Bernhard Heinzlmaier: Zusammenhalten, Hände falten, Goschen halten.
Schon in den 1980er Jahren war die SPÖ bekannt für ihre oberlehrerhaften Plakatslogans, mit denen sie die Bürger wie Kleinkinder resolut zur Ordnung rief, wenn diese nicht so spurten, wie sie wollte. So befahl damals ein Plakat mit der Headline „In Zeiten wie diesen“ herrisch, die rote Regierung in Krisenzeiten nicht zu kritisieren, sondern konstruktiv zu sein und brav bei allem mitzumachen, was von oben herab dekretiert wird. In seiner unnachahmlichen Art hat damals Manfred Deix die arrogante SPÖ-Kommunikation aufs Korn genommen, indem er ironisch textete: „In Zeiten wie diesen, net seids deppert, nicht goschert sein, kritisieren ist nicht leiwand.“
Was den Umgang mit dem Wahlvolk betrifft, sind die Genossen heute noch so wie damals. Vor allem der Retrokurs der beiden durch eine lauwarme Freundschaft verbundenen neuen Säulenheiligen der Partei, Michael Ludwig und Andreas Babler, hat dazu geführt, dass die SPÖ in die Kampagnenkultur der 1950er Jahre zurückgekippt ist. Babler wendet sich einmal die Woche im Stil des patriarchalen nordkoreanischen Staatsgründers Kim-Il-Sung an die Bevölkerung, um ihr zum Beispiel die richtige Kinderernährung beizubringen. Irgendwann wird er wohl die Lebensmittelkarten der Nachkriegszeit wiederentdecken und sie als einzig sinnvolle Lösung gegen die galoppierenden Lebensmittelpreise stolz präsentieren. Und sein Freund Michael Ludwig lässt den einfältigen Slogan „Zusammenhalten“ in ganz Wien plakatieren, der tatsächlich nichts anderes meint, als „Hände falten und Goschen halten“. Unter Zusammenhalt versteht man nämlich in der rot-pinken Stadtregierung, unkritisch alles zu bejubeln, was diese Regierung will. Will man etwas anderes, dann ist man entweder ein Querulant, ein Volksverräter oder gar ein Rechtsextremer.
Ein weiteres gutes Beispiel für die absolute Absurdität der roten Gemeinschaftsideologie zeigt uns ein Blick auf den ORF, den Zwangsgebührensender.
Die klar denkenden Österreicher stellen sich aber angesichts des ultimativen Aufrufs zum Zusammenhalten berechtigterweise die Frage, ob tatsächlich alle wirklich zusammenpassen, die hier zusammenhalten sollen. Die Durchschnittsverdiener mit Gewerkschaftsfunktionären mit Mehrfachbezügen, die kleinen Pächter von Schrebergärten mit SPÖ-Funktionären, die sich mit Insiderwissen durch den Handel mit Kleingärten fette Spekulationsgewinne erschleichen, die Pensionisten, denen man erbarmungslos 4000 Euro Stromnachzahlung auf das Auge drückt, mit den Parteibuchmanagern der Wien Energie oder die Ungeimpften mit dem Gesundheitsstadtrat, der mit dem gewalttätigen „Booster“ Angst verbreitet und nachdrücklich den völlig sinnlosen Lockdown für Ungeimpfte gefordert hat? Auf den ersten Blick sieht man, dass nicht zusammengehen kann, was nicht zusammen passt. Denn zwischen den Angehörigen der privilegierten Politikerkaste, die es sich „richten“ können, und den vielen hart arbeitenden normalen Menschen, liegt ein tiefer Graben, den niemand überbrücken kann. Ein weiteres gutes Beispiel für die absolute Absurdität der roten Gemeinschaftsideologie zeigt uns ein Blick auf den ORF, den Zwangsgebührensender. Wie kann man von einem österreichischen Durchschnittsverdiener, der mit zirka 2300 Euro brutto im Monat nach Hause geht, verlangen, sich mit den ORF-Angestellten identisch zu fühlen, die durchschnittlich 6500 Euro brutto verdienen? Nein, Herr Bürgermeister Ludwig, ihr Geschwafel vom Zusammenhalten ist nichts anderes als ein billiger Manipulationsversuch, mit dem der Mehrheit der normalen Menschen suggeriert werden soll, dass sie mit den roten Privilegien-Rittern in einem gemeinsamen Boot sitzen. In Wirklichkeit sitzen die bevorzugten und begüterten Funktionäre und ihr Anhang in einem Luxusliner, während die normalen Bürger ihnen in einem rostigen Bananenfrachter mit Schlagseite hinten nachzuckeln dürfen. Deshalb kann es keinen Zusammenhalt zwischen diesen beiden Gruppen geben, weil sie aber auch schon gar nichts, was Einkommen, Besitz, Kultur und Lebenschancen betrifft, miteinander gemein haben.
