen positivieren und dadurch unsere Produktivität steigern. Auch der Frohsinn darf nicht mehr länger Selbstzweck sein. Ab sofort hat auch er einem höheren Zweck zu dienen.
Wird die Rolle des positiv denkenden und vor guter Stimmung nur so sprühenden Mitarbeiters nicht glaubwürdig genug gespielt, dann droht ein Besuch beim Betriebspsychologen. Und dort wird einem dann therapeutisch Licht ans Fahrrad gemacht. Nach ein paar Umerziehungseinheiten ist man ein ebensolches Grinse-Monster, wie es uns im amerikanischen Mode-Einzelhandel in der Regel beängstigend entgegenkommt. Aber auch in unserer Rolle als Staatsbürger müssen wir uns fröhlich und euphorisch zustimmend verhalten. Missmutige Unterwerfung ist zu wenig. Die links-woken Meinungsdiktatoren wollen ein fröhliches Volk, das Befehle, die sie ihm auferlegen, auch gerne befolgt.
„Ich sterbe nicht an Corona, sondern wegen der Maßnahmen gegen Corona.“
Folgendes begab sich vor ein paar Wochen. Ich war zu einem Vortrag vor Ärzten geladen. Dort habe ich, unvorsichtig wie ich bin, die Bemerkung gemacht, dass ich mir die drei Corona-Impfungen nur deshalb verabreichen habe lassen, damit ich meinen Beruf ausüben konnte, und weil ich mein Leben nicht durch den Lockdown für Ungeimpfte einschränken lassen wollte. Eine weitere Corona-Impfung käme für mich nicht in Frage und im Übrigen würde ich die Impfkommunikation von Politik und Medien für eine Zumutung halten. Das Volk werde behandelt wie Kindergartenkinder. Na, mehr habe ich nicht gebraucht. Schnell war ein aggressives Gebrüll im Gang. Und noch schneller sah ich mich in die Ecke des Altenmörders, des Wissenschaftsfeindes, des rechten Schwurblers und des Zerstörers des Gesundheitssystems abgeschoben. Darüber hinaus wurde mir vorgeworfen, dass ich mitverantwortlich dafür sei, dass viele Menschen gestorben sind, die nicht auf die Intensivstationen verlegt werden konnten, da diese von „Impfverweigerern verstopft“ waren. Dass während der Corona-Zeit ein Freund von mir verreckt ist, weil in der behandelnden Klinik von Seuchenhysterikern die Strahlenstation einfach geschlossen wurde und er nicht einmal in einem vierhundert Kilometer weit entfernten Krankenhaus angenommen wurde, habe ich gar nicht mehr erwähnt. Mir ist nur sein verzweifeltes Bonmot in Erinnerung geblieben: „Ich sterbe nicht an Corona, sondern wegen der Maßnahmen gegen Corona.“ Jedoch über solche Opfer spricht man nicht, weil sie nicht ins Narrativ der WHO, der Pharmaverbände und der Politik passen.
Aber das ist gar nicht der entscheidende Punkt, um den es mir geht. Vielmehr geht es mir darum, zu zeigen, dass es den Weißkitteleliten nicht einmal mehr genügt, wenn man sich ihrem Impfregime unterwirft, nein, das ist zu wenig, man muss es mit freudiger Zustimmung, gerne und unter dem Herunterbeten von Glaubensbekenntnissen zur Wissenschaft tun. Die Wissenschaft ist ja heute eine Art neue Kirche, in der nicht mehr der kritische Diskurs, sondern das Glaubensdogma regiert. Und wenn ein Immunologe oder sonst ein Gott in Weiß spricht, dann spricht er ex cathedra, und wer ihm widerspricht, der kann, wenn er rechtzeitig abschwört, gerade noch, wenn auch degradiert und abgewertet, ein geduldetes Gesellschaftsmitglied bleiben, tut er es nicht, wird er am Scheiterhaufen der öffentlichen Meinung zumindest angeröstet und im sozialen Abseits endgelagert.
