Zum Schluss wurde es noch etwas gefährlich. Statt Pamela Rendi-Wagner, die Sie in all den Jahren Schritt für Schritt abmontiert haben, hieß der Konkurrent plötzlich Andreas Babler. Der hat sich aber auf den letzten Metern mit seinen Extrempositionen mehr oder weniger „verblablert“. Den Marxismus anhimmeln und die EU verteufeln, das war für viele SPÖ’ler dann doch weit übers Ziel hinausgeschossen. Auf einmal wirkten Sie ohne Zutun wie ein gestandener Sozialdemokrat, waren für viele über Nacht der Berechenbarere und holten somit den Sieg.

Jetzt werde ich sicher nicht in jenen Chor einstimmen, der Sie über Ihre Stimme definiert und Ihnen deshalb weder den Parteivorsitz noch die Spitzenkandidatur bei der nächsten Nationalratswahl zutraut. Das zu tun, finde ich letztklassig. Egal, wie leise oder wie laut Politik gemacht wird, man wird Sie an Ihren Taten messen. Zu tun haben Sie jedenfalls ab heute genug.

Beginnen wir mit der SPÖ. Um die aufgerissenen Gräben zuzuschütten und die Partei wieder zu einen, werden Sie viel Zeit und Engagement brauchen. Das Bild, das die gesamte Sozialdemokratie uns Österreichern zuletzt geboten hat, war desaströs und lässt viele im Land daran zweifeln, ob man euch in Zukunft noch das Kanzleramt anvertrauen soll. Es war teilweise sogar zum Fremdschämen. Was da gegenseitig vorgeworfen und unterstellt wurde. Es machte sprachlos und befeuerte den Trend, dass immer mehr Menschen der Politik den Rücken kehren. Dafür waren auch Sie mitverantwortlich. Dieses Vertrauen müssen Sie jetzt zurückgewinnen. Im Wiener Rathaus, in der Gewerkschaft, bei den Frauen, bei den Jungen, im Babler-Lager, bei den Rendi-Wagner-Getreuen. In der gesamten SPÖ!

Sollten Sie das hinbekommen, dann haben Sie auf dem Weg ins Kanzleramt noch weitere große Brocken vor sich. Sie müssen den Menschen im Land erklären, was Sie besser machen als die anderen. Wie mit Ihnen die Inflation sinkt. Wie Sie eine günstige Energieversorgung ohne russisches-Gas garantieren. Wie sie das Pensionssystem und gute Pflege für alle sichern. Wie Sie die illegale Migration in den Griff bekommen, ohne die Willkommensklatscher in Ihrer Partei zu verstören. Und vor allem: Wie Sie jene im Land stärken, die Tag für Tag etwas leisten. Wie Sie den Wohlstand in Österreich erhalten wollen, ohne Klassenkampf und Parolen, die Investoren und Unternehmen nur vertreiben würden. Es liegt viel Überzeugungsarbeit vor Ihnen!

Von einem Versprechen sollten Sie sich allerdings zügig verabschieden. Für eine Mehrheit im Land und die Eroberung des Kanzleramtes werden wohl Neos und Grüne zu wenig sein. Die Abgrenzung zu ÖVP und FPÖ, ja sogar die Ankündigung, nach der Wahl mit Grünen und Pinken koalieren zu wollen, war Ihr erster strategischer Fehler. Die Grünen beweisen schon jetzt in einer Zweierkoalition, dass mit ihnen kein Staat zu machen ist. Wie mühsam wird es erst, wenn drei Parteien im Koalitionsbett liegen und am Regierungstisch sitzen? Sie, mit Maurer, Gewessler, Meinl-Reisinger, Krisper usw. Pfuh….

Noch können Sie Ihren Kurs korrigieren. Verfallen Sie nicht dem Traum vieler Genossen, dass Österreich endlich von einer linken Mehrheit im Land regiert wird. Das wird nicht eintreten und entspricht nicht jenem Dosko, für den Sie viele halten.

 

Herzlichst

Ihr Exxpressicus