Bernhard Heinzlmaier: Die Kunst der Anbräunung und der Menschenhatz
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich Europa auf dem Weg in eine Wahnkultur befindet, in der nach einer manichäischen Doktrin die gesamte Bevölkerung aufgrund der absoluten Kategorien „Gut“ und „Böse“ eingruppiert werden soll. Wie einst in den grausamen Fantasien der monotheistischen christlichen Apokalyptiker, sehen offensichtlich die herrschenden Geisteseliten die Welt auf dem Weg in einen Endkampf, bei dem sich ein für alle Mal entscheiden wird, ob die Heerscharen des Himmels oder der Teufel und sein dämonischer Anhang fortan die Geschichte bestimmen werden. Nachdem wir schon lange Gott unwiderruflich getötet haben, so meinte jedenfalls Friedrich Nietzsche, entscheidet heute nicht mehr das überlieferte Wort einer transzendenten Instanz darüber, wer dem Reich des Guten und dem des Bösen zugezählt werden muss, sondern Mächtige des Diesseits. Wer sind diese Mächtigen nun genau? Wirtschaftsbosse, Banker, Politiker, Medienleute und Religionsführer. Selbst letztere sind weitgehend ohne Gottesglauben. Längst wurden auch im Christentum Gott und seine Engel und Heiligen unter dem Wahlspruch „Gott ist queer“ aus dem jenseitigen Paradies vertrieben. Mutmaßlich werden nun dort keine Harfen mehr gespielt. Dröhnende elektronische Wummer-Musik, von der auf Erden der jährliche CSD begleitet wird, beschallt nun auch das christliche Himmelreich und längst tanzen auch dort die halbnackten Derwische. Im Vergleich dazu werden viele das Leben in der Hölle als angenehmer empfinden, wo dem Vernehmen nach guter Black- und Death-Metal von Behemoth und Mayhem gespielt wird.
Das absolut Böse, mit dem die von höchster Moral Erleuchteten auf der gottverlassenen Erde ringen, sind Menschen, die mit der AfD oder der FPÖ sympathisieren oder sogar aktiv für diese Parteien engagiert sind. Selbst die säkularisierten westlichen Religionsgemeinschaften unserer Zeit, in denen sich nun gefallsüchtige Esoteriker sammeln, für die religiöse Praxis die egozentrische meditative Versenkung im eigenen Selbst mit dem Ziel der Selbstoptimierung ist, gehen nun mit Verve gegen Häretiker und Ungläubige vor. Noch ist es nicht so schlimm, wie in muslimischen Ländern – in Ägypten werden Atheisten ins Gefängnis geworfen. Wie im Westen so üblich, geht man nicht mit manifester Gewalt gegen Nonkonformisten vor, sondern mit Mitteln der strukturellen Gewalt, das heißt, man vernichtet sublimer durch Rufschädigung.
Vorreiter der modernen verfeinerten Menschenhatz sind links-liberale Politiker und christliche Ausspeisungsorganisationen wie die Diakonie. Beide haben ein Ziel, den Abweichlern soll die Existenzgrundlage entzogen werden. So droht die liberale deutsche Kriegsliebhaberin Strack-Zimmermann Kritikern ihrer Kriegspolitik mit der Vernaderung beim Arbeitgeber. Die deutsche Diakonie lässt eine zeitgemäße Form der mittelalterlichen Inquisition wieder aufleben, indem sie unter ihren 600.000 Mitarbeitern eine Rasterfahndung nach AfD-Wählern und -Mitgliedern veranstaltet. Stellt man sie, dann gibt man ihnen, wie einst im Mittelalter, die Möglichkeit öffentlich abzuschwören, tun sie es nicht, werden sie entlassen. Man muss sich das bildlich vorstellen, eine Organisation, die jeden illegalen Flüchtling mit Rechtshilfe und großzügigen Unterstützungsleistungen überhäuft, wirft alleinerziehende Mütter, Familienväter, pflegende Angehörige, psychisch und physisch Kranke und andere aus einer sicheren Anstellung, nur weil sie nicht so denken, wie es den Kirchenführern passt. Die mittelalterliche Gesinnung ist gleich geblieben, nur die Mittel sind etwas zivilisierter. Man will es sich gar nicht vorstellen, wenn diese Kirchenfürsten im Iran zu Werke gehen dürften. Jedenfalls ist daraus ein klarer Schluss zu ziehen. Jeder institutionalisierte Glaube ist unerbittlich, rechthaberisch und grausam. Wenn sich die Zeiten zivilisieren, dann zivilisieren sich lediglich die Mittel der Durchsetzung, nicht aber die Gesinnung. Die ideologische Doktrin bleibt weiterhin rücksichtslos und intolerant. Während bei uns die Menschen bloß ausgegrenzt und materiell ruiniert werden, die nicht so springen, wie das die Machthaber verlangen, werden sie im saudischen Kulturkreis noch gerne erschlagen, zerstückelt, ihre Überreste in Säure zersetzt und dann im Ausguss hinuntergespült. Da geht es den Kritikern bei uns schon besser. Sie dürfen weiterleben, wenn auch arm und einflusslos.
