Daniela Holzinger: PRW - Wie werde ich sie los - in 23 Tagen?
In der Sozialdemokratie brodelt es. Immer mehr Genossen ventilieren im offenen Protest gegen Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Doch wie wird man PRW los, ohne der Partei noch mehr zu schaden und auch die kommenden Wahlen in den Sand zu setzen? eXXpress Kolumnistin Daniela Holzinger denkt laut.
Was war da eigentlich los? Aus heutiger Sicht scheint es kaum mehr nachvollziehbar, wie es der SPÖ Mitte letzten Jahres gelingen konnte, sämtliche Wahlumfragen zu dominieren. Derart heftig, dass sogar ich mich hinreißen ließ Pamela Rendi-Wagner zur Kanzlerin in spe auszurufen und über die vermeintlich erfolgreiche Nicht-Strategie des leistungslosen Aussitzens zu resignieren.
Aber ganz im Ernst, wer waren die Leute, die zuvor ihr Kreuzerl bei türkis, grün oder gar blau machten und jetzt plötzlich ins Lager der Genossen wechselten?
Wahlforscher können uns zwar sagen, woher sie kommen und wohin sie gehen, was die Menschen aber im Inneren antreibt, welche (un-)berechtigten Erwartungen und Projektionen sie motivieren, ist kaum abschließend erfassbar.
Klar scheint jedenfalls, dass politische Visionen und Ideen zunehmend von empfundenen Enttäuschungen und geplatzten Hoffnungen als handlungsleitende Motive abgelöst werden.
Der Zusammenbruch des türkisen Traums auf der einen Seite, die lähmenden Nachwirkungen der Ibiza-Krise andererseits und Grüne im Selbstfindungs-Spagat zwischen Regierungspolitik und Oppositionsrhetorik.
Was bleibt einem da schon übrig, wenn man nicht gerade „young-urban-professional“ mit Gründerspirit, sondern vielleicht Familienmensch mit Lehrberuf und angewiesen auf einen regelnden, starken Staat ist?
Sommernachtstraum
Genau! Dann halt doch die Sozis. Da war mal was mit Kreisky hat die Oma erzählt. Urlaubsvideos gibt’s von denen auch keine und zumindest heißt die Rendi nicht Sebastian. Eine Partei, kurzzeitig als perfekte Projektionsfläche für all das, was im Land besser laufen soll. Im Ergebnis: Fast 10%-Punkte Vorsprung. Juli 2022.
Das Problem dabei: Nach dem Sommer kommt der Herbst und im Gegensatz zur politischen Vision, stehen Projektionen mit dem Faktor Zeit auf Kriegsfuß. Je länger die Realität auf sie einprügelt, je mehr inhaltsleere Überschriften entmutigen, je mehr konkrete Ansagen verschrecken, desto eher zerbricht die Idee einer Partei, die sie in Wahrheit niemals war.
Wieder wird Enttäuschung zur Triebfeder, die viele dahin zurückzieht, von wo sie einst ausbrachen: „Sind eh alle gleich!“ wird dann getrotzt.
Im November war er aber endgültig vorbei, der rote Sommernachtstraum und spätestens seit der verlorenen NÖ-Wahl ist wieder Katerstimmung angesagt.
Wie werde ich sie los - in 23 Tagen?
Viele wissen jetzt, was Rendi-Wagner hätte tun sollen. Nicht nur im Fußball hat Österreich 9 Mio. Teamchefs. Doch die bestehende Kritik wird prominenter und auch lauter.
Der Facebook-Hilferuf eines ehemaligen SP-Landesgeschäftsführers, der seine Chefin bittet auf eine weitere Kandidatur zu verzichten, lässt zudem auch tief blicken, wie es um die interne Demokratie der „Mitmach-Partei“ steht.
Schon lange bietet sie keine sinnvollen Foren mehr um Konflikte über Personal- und Richtungsentscheidungen im eigenen Kreise, wertschätzend und lösungsorientiert auszutragen.
Hinter den verschweißten Türen geht’s nicht mehr darum die g’scheitesten Entscheidungen für Partei und Land zu treffen, sondern einzig und allein, den Einfluss einer kleinen Clique abzusichern – zumeist auf Kosten aller anderen.
Und als wäre das nicht genug, zieht sich die „fest im Sattel“ sitzende Chefin zwar nicht vom Posten, aber zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück. Sogar Interviewanfragen von ORF ZIB und einer SPÖ-freundlichen Wiener Wochenzeitung werden abgelehnt. Statt der Bundesparteiobfrau gibt’s die Doppelseite für den Kleinstadt-Bürgermeister – und einige interessante Ideen. In Niederösterreich starten sie jetzt beispielsweise einen Reformprozess – nach dem Wahldebakel.
Der Rest der Partei aber frägt sich: „Wie werde ich sie los – in 23 Tagen?“
Schon am 5. März drohen nämlich die Kärtnerinnen und Kärntner ihrem Ärger bei der Landtagswahl Luft zu machen. Aktuelles Gebot: -6% Punkte.
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