Bernhard Heinzlmaier: Fiat iustitia, et pereat mundus
Gerechtigkeit muss herrschen, auch wenn daran die Welt zugrunde geht, das ist das Prinzip, nach dem heute die europäischen Grünparteien, das Zentrum der Kriegshetze, mit dem Ukraine-Konflikt verfahren. Bevor der Russe nicht vernichtet ist, dürfen die Waffen nicht ruhen, oder mit Annalena Baerbocks Worten, Russland muss „ruiniert“ werden, einem „Diktatfrieden“ werde man sich niemals beugen.
Das Wort Diktatfrieden darf von einer Grünen natürlich verwendet werden, obwohl es der Nazi-Begriff für den Versailler Vertrag ist. Hätte das Wort ein „Rechter“ gesagt, wäre er dafür öffentlich gesteinigt worden. Man scheut auch nicht vor dem Begriff Siegfrieden zurück, mit dem die deutsche Generalität des Ersten Weltkriegs ihren kompromisslosen Durchhaltewillen zum Ausdruck gebracht hat. Später sollte Hitler das Signifikat des Wortes mit dem Signifikanten „Endsieg“ ummanteln. Und genau dort sind wir heute angelangt, beim absoluten Willen zum Endsieg, auch wenn davon die Welt untergehen sollte, in einem Atomkrieg zwischen Russland und dem sogenannten „Westen“, ein irreführender Begriff, denn es agiert nicht der Westen, sondern eine politische Nomenklatura, angeleitet von den Eliten der USA, die normalen Menschen denken häufig anders. So finden sich immer wieder Studienergebnisse, die zeigen, dass die Hälfte der Bevölkerung für Friedensverhandlungen eintritt. In den Medien werden solche Daten natürlich entweder totgeschwiegen, oder erhalten in einer Randglosse eine Bestattung erster Klasse.
Befürworter der NATO-Nachrüstung waren sachlicher als die Friedensbewegung
Wenn es um den „Siegfrieden“ geht, oder wie man das Endergebnis des Massenmordens in der Ukraine dann immer nennen wird, entgleist die Diktion vor allem derer, die sich seit Jahren als Sprach- und Moralpolizei aufspielen. Es sind das die Grünen, noch in den 1980er Jahren neben den Kommunisten die politische Trägersubstanz der Friedensbewegung, die die Nato-Nachrüstung verhindern wollte, um West-Europa schutzlos dem kommunistischen Expansionismus auszuliefern. Wie wir heute wissen, war die Friedensbewegung von Ost-Geheimdiensten unterwandert, vor allem die Botschaft der DDR in Wien war eine wichtige Drehscheibe. Auch linke Sozialisten, heute glühend kriegsbegeistert, hatten zu dieser Zeit deutlich weniger Berührungsängste mit den „Russen“ als jetzt. Die diplomatischen Empfänge der sowjetischen Botschaft wurden damals förmlich gestürmt und man war sich selbst dazu nicht zu blöd, einen Arbeitskreis zum Thema „Chuch´e“, der totalitären Ideologie des Diktators Kim-Il-Sung, in der Botschaft Nordkoreas zu besuchen. Ich weiß das genau, weil einer der Idioten, der dabei war, ich selbst gewesen bin.
Die Befürworter der Nato-Nachrüstung waren weitaus sachlicher als die Friedensbewegung, die ja eigentlich eine geifernde Supportbewegung für den Warschauer Pakt gewesen ist. Fanatisch, suggestiv und verhetzend wurde agitiert. Durch Angstpropaganda und gehässige Stimmungsmache sollten die Menschen für die Interessen des sowjetischen Imperialismus mobilisiert werden. Ironie der Geschichte: jene, die damals auf der Seite des Kommunismus gegen den Westen hetzten, stehen heute stramm an der Seite der Nato, wenn es gegen Russland geht – die Grünen und die Ökologiebewegung. Und wie damals die Friedensbewegten, sind heute die Kriegshetzer gut betuchte Bobos aus den reichen Wohnquartieren, die demonstrativ mit ihren Lastenfahrrädern den Verkehr behindern, ihre Kinder in den teuersten Schulen Wiens unterbringen und die verächtlich auf den normalen Menschen herabblicken, der am Würstelstand in seine Burenwurst beißt. Wie widerlich er doch ist, der unachtsame Pöbel, eine ästhetische Zumutung für die Feinfühlenden. Aber zum Glück hat man ja die Kinder im Marianum oder bei den Schotten untergebracht. So werden sie nicht behelligt vom Abschaum aus den Vorstädten. Man kann sich an dieser Stelle wirklich nicht den kleinen Seitenhieb ersparen und auf Lenin verweisen, der diese kleinbürgerlichen Eliten schon vor über hundert Jahren als unzuverlässig und schwankend beschrieben und die Arbeiterklasse eindringlich vor einem Bündnis mit ihnen gewarnt hat. Lenin war wie Trotzki ein Massenmörder und Schlächter, aber beide waren sie kluge Köpfe und feinsinnige Beobachter ihrer Zeit. Einmal für den Frieden, einmal für den Krieg, einmal wütende Antiamerikaner, einmal euphorische Transatlantiker, einmal glühende Vertreter der universalistischen Aufklärung, einmal verbissene Fürsprecher eines identitären Tribalismus – so schwanken sie durch die Gegend, unsere linksgrünen Moralisten. Wohin wird sie der nächste Turn führen? In ein totalitäres, klerikales Utopia, in dem Caritas, Diakonie und die islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs in trauter Harmonie mit den heiligen Migranten aus Somalia, Afghanistan, Syrien, dem Irak, Libyen und dem Maghreb einer autochthonen österreichischen Minderheit in Umschulungsprogrammen ihr manichäisches Weltbild und ihren Schuldkult eintrichtern werden?
