Christian Ortner: Wie gefährlich ist die FPÖ wirklich?
Es gibt gute Gründe, der FPÖ sehr kritisch gegenüberzustehen, aber dass sie die Demokratie gefährdet, ist kein Grund dafür, der irgendwie belegbar wäre, meint exxpress-Kolumnist Christian Ortner – und ortet ganz andere Gefahren für unsere freiheitliche Rechtsordnung.
In den letzten Monaten ist ja viel in den Medien darüber diskutiert worden, ob unsere freiheitliche Demokratie in Gefahr ist angesichts des Umstands, dass sowohl die FPÖ in Österreich als auch die AfD in Deutschland die einzigen Parteien sind, die sich über eine bemerkenswert steigende Zustimmung der Wählerinnen und Wähler freuen können.
Ich persönlich finde ja ziemlich viel an der FPÖ problematisch, aber dass diese Partei eine Gefahr für die Demokratie sein soll, mag sich mir nicht so recht erschließen. Weder in ihrer Programmatik noch in dem, was ihre Spitzen sagen oder gar tun, findet sich irgendein Hinweis auf Pläne, die Demokratie abzuschaffen und Herrn Kickl zum Großen Diktator zu machen.
Ganz abgesehen davon ist ja bekannt, dass ein gewisser Bruno Kreisky der erste österreichische Spitzenpolitiker war, der die damals noch viel, viel problematischere FPÖ zuerst durch entsprechende Änderungen des Wahlrechts politisch gestärkt und anschließend zu seinem Regierungspartner gemacht hat. Wenn aus der SPÖ heute also die Unterstellung kommt, die FPÖ sei eine Gefahr für die Demokratie, dann muss sie sich schon die Frage gefallen lassen, warum die SPÖ-Ikone Kreisky das offenbar wesentlich entspannter sah.
Eine Frage des Schmerzes
Aber das ist Geschichte, geschenkt. Wer heute der Meinung ist, die FPÖ müsse von der Macht ferngehalten werden, wird dieses Ziel freilich nicht dadurch erreichen, indem die FPÖ, wie heute üblich, als »demokratiegefährdend« und damit als mehr oder weniger nationalsozialistisch verunglimpft wird. Ganz im Gegenteil: Diese Botschaft signalisiert dem aus irgendeinem Grund sehr unzufriedenen Wähler, eine Stimme für die FPÖ sei der größtmögliche Schmerz, der den Regierenden zugefügt werden kann – und genau deshalb wird die FPÖ dann eben (auch) gewählt.
Ich meine: Wer ernsthaft der FPÖ das Wasser abgraben will, muss als politisch Verantwortlicher dafür sorgen, dass nicht Abertausende junge Männer aus Afghanistan oder Syrien ins Land kommen, die in erheblichem Umfang den Sozialstaat belasten und von denen einige wenige dann hier schwere und schwerste Straftaten begehen – die Fälle gerade aus jüngster Zeit sind bekannt. Das würde den Wähler und vor allem die Wählerin beeindrucken, der Rest ist Larifari.
Gerechtigkeits- & Klima-Keule
Wirklich gefährdet erscheint mir unsere freiheitliche Demokratie freilich von einer ganz anderen Seite: nämlich der von Tag zu Tag zunehmenden Tendenz, den Bürgern vorschreiben zu wollen, wie sie ihr Leben gestalten sollen, was sie noch dürfen und was sie nicht mehr dürfen. Getrieben wird diese Tendenz natürlich vor allem vom linken und grünen Teil des politischen Spektrums, aber die Seuche infiziert auch immer wieder konservative und rechte Politiker.
Es sind zwei vermeintlich hehre Ziele, die oft als Vorwand dienen, den Bürger immer mehr zu bedrängen: der Kampf gegen den Klimawandel und jener für mehr “Gerechtigkeit”. Nicht zufällig sind beides Ziele, für die besonders jüngere Menschen leicht zu entflammen sind; man kann es ihnen auch nicht verübeln.
Und so wird, wenn alles nach Plan läuft, bekanntlich ab 2035 verboten sein, Autos mit Verbrennermotor zuzulassen. Doch neuerdings wird in der EU überlegt, noch einen Schritt weiter zu gehen und auch die Reparatur von Verbrennern zu verbieten, wenn sie älter als fünfzehn Jahre sind und es sich nicht um Kleinreparaturen handelt.
Man muss sich das einmal vorstellen – ein Staat, der seinen Bürgern vorschreibt, welche Autos er reparieren darf und welche nicht. Mit bürgerlicher Freiheit hat das nur mehr am Rande zu tun.
Alte vergiften, warum denn nicht?
Genauso wie eine Idee, die seit einiger Zeit vor allem im grünen Milieu die Runde macht und darauf abzielt, ältere Menschen dazu zu nötigen, aus ihren oft relativ großen Wohnungen oder Häusern auszuziehen, um die Wohnungsnot zu bekämpfen.
Unter dem höchst empathischen Titel “Oma soll umziehen” beschäftigte sich etwa unlängst die Süddeutsche Zeitung mit der Angelegenheit, und der Autor wusste auch gleich, wie man das erzwingen könnte: “Wer für sich selbst in Anspruch nimmt, in einem angespannten Wohnungsmarkt auf zu vielen Quadratmetern zu leben, muss dafür auch zur Kasse gebeten werden können. Möglich wäre eine ›Alleinwohnsteuer‹, die ab einer Regelgröße anfällt und sich steigert, je mehr Wohnraum man besitzt.”
Und als Nächstes verbieten wir Vermögen
Einfach die Alten in ihren großen Wohnungen zu vergiften, würde zwar mit einem Schlag noch viel mehr Wohnraum frei machen – aber vorerst, wir sind ja nicht so, genügt es ja, ihnen so viel “Alleinwohnsteuer” abzuknöpfen, dass sie ausziehen, weil sie sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können. Eine wirklich zutiefst humane Idee.
Originell auch, was die deutsche Spitzenkandidatin der Linkspartei, Carola Rackete, jüngst zu Protokoll gegeben hat: Die vor allem durch ihre Rolle als Schiffs-Taxlerin bekannt gewordene junge Frau, die Migranten von den Schlepperbooten im Mittelmeer an Land gebracht hatte, meinte unlängst in einem Interview: “Ich persönlich wüsste nicht, warum jemand mehr als zwei Millionen Euro Privatvermögen brauchen sollte.” Das soll durch eine Vermögensgrenze erzwungen werden, bekanntlich ein in freiheitlichen Demokratien völlig üblicher Mechanismus.
Man kann all diese und Dutzende andere Beispiele, die sich nahezu täglich den Medien entnehmen lassen, natürlich als irrelevante Spinnereien ohne Wirklichkeitsbezug abtun, aber das sollte man nicht. Denn hier wird laufend der Korridor dessen, was gleichsam Teil einer normalen demokratischen Diskussion ist, immer weiter nach links verschoben. Mit der Folge, dass heute über Vorschläge diskutiert wird, für die man noch vor einiger Zeit mit einem Erwachsenenvertreter versehen worden wäre.
Man kann da natürlich anderer Meinung sein – aber ich halte diese Tendenz für wesentlich gefährlicher als eine allfällige Teilhabe der FPÖ an der Regierung.
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