Christian Ebner: Die EU-Kommission vertritt ihre Interessen, nicht unsere
Die EU mit allen ihren Vorschriften beschneidet unsere Freiheit und belastet uns massiv. Die EU-Fans werfen an dieser Stelle regelmäßig ein, dass die EU unsere Interessen in den Welt so gut vertritt, wie wir selbst das nie könnten. Ist das so? Diese Frage stellt sich Mag. Christian Ebner in seinem Gastkommentar.
Das Vereinigte Königreich, das gemäß der Prognosen der EU-Fans nach dem EU-Austritt (Brexit) schon längst im Atlantik hätte versinken sollen, hat schon Anfang Mai mit den USA ein Vereinbarung abgeschlossen, die im Wesentlichen festhält, dass die USA 10 % Zoll am britische Importgüter einheben und UK 10% Zoll auf US-Güter einhebt. Die EU-Kommission hingegen hat die Amerikaner monatelang belehrt, um dann am 27. Juli auf Trumps Golfplatz in Schottland einen ziemlich schlechten Deal zu akzeptieren: die USA heben auf die meisten EU-Waren 15 % Zoll ein, die USA können zollfrei in die EU exportieren. Die EU hat sich darüber hinaus verpflichtet, während der Amtszeit von Donald Trump 600 Milliarden in den USA zu investieren und bis 2028 Energie im Wert von 750 Milliarden in den USA einzukaufen. Nun hat die EU-Kommission die Macht Handelsabkommen mit ausländischen Staaten zu verhandeln, aber sie kann EU-Unternehmen nicht dazu zwingen in diesem oder jenem Ausmaß in den USA zu investieren oder Energie in den USA zu kaufen. Die österreichische OMV hat diesen Zusammenhang schon am Donnerstag festgehalten, dass sie nicht gedenkt ihre Energie-Einkäufe an Zurufen der EU-Kommission zu orientieren, sondern beabsichtigt die eigene Förderung auszubauen oder dort einzukaufen, wo es am günstigsten ist. Die OMV wird mit dieser Haltung wohl nicht alleine bleiben, d.h. selbst diese Vereinbarung mit den Amerikanern wird der EU-Kommission um die Ohren fliegen und wir werden den Schaden haben.
Ihre mehr als bescheidenen Leistungen sind für die EU-Kommission aber kein Anlass bescheiden zu werden. Ein jüngst bekannt gewordener Rechnungshofbericht hat offenbart, dass die Zahl der Bediensteten der EU-Kommission in den Jahren 2019-2024 um 192% auf 60.000 angewachsen ist. Auch der EU-Budgetentwurf für die Periode 2028 – 2034 zeigt, dass es EU-Kommission vor allem um eines geht: noch mehr Geld und Macht – natürlich alles auf unsere Kosten.
Die EU-Kommission schlägt vor, dass das EU-Budget für die Periode 2028 – 2034 satte 2.000 Milliarden Euro betragen soll. Im Vergleich zu den 1.200 der Vorperiode wäre das eine Steigerung von ca. 7,6 % pro Jahr, damit würde das Budget der EU viel stärker als die Wirtschaft wachsen. Hinzukommt, dass die EU-Kommission die Ausgaben für die Landwirtschaft, die derzeit 50% der EU-Ausgaben ausmachen, halbieren will. Auch für die derzeit zweitgrößte Position, die Regionalförderungen, will die EU-Kommission weniger ausgeben, wobei die Mitgliedstaaten mehr Freiheit haben sollen, nationale Zuschüsse zu vergeben. Insgesamt will sie deutlich weniger an fixe Ausgaben gebunden sein, sondern deutlich mehr Geld (mehr als 700 Mrd.) nach eigenem Ermessen ausgeben: für Verteidigung, die Ukraine, Wettbewerbsfähigkeit und geopolitische Ambitionen. Mitgliedstaaten sollen noch mehr als bisher nur dann EU-Mittel erhalten, wenn sie den politischen Vorgaben der EU-Kommission folgen (schon in den letzten Jahren wurden Gelder für Polen und Ungarn blockiert). Die EU-Kommission würde auch gerne einen deutlich größeren Teil der Einnahmen aus eigenen Steuern lukrieren, um zukünftig weniger von den Zahlungen Mitgliedstaaten abhängig zu sein.
Österreich spart – Brüssel kassiert
Wenig überraschend kam aus vielen Mitgliedstaaten massive Kritik. Bundeskanzler Stocker hat völlig korrekt, aber eher zurückhaltend formuliert, dass es nicht sein könne, dass wir in Österreich Einsparungen vornehmen müssen, aber deutlich mehr Geld der EU überweisen sollen. Dem neuen EU-Budget müssen das EU-Parlament und jeder Mitgliedstaat zustimmen. Falls innerhalb der kommenden zwei Jahre zu keiner Einigung käme, so würde das alte Budget fortgeschrieben. Das wäre für die Nettozahler (Österreich, Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Italien, Schweden, Dänemark, Finnland und Irland) kein Beinbruch, denn für die Nettozahler sind Budgetausdehnungen ein Verlustgeschäft, für die EU-Kommission hingegen wäre eine Nicht-Einigung schmerzhaft. D.h. für Nettozahler wie Österreich ist es attraktiv, hart zu verhandeln, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Da jeder Mitgliedstaat den Budgetbeschluss blockieren könnte, haben kleine Mitgliedstaaten wie Österreich auch die Chance EU-Vertragsänderungen durchsetzen, die sie normalerweise nie durchsetzen könnten. Klarerweise wird man sich nicht mehr Feinde machen als nötig, deshalb ist es klug sich Verbündete für die eigenen Forderungen zu suchen, wobei die Verbündeten bei unterschiedlichen Themen durchaus unterschiedliche Staaten sein können.
