Christan Ortner: Die Stadtbild-Störung
Wer es unangenehm und störend findet, dass unsere Städte immer mehr den Charakter nahöstlicher Metropolen annehmen, ist deswegen weder ein Rassist noch ein Ausländerhasser, findet exxpress-Kolumnist Christian Ortner.
Am Wiener Stock-im-Eisen-Platz, also schräg gegenüber vom Stephansdom, spielt sich seit einiger Zeit alle paar Tage, oder genauer gesagt, Abende, ein merkwürdiges Schauspiel ab: Direkt vor den gepanzerten Auslagen des noblen Uhrengeschäfts Bucherer rotten sich junge Männer nahezu ausschließlich migrantischen Hintergrunds zusammen, mal geschätzte hundert, mal auch bis zu zweihundert. In der Mitte der Gruppe hat jemand eine Art Reck aufgestellt, auf dem die Jungs versuchen, möglichst viele Klimmzüge zu schaffen.
Das geht natürlich nicht ohne Geschrei und Gebrüll, gelegentlichen Rangeleien und Handgreiflichkeiten ab, wie das in diesem Milieu nicht eben unüblich ist. Nach zwei Stunden oder so ist das Ganze meist wieder vorbei.
Bei uns in Marrakesch
Na und? Hier geschieht vermutlich nichts Gesetzeswidriges. Und trotzdem empfinden nicht gerade wenige Menschen – ich zähle mich diesbezüglich durchaus dazu – derartige Veränderungen unseres „Stadtbilds“ als unangenehm, ärgerlich und nicht wünschenswert. Das betrifft viele Aspekte und Momente des öffentlichen Lebens, vom früher eher aus Damaskus geläufigen Beruf des Eckenstehers über die unangenehme Angewohnheit, in öffentlichen Verkehrsmitteln mit erhöhter Lautstärke zu telefonieren, vom Anblick immer mehr vollverschleierter junger Frauen bis hin zur völligen Orientalisierung ganzer Straßenzüge. Dass Weihnachtsmärkte mit Betonpollern beschützt werden müssen, die Polizei Messerverbotszonen verhängen muss oder in Schwimmbädern erhöhter Bedarf an Securities besteht, zählt genauso zu den sichtbaren Veränderungen.
Und das nicht nur irgendwo in der Vorstadt, sondern auch im Herzen der Stadt. Wenn am Stephansplatz wieder einmal die Freunde der Hamas lautstark ihre Parolen brüllen und Fahnen schwingen, junge Migrantengruppen rund um die U-Bahnabgänge herumlungern und junge Frauen taxieren, sich das Ganze mit verschleierten Touristinnen und Einheimischen vermengt, dann fehlt eigentlich nur noch der Schlangenbeschwörer und der Dattelverkäufer und man könnte meinen, nicht vor St. Stephan zu stehen, sondern auf der berühmten Jemma el-Fna zu verweilen, dem turbulenten Hauptplatz von Marrakesch.
Nein, ich will das nicht
Nun finde ich die arabische Welt zwar grundsätzlich durchaus faszinierend, aber ich möchte sie bitte mit dem Flugzeug erreichen müssen und nicht mit der U-Bahn erreichen können.
In Teilen von England, Frankreich, Belgien und auch von Deutschland ist diese Veränderung des „Stadtbilds“ noch wesentlich weiter vorangeschritten: Dort gehört fünfmal täglich der Gebetsruf vom Minarett zum Alltag, wird auf offener Straße mit erhobenem Gesäß (der Männer) gen Mekka gebetet und sind ganze Stadtteile völlig in muslimischer Hand, mit allen Konsequenzen.
Ich muss gestehen: Ich will das einfach nicht, ich finde das ziemlich unsympathisch und es entspricht überhaupt nicht meinen Vorstellungen davon, wie das Stadtbild etwa von Wien oder jeder anderen Metropole sein soll, die historisch in der christlich-jüdischen Kultur ihre Wurzeln hat.
Dein Land wird mein Land
Als jemand, der hier jahrzehntelang Steuern und Abgaben in bedeutender Höhe geleistet hat, bin ich auch nicht im Geringsten dazu verpflichtet, diese Abneigung gegen die in den letzten Jahren erzwungenen Veränderungen des Stadtbilds irgendwie zu begründen oder zu erörtern. Ich will das einfach nicht ¬– und damit basta. Und ich bedaure zutiefst, dass Politiker seit 2015 meine Steuerleistungen dazu missbrauchen konnten, diese Beeinträchtigung meiner Lebensqualität zu organisieren.
Vieles spricht dafür, dass es ziemlich vielen Menschen in jenen österreichischen und deutschen Städten, die unter dieser Bildstörung leiden, genauso geht. Nur so ist zu erklären, dass die Formulierung des deutschen Kanzlers Friedrich Merz vom seit 2015 veränderten Stadtbild, an sich eine banale Feststellung, bis heute die Gemüter erregt. „Der deutsche Kanzler ist kein Rassist“, notierte in diesem Zusammenhang die NZZ, „er meinte ganz offenkundig die vielen Heranwachsenden und jungen Männer, die überwiegend aus dem Nahen und Mittleren Osten und aus Nordafrika nach Deutschland gekommen sind und die ihr Gastland mit einer atemberaubenden Respektlosigkeit behandeln.
Diese Leute, die sich in der Regel nicht dauerhaft im Land aufhalten dürfen, nicht arbeiten und oftmals aggressiv vor deutschen Bahnhöfen, in Fußgängerzonen und in Parks herumlungern, sind ein Problem. Sie machen den Deutschen (mit und ohne Migrationsgeschichte), die ihnen ›Schutz‹ gewährt haben und die ihr Leben finanzieren, den öffentlichen Raum streitig. Das ist eine Landnahme, die sich kein Staat bieten lassen kann.“
Kaum eine andere Anmerkung eines bürgerlichen Politikers hat die Linke derartig getriggert wie der „Stadtbild“-Sager des Kanzlers, dem in Umfragen zwei Drittel der Bevölkerung zustimmen.
Weg mit der Vollverschleierung
Friedrich Merz hat da ganz offensichtlich einen Nerv getroffen. Dass ein Stadtbild keine rechtliche Sache ist, sondern auf der Symbolebene konstruiert wird, hat in Deutschland der langjährige FDP-Politiker Wolfgang Kubicki erkannt, wie er im deutschen Magazin Cicero festgehalten hat: „Wir müssen uns dagegen wehren, wenn islamistische Symbole – die für das Gegenteil von Freiheit und Selbstbestimmung stehen –, den öffentlichen Raum prägen. Die Vollverschleierung ist ein solches Symbol, und wir täten gut daran, sie im öffentlichen Raum nicht länger zu dulden.“
So ist es. Und es geht dabei eben nicht nur um die extreme Verschleierung, die übrigens hierzulande durchaus geduldet wird, sondern letztlich eben um all die anderen einschlägigen Veränderungen des Stadtbilds, die so viele Menschen verärgern.
Vieles ist aus demografischen Gründen ohnehin nicht mehr reversibel zu machen, dieser Zug ist abgefahren. Aber wenigstens dort, wo es noch möglich ist, wäre dringend eine Politik gefragt, die sich nicht in eine Pose stiller Duldung begibt, sondern vom Stadtbild auf allen Ebenen rettet, was noch zu retten ist.
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