Bernhard Heinzlmaier: Ist es Zeit zu gehen?
Die aggressive Corona-Politik war aus meiner Sicht die wichtigste demokratiepolitische Zäsur der zweiten Republik. Das erste Mal wurden Österreicher und Österreicherinnen mehr oder weniger deutlich dazu aufgefordert, das Land zu verlassen, wenn sie sich nicht mit dem unsicheren, weil zu wenig getesteten, Coronaimpfstoff zwangsimpfen lassen wollten.
Der österreichische Impftotalitarismus träumte damals noch von einer Impfpflicht, die er mit Verwaltungsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen durchprügeln wollte. Am Ende trat das sonst durchwegs unauffällige Regierungsmitglied Edtstadler auf die Bühne, um zu verkünden, dass Ungeimpfte eigentlich ihr Recht verwirkt hätten, in Österreich zu leben. Zum Glück ging der feige Gesetzgeber in der Folge vor den widerständigen Teilen der Staatsbürger, die Hälfte von ihnen war ja trotz medialer Dauergehirnwäsche und Zwangsandrohung gegen die Pflichtimpfung, in die Knie und setzte die Impfpflicht aus. Sonst hätte wohl ein Massenexodus eingesetzt. Noch bevor sich der österreichische Staat dermaßen radikalisierte, hatte in meinem sozialen Umfeld schon die Abschiedsbewegung begonnen. Allein die öffentliche Hetze von Politik und Medien gegen impfskeptische Menschen veranlasste, nur um ein Beispiel herauszugreifen, die Familie einer Schulfreundin unserer älteren Tochter, nach Mexiko auszuwandern. Nach zwei Jahren wollte man zurückkommen. Aber der Schock, den die Drohgebärden des Staatsleviathans ausgelöst hatten, war wohl so groß, dass man nun für immer dem Heimatland fernbleiben will. Die Staatsmacht kann sich freuen, wieder eine zum Ungehorsam gegen die Autorität neigende Zelle weniger im Land. Es lebe die Republik der braven Konformisten.
Dem ehemaligen FPÖ-Europa-Abgeordneten Andreas Mölzer habe ich es zu verdanken, dass ich von einer weiteren Ausweisungsdrohung erfahren habe, die gerade vor ein paar Tagen am Parteitag der Grünen ausgesprochen wurde, und zwar vom Berufspolitiker Werner Kogler. Der lebenslustige Bacchant, der angeblich mit einer ukrainischen Fahne über den Schultern auf der Bühne des grünen Parteitages herumgewankt sein soll, hat dort ins Mikrophon gegeifert: „In Europa ist für alle Platz, nur nicht für Extremisten und Faschisten.“ Wenn man bedenkt, wer bei den Grünen schon als „rääächts“, extremistisch und faschistisch gilt, forderte Kogler hier, wahrscheinlich ohne es zu wissen, die Teilentvölkerung des Kontinents. Zum Beispiel sind ja Patrioten, die mit der Österreichfahne auf Demonstrationen gehen, aus der Sicht der Grünen „rääächts“. In Berlin, bei der letzten Großdemonstration gegen „Rääächts“, war zum Beispiel die deutsche Flagge offiziell verboten. In Österreich wurde beim romantischen Lichterlumzug zur Verteidigung der Demokratie, die tatsächlich aber von niemanden infrage gestellt oder angegriffen wird, informell darum gebeten, auf das widerliche nationalistische Rot-Weiß-Rot-Symbol zu verzichten. Hätte sich jemand nicht daran gehalten, wäre wohl die militante Antifa zur Stelle gewesen, um eine solche Rechtsabweichung einfühlsam zu korrigieren.
