Bernhard Heinzlmaier: Wollt ihr den totalen Staat?
Heute muss alles total sein. Halbe Sachen sind nicht mehr gewollt. Der Totalitarismus erlaubt sich jedes Mittel, um alles, was ihm entgegensteht, zu beseitigen. Und er erhebt den umfassenden und uneingeschränkten Verfügungsanspruch über alles Menschliche und die gesamte Dingwelt. Für Hannah Arendt sind die Prototypen des Totalitarismus der Sowjetkommunismus und der Hitlerfaschismus. Sie sind zudem der Beleg dafür, dass sich jede Zivilisation zersetzen und Barbaren gebären kann.
Totalitarismus bedeutet die absolute Negation des Herzstücks der europäischen Aufklärung, der Hegelschen Dialektik. Er ist radikal undialektisch. Anstelle des produktiven Widerspruchs, der die Grundlage allen Fortschritts ist, erhebt der Totalitarismus den Widerstreit, die Unvermittelbarkeit aller Gegensätze, zum einzigen, Politik, Wirtschaft und Kultur beherrschenden, Prinzip. Es trifft immer Inkommensurables krachend aufeinander und jeder Gegensatz muss mit der Vernichtung des Widerparts enden. Genauso funktionierten Kommunismus und Faschismus. Im ersten Fall ist es „die Bourgeoisie“, die im Zuge des Klassenkampfes vernichtet werden musste, im zweiten Fall war es der „ewige Jude und andere minderwertige Wesenheiten“, die vom Erdboden auszutilgen waren. Erst nach der Vernichtung des absolut Bösen kann sich der Himmel auf Erden, der Sonnenstaat, der Sozialismus, Utopia oder Atlantis etablieren, alles Gesellschaftsformen, die ausschließlich durch den totalen Krieg erreicht werden und die totale Herrschaft, den totalen Staat, die totale Familie, die totale Schule, die totale Gleichheit, die totale Unfreiheit hervorbringen. Es ist nicht unverständlich, wenn Friedrich Nietzsche gemeint hat, dass jede Philosophie oder jede Metaphysik, die ein Finale im idealen Endzustand kennt oder jedes religiöse Verlangen nach einem Jenseits von vornherein verdächtig erscheinen muss, und es nur eine Krankheit sein kann, die eine solche Vorstellung inspiriert. Wenn wir dann im Paradies der total Erlösten angekommen sind, dann fressen alle Kinder ein und dieselbe Klostersuppe in der totalen Schule, werden alle durch die gleichen Behandlungen eines totalen Gesundheitssystems geschleust, in dem sie durchgeimpft werden, ob sie das wollen oder nicht und von einem gleichgeschalteten totalen Medien- und Kulturbetrieb hergerichtet, der vornehmlich Kriegspropaganda, Wokeness, Transsexualität, islamophile Narrative, geschönte Kriminalstatistiken und anrührende Flüchtlingsgeschichten verbreitet. Und die Ganztagsschule sorgt dafür, dass wie einst in der DDR dem Wahlspruch gemäß „Alle kommen mit, keiner bleibt zurück“, in totalen Schulinstitutionen der freundliche Autoritarismus eines Pfadfinderlagers herrscht.
Und dann ist das Ende der Geschichte, der totale Stillstand, erreicht.
Marx hat einst die Geschichtswissenschaft als die wichtigste Wissenschaft bezeichnet. Diesen Hinweis haben alle aus dem Lager der neuen „Stupid-Left-Bewegung“ überlesen. Sonst hätte es nicht geschehen können, dass die wichtigste Erkenntnis aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts heute so wenig präsent ist, die da heißt, dass die totale Gleichheit am Ende immer der ärgste Feind der Freiheit und des Fortschritts ist. Denn der Versorgungsstaat, der dem Bürger das verführerische Angebot eines Rundum-Sorglos-Paketes macht, verlangt seinen Preis und dieser ist immer die absolute und widerspruchslose Unterwerfung unter seine Herrschaft. Am Ende steht eine Massengesellschaft, in der wie einst die Hausmeister im roten Wien der 1960er Jahre kontrollieren, ob jeder Bewohner des Gemeindebaus am 1. Mai die rote Fahne mit den drei Pfeilen pflichtfertig ausgesteckt hat. Und dann ist das Ende der Geschichte, der totale Stillstand, erreicht. Und zwar in seiner einfältigsten und primitivsten Form. Einer historischen Betrachtung kann nicht entgehen, dass der Primitivismus immer eine Erfolgsgeschichte war. Die Wikinger, die Hunnen, die Germanen, die Kreuzritter, die Inquisition, der seit Jahrhunderten wütende Islam, der kommunistische Expansionismus und der bornierte US-Imperialismus – alles Bewegungen, die mit der Wucht der Gewalt, einer ans Debile grenzenden Selbstgewissheit, einer erschütternden Geistlosigkeit und dem absoluten Willen zur Macht ihre Herrschaft etabliert haben und aufrechterhielten. Andreas Babler ist die Wiederkunft des Sowjetkommunismus, herzlos weil totalitär und hirnlos, weil unkultiviert. Sein einfältiges Konzept ist ein Staatsabsolutismus, ein strenger väterlicher Leviathan, der gerne gibt, wenn sich seine Kinder brav unterwerfen. Nicht umsonst findet sich in seinem Programm ein Blockwart, er nennt ihn Sozialbeauftragten, eine Art Meldebeamter, bei dem man Wünsche deponieren kann und der auch gerne subtile Denunziationen entgegennimmt. Das brave Kind bekommt aber viel mehr, es bekommt auch kostenlose Zahnbehandlungen, ein Staatssparbuch mit regulierten Zinsen je nach Einkommen, schattige Bushaltestellen, Bankomaten in der Nachbarschaft, auch im frequenz-schwachen Nursch am Saubach, Musikschule für jedes Kind und Frühstück, Mittagessen und Jause als Massenausspeisung an allen Schulen. Und auch den seltsamerweise größten Wunsch einer Arbeiterbewegung, nichts mehr arbeiten zu müssen für die Annehmlichkeiten des Lebens, kommt man mit der Einführung der 32-Stunden-Woche einen kleinen Schritt näher.