Apropos Schuldkult. Hier erinnert man sich an Aurel Kolnai, der schon vor hundert Jahren eindrucksvoll nachgewiesen hat, dass das größte Hasspotential in den Religionen steckt, die an eine strikt zwischen Gut und Böse geteilten Welt glauben, in der ein ständiger Kampf zwischen satanischen Horden und den Engeln des Guten stattfindet, der am Schluss in einer Entscheidungsschlacht gipfelt, die den „Endsieg“ der göttlichen Armeen bringen muss. Ein Denken, dem es immer um alles geht, dem Graustufen, Schattierungen und Ambivalenzen fremd sind, gehört zum Gefährlichsten, was die Geistesgeschichte dieser Welt jemals hervorgebracht hat. Und genau dieses dogmatische religiöse Denken beherrscht die Klimabewegung, die Trans- und die Frauenbewegung, die anarchistische staatsfeindliche Antifa, den heute herrschenden aggressiven Szientismus, dem Adorno und Horkheimer schon totalitäre Züge nachgesagt haben und die postkolonialistische Flagellanten-Bewegung.
Beispiele des postmodernen aggressiven Manichäismus
Zum Abschluss zwei Paradebeispiele des postmodernen aggressiven Manichäismus, der deutsche Bundestagsabgeordnete der Grünen Anton Hofreiter und die österreichische SPÖ-Abgeordnete Julia Herr. In der Word Wrestling Entertainment Inc könnten sie hervorragende „Heels“ abgeben und würden sie im „Tag-Team“-Bewerb antreten, wäre ein treffender Name für sie „Faces of Pain“. Anton Hofreiter ist der perfekte Hass-Politiker. Zuletzt trat er wieder einmal mit wutverzerrtem Rotgesicht ans Rednerpult und forderte die große Repression gegen die AfD, Verbot natürlich eingeschlossen. Nach aktuellen Umfragen repräsentiert diese Partei im Augenblick schlappe 12 Millionen deutsche Wahlbürger. Sie zu verbieten würde wohl auf ein deutsches Politik-Armageddon hinauslaufen. Wäre aber auch schon egal, denn davor werden Hofreiter und seine Freunde die Welt ohnehin in einen Atomkrieg getrieben haben. Wer sich übrigens nicht an Hofreiters antirussischen Gewaltfantasien beteiligt, ist je nach Belieben ein Volks- oder Landesverräter. Nazibegriffe, wie man weiß.
Und zum Schluss Julia Herr. Sie hat Marx nicht verstanden, denn für diesen waren Unternehmer nichts als „Charaktermasken des Kapitals“. Ein echter Marxist greift nicht Charaktermasken an, sondern das Kapitalverhältnis. So weit ist Herr in ihrer Marxlektüre offensichtlich noch nicht vorangeschritten. Deswegen schlägt sie wütend auf eine aus den gesellschaftlichen Verhältnissen abgeleitete Sekundärerscheinung ein, auf den verstorbenen Dietrich Mateschitz, der als der erfolgreichste Unternehmer Österreichs ein Milliardenvermögen geschaffen hat. Zudem ist er einer der beliebtesten Männer des Landes und ein bekannter Wohltäter. Wer ihn angreift, vergeht sich an einem Nationalheiligtum. Babler und Herr sollten wissen, dass man im 21. Jahrhundert, nicht wie seinerzeit in Russland, gegen das Volk an die Macht kommen kann. Ein ein- bis zweijähriger Rückzug in einen achtsamen Sesselkreis zur Reflexion der marxschen Lehre könnte beiden gut tun. Die Bevölkerung würde ihre Abwesenheit mit Volksfesten, Feuerwerken und einem Lichterlumzug auf der Ringstraße euphorisch feiern.
Kommentare