Es ist wohl im Interesse der Nettozahler, dass das Budget nicht allzu sehr ausgedehnt wird. Viele Mitgliedstaaten werden wohl ein Interesse daran haben, dass die EU-Kommission nicht noch mehr an Macht gegenüber den Mitgliedstaaten gewinnt, d.h. der Wunsch der EU-Kommission mehr eigene Steuern einheben können und Gelder an Mitgliedstaaten blockieren zu können, die nicht ihren Vorgaben folgen, dürfe wohl auf breite Ablehnung stoßen.
Bei vielen Staaten dürfte wohl auch der Vorstoß unbeliebt sein, dass die EU zwar weiterhin im Detail die Agrarpolitik vorschreiben, aber diese nur mehr zum Teil bezahlen will. Der Königsweg wäre wohl die umfassende Renationalisierung der Agrarpolitik. Als Vorbild könnte hier die EFTA dienen: die EFTA (der gemeinsame Markt der Schweiz, Liechtensteins, Norwegens und Islands) hat zwar einen gemeinsamen Markt für Industriegüter, aber keine gemeinsame Agrarpolitik. Die gemeinsame Agrarpolitik der EU ist ein planwirtschaftlicher Irrsinn, der die Bauern zu Bittstellern und Subventionsempfängern degradiert und viele Bauern ins wirtschaftliche Aus getrieben hat. Sie ist extrem betrugsanfällig, sie benötigt eine gewaltige Bürokratie, sie macht die EU weder wohlhabender, noch wettbewerbsfähiger.
Kaum eine Politik der EU belastet die Mitgliedstaaten so sehr wie die ultralockere Asyl-Politik, die zu einer massiven Asyl-Zuwanderung führt, besonders geschädigt sind Staaten an den Außengrenzen und Staaten wie Österreich mit großzügigen Sozialsystemen, die besonders viele Asyl-Migranten anziehen. Die Niederlande haben diesbezüglich bereits einen Ausstieg (juristischer Fachbegriff: „Optout“) aus dem Asyl-Recht der EU gefordert, dieses wäre wohl auch für Österreich etliche andere Staaten interessant.
Bemerkenswert ist, dass die EU die Militärausgaben massiv erhöhen will, obwohl diese parallel dazu auch seitens der NATO massiv erhöht werden. Abgesehen von den beiden neutralen EU-Mitgliedstaaten Österreich und Irland sind alle anderen EU-Mitglieder auch Mitglieder der NATO. Die Österreich und Irland könnten nun mit Hinweis auf ihre Neutralität argumentieren, dass Verteidigung, Geopolitik und die Unterstützung der Ukraine in der NATO angesiedelt sein sollten. Alternativ dazu könnten Österreich und Irland auch ein Optout aus der gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik fordern, man könnte so Konflikte mit der in den jeweiligen Verfassungen verankerten Neutralität vermeiden und gleichzeitig den anderen nicht im Weg stehen.
Insbesondere kleine wohlhabende Mitgliedstaaten wie Österreich kommen in der EU massiv unter die Räder: sie müssen immer mehr einzahlen und sie bekommen als Gegenleistung immer mehr belastende Vorschriften zurück. Sie können ihre Interessen nicht durchsetzen, weil bei Mehrheitsentscheidungen über sie drübergefahren wird und EU-Vertragsänderungen die Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten erfordern. Die alle 7 Jahre stattfindenden EU-Budgetverhandlungen sind faktisch die einzige Chance, um den Spieß umzudrehen. Die Bundesregierung ist gefordert, Verhandlungsziele zu definieren, daraus eine Verhandlungsstrategie abzuleiten und für diese Verbündete in den anderen Mitgliedstaaten zu suchen.
Man wird sehen, wie entschlossen die österreichische Bundesregierung EU-Reformen und ein besseres Budget verhandeln wird. Eine noch größere Verhandlungsmacht hätte Österreich nur im Vorfeld einer Volksabstimmung über einen Öxit (EU-Austritt Österreichs), insbesondere wenn gleichzeitig noch weitere Staaten Austrittsreferenden abhalten würden. 1994 wurde uns eine viel bessere EU versprochen als die, die wir jetzt haben. Die Österreicher sollten das Recht erhalten, nach mehr als 30 Jahren EU-Mitgliedschaft darüber abzustimmen, ob sie diese noch wollen.
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