Die sogenannte Kunst der Anbräunung
Um die Unerwünschten auszusondern und ins Abseits schieben zu können, muss man sie zuerst abwerten, also ihnen einen existentiellen Wertverlust beibringen. Das geschieht heute mit der sogenannten Kunst der Anbräunung. Wie das geht, hat uns zum Beispiel der CSU-Europapolitiker Weber vor einigen Tagen gezeigt. Er hat die AfD als Neonazipartei bezeichnet, die verrottet und korrupt ist und im Kern aus Vaterlandsverrätern besteht. Dass die FPÖ aus gefährlichen Spionen besteht, erklärt auch der SPÖ-Funktionär Andreas Schieder. Er nennt sie etwas subtiler „Feinde ihrer Heimat“, meint aber dasselbe wie der CSU-Mann Weber. Faszinierend an der Argumentation der beiden Abwertungsspezialisten ist die Argumentation mit den Begriffen Heimat und Vaterland. Nimmt dieselben Worte ein FPÖ- oder AfD-Politiker in den Mund, ist er natürlich ein Nazi. Man sieht, wenn die Guten ein böses Wort in den Mund nehmen, dann ist es gereinigt und geheiligt, tun es die Bösen, dann bleibt es Teufelszeug.
Anbräunung wohin das Auge reicht. So sind nicht nur Landwirte braun, die gegen den Subventionskahlschlag der Rot-Grünen-Abrissbirnen-Koalition in Deutschland protestiert haben, sondern auch solche, die ihre Nutztiere vor Wolfsrissen schützen wollen. Das Reichweitenschrumpfblatt Profil jedenfalls informiert sogar auf der Titelseite darüber, dass die Wolfsfeindschaft das Werk von Rechtspopulisten ist. Merke also, die Rechtspopulisten, diese Höllenhunde, sind für jedes noch so profane Übel auf dieser Welt verantwortlich. Auch die radikalen Muslime, die die Linken massenweise ins Land holen, sind ab dem Zeitpunkt Rechtsradikale, ab dem es den Progressiven in den Kram passt. Die ARD bezeichnet dementsprechend die Kalifat-Demo, die kürzlich in Hamburg stattgefunden hat und auf der die Einführung der Scharia gefordert wurde, als rechtsradikale Zusammenrottung. Damit ist auch dieser Aufmarsch der kulturfremden Islamisten in das Umfeld der AfD eingemeindet. Blödsinniger geht es gar nicht mehr.
Großes Anbräunungsepos um Herbert Kickl
Nicht vergessen sollte man aber auch auf das große Anbräunungsepos, das gerade von Profiljournalisten auf den Weg gebracht wurde. Es beschäftigt sich mit dem Leben von Herbert Kickl. Warum ist er unter anderem verdächtig? Weil er von seinem Privatleben nichts bekannt gemacht hat. Da er dadurch eine Blackbox ist, macht er sich verdächtig. Offenbar ist es heute Pflicht, seine ganze Familie in die dreckige Politik mit hineinzuziehen, wie es Nehammer und Co. machen. Wer es nicht tut, ist natürlich rechts, radikal und hat einen schlechten Charakter, so im Buch.
Zum Abschluss soll Johnny Rotten zu Wort kommen, der geniale Sänger der Sex Pistols. Die Sex Pistols wurden übrigens seinerzeit von der konformistischen Achtsamkeits-Band „Die Toten Hosen“ auf peinlichste Art plagiiert. Während die Pistols auf ihrer Platte „Never mind the bollocks“ mit beißenden Texten die britische Regenbogenpresse-Monarchie verarschten, brachten die Toten Hosen Coverversionen von lächerlichen Liebesliedern, hysterisch gekreischt von Frontmann Campino, auf den Markt. Das Cover nahezu identisch. Während Campino heute bei den verlogenen Anti-Rechts-Demos mitlatscht, gab Johnny Rotten einen perfekten Kommentar zu den gegenwärtigen woken Verhältnissen ab. „Ich hätte nie gedacht, dass ich den Tag erleben werde, an dem die Rechten die coolen sind, die dem Establishment den Mittelfinger zeigen, und die Linken die wehleidigen, selbstgerechten Trotteln, die alle beschimpfen.“ So kurz kann eine treffende Analyse sein und eine gute Begründung dafür liefern, dass in Österreich und Deutschland ein große Gruppe der Jugendlichen AfD oder FPÖ wählt. Vor allem die Anbräuner unter den Künstlern sind geniale Aufklärer wider ihre Interessen. Sie treiben die Jungwähler in Richtung AfD, weil sie ihnen das Wert-Vakuum des linken Gesellschaftsentwurfes vor Augen führen. Schon Hermann Broch hat festgestellt, dass der Mensch zwar in einem kulturellen Vakuum leben kann, seinen Anblick jedoch kann er nicht ertragen. Sieht er das Elend, steigt er auf die Barrikaden und wählt AfD oder FPÖ, die einzigen Parteien, die noch mit Kritik und Revolte assoziiert werden.
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