Um es den Leuten der WHO, der Ärztekammer, die sich übrigens gerade öffentlich als Verein der nerdigen Karrieristen und infantilen Ehrgeizlinge lächerlich macht, den Pharmamultis und der österreichischen Gesundheitspolitik ganz langsam zum Mitschreiben noch einmal zu sagen: Ich habe kein Vertrauen zu euch, ich glaube euch kein Wort und wenn ich euren irrwitzigen Anordnungen folge, dann nur aus dem Grund, weil meine Familie und ich Ruhe vor euch haben wollen. Wir sehen keinen Grund mehr dafür, gegen eure Macht zu kämpfen. Vielmehr haben wir uns schon längst in die Beobachterposition begeben und schauen euch bei Popcorn, Chips und Bier dabei zu, wie ihr euch selbst demontiert.
Das Ziel des postmodernen links-grünen Gesinnungsstaates? Die Umerziehung der Staatsbürger!
Man kann zusammenfassen: Alle politischen Maßnahmen der grün-woken Mächtigen dürfen wir in Zeiten der sogenannten toleranten, postmodernen, politischen Herrschaft des freundlichen Gesichts nicht mehr bloß passiv hinnehmen, sondern müssen sie freudig begrüßen und gerne aktiv mittragen. So dürfen wir zum Beispiel nicht mehr länger, wenn uns heute in Wien an jeder Ecke eine Kopftuchfrau entgegenkommt, deren Anblick stillschweigend akzeptieren, wir müssen diese stetig zunehmende Manifestation einer aggressiv missionierenden Religiosität euphorisch begrüßen und dem Herrn Bundespräsidenten dafür dankbar sein, dass er zusammen mit der Grünen Partei dafür sorgt, dass es immer mehr werden.
In der toleranten Postmoderne genügt es auch nicht mehr, wenn wir das Umerziehungsprogramm des Zwangsgebührensenders ORF still über uns ergehen lassen, nein, wir müssen es gegen den gefährlichen rechten Mob, der es in Frage stellt, mutig verteidigen und es täglich mehrere Stunden mit Freude verfolgen. Ebenso müssen wir die linke Sekte, die seit Monaten unseren Verkehr blockiert, Kulturdenkmäler anschmiert und seit neuestem auch Skiveranstaltungen stört, wie der vorbildliche ORF, proaktiv unterstützen. Und auch den aufgeblasenen Lackaffen Böhmermann müssen wir gegen „Angriffe von rechts“ verteidigen, wenn er Musk enteignen, Instagram regulieren, YouTube vergesellschaften und TikTok verbieten will.
Dem bürgerlichen Staat hat es, wie dem ödipalen Vater, genügt, dass die Bürger sich an die Gesetze halten. Was sie dabei dachten und empfanden, war ihm egal, sie sollten es einfach tun. Der postmoderne links-grüne Gesinnungsstaat will mehr. Er will sich auch das Innenleben der Menschen, sein Denken und sein moralisches Empfinden, verfügbar machen. Sein Ziel ist die Umerziehung der Staatsbürger. Mithilfe finanziell abhängiger Medien soll das biologische Geschlecht einem Wunschgeschlecht weichen, die Klimapolitik zur Klimareligion werden, durch Forcierung der Zuwanderung ein kulturell indifferenter Globalismus das nationale kulturelle Erbe ersetzen und die freie öffentliche Rede auf den Austausch von korrekten, von der Staatsmacht approbierten Floskeln und Formulierungen zusammengeschnitten werden. Lust ist verdächtig geworden, Askese, Scham und Selbstunterdrückung sollen an ihre Stelle treten. Und bald werden die Bürger gerne dabei mitmachen, weil sie ein grausames Über-Ich beherrschen wird, das von der woken kulturindustriellen Medienmaschine gerade in ihnen geformt wird. Dann wird kein grüner Gesinnungsterror mehr notwendig sein, um die Menschen unter Kontrolle zu halten. Sie werden das selber tun.
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