Zusammenhalt ist aber auch innerhalb der SPÖ nicht möglich. Offenbar ist auch dort die Interessensspreizung zu groß. Was man von den Wiener Bürgern fordert, ist man selbst nicht in der Lage zu leben. Im Gegenteil, man bekämpft sich gerade in der SPÖ wutentbrannt und mit allen Mitteln. Der Grund dafür ist, dass sich die Beutegemeinschaften, die im Bund und in Wien an der Macht sind, untereinander uneins über die Postenverteilung und strukturelle Fragen sind. So ist in der SPÖ-Wien ein autoritärer Führungsstil angesagt, während Andreas Babler immer wieder, besonders kurz nach seiner Wahl zum SPÖ-Vorsitzenden, über die Demokratisierung der Partei philosophiert hat. Die Wiener Nomenklatura hat den Provinzpolitiker schnell wieder zurückgepfiffen und auf den Boden der realsozialistischen Tatsachen zurückgebracht. Denn in Wien herrscht eine Art postmoderner „demokratischer Zentralismus“. Wie einst in der Sowjetunion bestimmen dort der Parteivorsitzende und sein Politbüro, was wahr oder falsch und was wertvoll oder wertlos ist. Das gemeine Parteivolk hat da nichts mitzureden und das soll auch so bleiben. Doch auch der Parteivorsitzende und das Wiener Politbüro harmonieren nicht mehr. Ludwig regiert einfach zu selbstgefällig und autoritär. Das ist der Grund dafür, dass sich immer mehr enge Freunde und Kampfgefährten von ihm abwenden. Zwischen einzelnen Stadträten und dem Bürgermeister herrscht bereits wochenlange Funkstille, einer von ihnen machte sich gar in einer gemeinsamen Sitzung über Ludwig lustig und in der Wiener Parteizentrale sitzt eine angefressene Landessekretärin, die es überhaupt nicht verwinden kann, noch immer nicht in der Stadtregierung zu sitzen, obwohl sie es war, die Ludwig seinerzeit die Mehrheit in der Kampfabstimmung gegen Schieder organisiert hat. Die Frau wartet auf ihre Belohnung. Lange wird sie sich mit dem faden Parteijob in der verstaubten Löwelstraße nicht mehr begnügen.
Niemals war der Umgang der Menschen miteinander dermaßen hinterhältig, egotaktisch, bösartig und destruktiv wie heute.
Aber auch vor dem Hintergrund des herrschenden Zeitgeistes ist der Slogan „Zusammenhalten“ geradezu ein zynischer Euphemismus. Denn niemals war der Umgang der Menschen miteinander dermaßen hinterhältig, egotaktisch, bösartig und destruktiv wie heute. Jedes Mittel ist recht, um zu gewinnen. Und alles ist erlaubt, um einen Konkurrenten lustvoll in die tiefsten Abgründe der öffentlichen Meinung zu stürzen, selbst die Verleumdung. Heute wird zwar niemand mehr auf dem Scheiterhaufen verbrannt, aber die mehr oder weniger subtile Zerstörung des Ansehens von Andersdenkenden ist zu einem weit verbreiteten Mittel einer inhaltlich hohlen Machtpolitik geworden. Die politmediale Gesinnungswalze, gut geschmiert von den Werbemillionen aus den Bundes-, Landes- und Stadtbudgets, macht jeden gewissenlos zur Schnecke, der nicht wie alle anderen konformistischen Zombies im Gleichschritt läuft. Im Zeitalter des Massenmenschen darf nur mehr der Jasager in Frieden leben. Alle Querdenker werden so lange akribisch verfolgt, bis sie sich selbst in der Donau ersäufen, aus dem Flugzeug springen, ohne den Fallschirm zu öffnen, sich zu Tode trinken oder ins Ausland flüchten. Wenn man zu den richtigen Beutegemeinschaften gehört, kann man sich alles erlauben, vertritt man hingegen eine vom Mainstream abweichende politische Überzeugung, dann sind alle Karrierewege für immer verstellt. Nicht einmal eine Imbissbude am Meidlinger Bahnhof kann man dann ungestört von bösartigen Querschüssen betreiben.
Die Outlaws, die sich eine eigene Meinung erlauben, bekommen von niemanden Hilfe, bestenfalls moralischen Zuspruch hinter den Kulissen, wo es keiner mitbekommt. Dort sind viele schnell zur Hand mit einem flüchtigen solidarischen Schulterklopfen, während genau dieselben Leute in der Öffentlichkeit die Straßenseite wechseln, wenn einer der Verfemten daherkommt. Die Feigheit und der Opportunismus sind die größten Geiseln unserer Zeit. Am weitesten verbreitet sind sie in der Politik, der Verwaltung des Landes und den Medien, die mit Protegés der Parteipolitik durchsetzt sind. Zivilcourage, Rückgrat, Mut, generell heroische Persönlichkeitsmerkmale, sind längst im Schleim einer ängstlichen Kultur der Liebedienerei ersoffen, die sich achtsam nennt, tatsächlich aber hinterhältig, verlogen und niederträchtig ist. Nur in einer solchen völlig verkommenen Szenerie ist es möglich, dass sich eine Art sanfter Totalitarismus, ins moralische Gewand der Gemeinschaftlichkeit und des Zusammenhalts gehüllt, den normalen Menschen erfolgversprechend andienen kann. In Wirklichkeit ist hier aber nur mehr der nackte Wille zur Macht einer vormalig integren Arbeiterpartei am Werk, hinter deren pathetischen Gemeinschaftssymbolik sich nichts weiter verbirgt als die Privilegiengier postpolitischer Egoisten ohne Gewissen. Aber wenn es abends ganz still ist und man genau hinhört, kann man in der Ferne das Totenglöckchen für diesen anämisch gewordenen politischen Organismus bereits ganz leise läuten hören.
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