Eine gute Vorausschau bietet diesbezüglich das Ampelregime in Deutschland, wo die totalitäre Glucke Nancy Faeser wie ein Alb mit erdrückender Schwere auf der Zivilgesellschaft hockt.
Skurril ist dies insbesondere bei einer Partei, die glaubt, dass die Wertschöpfung alleine von der menschlichen Arbeit abhängt. Dass die Industrieproduktion und der Energiesektor zusammenbrechen, wenn man den Faktor Arbeit minimiert, müsste insbesondere den kapitallesenden links-linken Dogmatikern klar sein. Die architektonische Offenbarung der bablerschen Politik ist eine Reihenhaussiedlung, die sich über zwei Kilometer durch die Landschaft zieht und in der jedes Haus exakt wie das andere aussieht, vor jedem Haus das identische Elektromobil steht und in der ein Sozialaufseher herrscht, der immer ein Che Guevara-T-Shirt trägt. Eine verordnete Gedenkgeste an den homophoben Stalinisten. Er darf aber auch alternierend ein Shirt mit dem Emblem des venezolanischen Antisemiten Hugo Chávez tragen, den die stellvertretende Revolutionsführerin der Babler-Bewegung, Julia Herr, in ihrer Jugend so verehrt hat. Eines sollte klar sein, wer Babler wählt, begibt sich mit ihm zurück auf den Weg in eine Art Sowjetstaat, den übrigens von Otto Bauer bis Jean-Paul Sartre alle linken Utopisten angehimmelt haben, selbst die stalinistischen Arbeitslager, in denen für die Insassen eine Art Todesgarantie herrschte, konnten sie davon nicht abhalten. Aber wir wissen ja, dass alle eschatologischen Bewegungen, die sich auf dem Weg zur historischen Vollendung in einem endzeitlichen Paradies glauben, auch Menschenopfer bringen, bei Stalin schätzt man rund 20 Millionen. Der Unterschied zu den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts ist glücklicherweise, dass die Poststalinisten von heute die Menschen nicht mehr ihres Lebens berauben, sondern sich damit begnügen, ihnen „nur“ die individuelle Freiheit zu entziehen. Eine gute Vorausschau bietet diesbezüglich das Ampelregime in Deutschland, wo die totalitäre Glucke Nancy Faeser wie ein Alb oder die aus der Volkskultur bekannte „Drude“ mit erdrückender Schwere auf der Zivilgesellschaft hockt. Durch staatlich finanzierte linksextreme NGOs, wie die „Amadeu Antonio Stiftung“, werden Kampagnen gegen alle geführt, die am neuen Staatstotalitarismus Kritik üben. Sie werden von der von der Stasi-Mitarbeiterin Kahane gegründeten Stiftung als „Staatsfeinde“ gebrandmarkt und die zum Netzwerk der Stiftung gehörende Spitzelorganisation Correctiv spioniert sie aus und denunziert sie. Die „Jüdische Rundschau“ bezeichnet Kahane als Berufs-Denunziantin. Mit einem Postkommunisten wie Andreas Babler an der Spitze ist die Befürchtung nicht abwegig, dass die SPÖ, einmal an der Macht, in ein ähnliches Fahrwasser gerät, in dem sich die SPD bereits befindet. Mit Hilfe der Grünen und der Neos könnte sie mit Glück sogar einmal auf österreichischem Boden ein ähnliches repressives Ampelsystem wie in Deutschland begründen. Bitte lasst uns das gemeinsam verhindern.
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