Der Österreichhass der Grünen
Dass der Umgang mit dem Thema Nationalismus und der Flaggenfrage bei den Grünen gelinde gesagt recht widersprüchlich ist, zeigt uns nicht zuletzt die Fahnenaktion Koglers. Denn offenbar ist es durchaus legitim, mit der ukrainischen Fahne durch die Gegend zu rennen und den dort herrschenden extremen Nationalismus zu feiern, während man den Österreichern nahezu ein Fahnenverbot auferlegt. Wie tief der Österreichhass in die Grünen eingesenkt ist, zeigt uns eine Kampagne der Grünen Jugend aus dem Jahr 2020, auf deren zentralem Werbesujet ein Haufen Hundekot mit dem Claim „Hört auf, Österreich zu feiern!“ abgebildet war. Lanciert wurde diese Kampagne gegen „Heimatliebe“ noch dazu ausgerechnet am Nationalfeiertag. Eine unglaubliche Provokation, bei der die Partei wieder einmal der Mehrheit der normalen Österreicher den Stinkefinger gezeigt hat. Die sind nämlich zu 80% stolz darauf, Österreicher zu sein. Aber auch das Thema Ausweisung und Abschiebung, an dem sich in den letzten Wochen eine hysterische Diskussion entzündet hat, ist durchzogen von fundamentaler und verstörender Widersprüchlichkeit. Am Ende hat die Regierung in Deutschland eine linke Massenhysterie dazu genutzt, das letzte Aufgebot ihrer radikalisierten Bobo-Anhängerschaft mithilfe der willfährigen Medienlandschaft zu Demonstrationen auf die Straße zu treiben. Sogar Bildungsminister beteiligten sich an der Regierungskampagne, wie die NRW-Schulministerin Dorothee Feller, die die Lehrer dazu aufrief, gemeinsam mit ihren Schülern an den staatlich propagierten Demonstrationen teilzunehmen. Das erinnert uns an die Klimademonstrationen, für die die Wiener Bildungsdirektion geradezu mobilisiert hat. Man muss eben nur dem Staat ideologisch gefällig sein, dann bekommt man sogar im streng normierten Bildungssystem die Erlaubnis für fast alles.
Randständiges Ereignis auslösend für die große Demokratierettungsaktion
Auslösend für die große Demokratierettungsaktion war ein randständiges Ereignis in einem Provinzhotel, im Rahmen dessen sich ein paar AfD- und CDU-Leute zusammenfanden, um sich einen Vortrag des rechten Publizisten Martin Sellner anzuhören. Das staatlich finanzierte Recherche-Institut „Correctiv“ hatte das Ereignis ausspioniert und zu einer Staatsaffäre aufgeblasen, bei dem gar die massenhafte „Deportation“ von Menschen mit Migrationshintergrund besprochen worden wäre. Am Ende stellte sich heraus, dass beim völlig belanglosen Treffen niemals das Wort „Deportation“ gefallen ist. Das Wort ist ein Nazi-Wort und jeder, der es hört, denkt sofort an die Rampe von Auschwitz. Und das war von „Correctiv“ auch insinuiert. Die Rückkehr des Hitlerfaschismus sollte grell an die Wand gemalt werden. Gegen einen neuen Hitlerfaschismus hätte ich auch demonstriert und mehr. Aber wie kann man eine Massenbewegung wegen eines adretten, harmlosen kleinbürgerlichen Familienvaters, der vor einer kleinen Gruppe von Rechtspolitikern eine Buchlesung veranstaltet, vom Zaun brechen? Hier geht es ganz offensichtlich nicht mehr um einen ehrlich motivierten überzogenen Alarmismus, hier geht es um den schamlosen Missbrauch des größten systematischen Massenmordes in der Geschichte der Menschheit für das Erhalten der Macht und der Privilegien einer durch und durch unfähigen Ampel-Regierung.
Im übrigen dürfen andere durchaus ausweisen, abschieben und sogar heimattreu sein. So entnehme ich der FAZ vom 25. Februar, dass der amerikanische „Heimatschutzminister“ Alejandro Mayorkas, er gehört der demokratischen Partei an, allen Venezolanern, die nach dem 31. Juli 2023 auf der Flucht vor dem bestialischen Unterdrückungsregime Maduro illegal in die Vereinigten Staaten gekommen sind, man höre und staune, mit der Deportation zurück ins linke Arbeiter- und Bauernparadies gedroht hat. Und wieder dürfen wir einen Blick auf das verlogene Grundprinzip der Politik und der medialen Berichterstattung unserer Tage werfen, das da lautet, bei der Beurteilung, ob etwas rechts oder faschistisch ist, kommt es nicht darauf an, was gesagt wird, sondern wer es sagt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die politischen Debatten unserer dekadenten Gegenwart von moralisch und zivilisatorisch entleerten Propagandaphrasen gelenkt und geleitet sind. Der Nihilismus unserer Tage findet seinen Höhepunkt in einer moralisierenden Leerformel-Demagogie, die man bisher nur aus totalitären Regimen gekannt hat. Die gängigste Leerformel, die besonders gern von den Grünen verwendet wird, ist das Rechts-Etikett. Man heftet es Kritikern mit dem Ziel an, sie persönlich zu desavouieren und sozial zu vernichten. Denn wer „rääächts“ ist, der wird quasi aus dem legitimen Diskursraum exkludiert, er ist im mittelalterlichen Sinn vogelfrei, und weil er das Schandmal des Gesellschaftsschädlings trägt, darf er von jedem Journalisten kaputt geschrieben werden, genauso wie er von jedem antifaschistischen Pickelgesicht mit drei Semestern „Sozialanthropologie“ auf der Straße angegangen werden darf.
Die größten Kriegsfetischisten
Das Wesen der links-grünen Politik unserer Tage ist das rasante Changieren zwischen gegensätzlichen Auffassungen, Positionen und Programmatiken. Waren die Grünen früher eine Friedenspartei, so sind sie heute neben den Liberalen die größten Kriegsfetischisten. Es hätte uns nicht einmal gewundert, hätte Werner Kogler bei seinem Parteitagsauftritt mit der Ukraine-Fahne auch noch ein MG aus amerikanischer Produktion über dem Kopf geschwungen. Aber nicht nur das, die Grünen wechseln auch bei Umweltthemen die Position so häufig wie die Unterwäsche. Früher einmal war Fracking pfui, heute ist es hui, weil es der Ami-Freund gütig fünfmal so teuer wie das Russengas über den Atlantik schippert. Auch die unterirdische Einlagerung von Kohlenstoffdioxid war bisher des Teufels, nun wird es plötzlich vom deutschen Kinderbuchautor Habeck, der jetzt als Wirtschaftsminister auftritt, erlaubt. Katar war früher ein absolutes No-Go, zurecht, das Land finanziert den Islamischen Staat und diverse andere Terrororganisationen, zuletzt hat Habeck dem Scheich von Katar fast die Hand geküsst, nur um ein paar Tropfen Öl und Gas aus dem Mann herauszupressen. Für die Grünen ist schier alles möglich, selbst die Umdeutung des muslimischen Kopftuches vom patriarchalen Unterdrückungssymbol zum Zeichen der Emanzipation der Frau und zum Schutzinstrument gegen den begehrlichen, toxischen, männlichen Blick.
"Totalitäre Propaganda"
Siegfried Kracauer hat eine solche Methode der Kommunikation, „bei der die gestern gültige Losung durch die gegenteilige (systematisch und immer wieder) verdrängt wird“, als Kennzeichen der „totalitären Propaganda“ bezeichnet. Man versucht, den Widerspruch nicht zu vertuschen, im Gegenteil, man trägt ihn offen zur Schau. Nach Kracauer hat die Methode ihren Sinn darin, die Ratio ganz bewusst vor den Kopf zu stoßen und ins Wanken zu bringen. Die Bevölkerung wird gleichzeitig an das Absurde gewöhnt und die Wahrheit wird lächerlich gemacht und entwertet. Die ständige Oszillation zwischen Lüge und Wahrheit soll den Empfänger der Propaganda in die totale Verwirrung stürzen. Ein Schwindelgefühl soll die Menschen erfassen, das sie dazu zwingt, die Augen zu schließen und die Frage der Richtigkeit der Propaganda zurückzustellen.
Zurück zum Ausgangspunkt. Ist es Zeit, zu gehen? Meine ehrliche Antwort: Jeder, der die Möglichkeit dazu hat, soll sich aufmachen, wohin auch immer. Denn der Totalitarismus kommt, das zeigt nicht zuletzt die Kommunikationsanalyse nach Kracauer. Der Totalitarismus wird aber nicht der fantasierte rechte sein, gegen den man gerade demonstriert, sondern eine Art grüner, durch und durch fanatischer und erbarmungsloser Öko-Leninismus.
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