Hans Harrer: Der gefährliche Selbstbetrug der österreichischen Politik
Österreich lebt über seine Verhältnisse – und tut so, als sei das normal. Seit Jahren steigen die Staatsausgaben schneller als die Einnahmen. Reformversprechen werden kaum eingelöst. Defizite werden schöngeredet, Verschuldung verharmlost. Es handelt sich nicht nur um ein finanzielles, sondern auch um ein kulturelles Problem.
Franz Schellhorn von der Agenda Austria bringt es auf den Punkt: Der Staat nimmt genug ein, gibt aber zu viel aus. Das Problem liegt nicht bei den Einnahmen, sondern an fehlender Priorisierung und dem mangelnden Willen zur Verantwortung. Die Politik verdrängt – und mit ihr ein großer Teil der Gesellschaft.
Die Folge ist ein gefährlicher Schulterschluss. Bürger fordern staatliche Leistungen, die längst nicht mehr finanzierbar sind. Die Politik liefert – auf Pump. Wer dagegenhält, gilt als unsozial. So entsteht ein Teufelskreis: Die Erwartungen steigen, die Finanzierung wackelt, die Schulden wachsen – und die Realität wird systematisch ignoriert.
Der Staat verwaltet mittlerweile den Mangel. Milliarden versickern in ineffizienten Strukturen, Doppelgleisigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sowie in Bürokratien, die sich selbst rechtfertigen. Statt echter Reformen gibt es Placebos und Alibidebatten. Gestaltung wird durch Flickwerk ersetzt, Entscheidungen werden vertagt.
„Dieses System ist nicht tragfähig"
Der SENAT DER WIRTSCHAFT warnt seit Jahren: Dieses System ist nicht tragfähig. Höhere Steuern lösen keine Probleme – sie sind ein Symptom der Reformverweigerung und vertreiben die letzten Gestalter. Was Österreich braucht, ist ein Staat, der sich zurücknimmt und wie ein Unternehmen agiert: mit klarer Kostenwahrheit, Effizienz und Ergebnisorientierung. Wer ständig über Gerechtigkeit spricht, aber Leistung verschweigt, verliert den wirtschaftlichen Kompass.
Besonders problematisch ist der gelebte Föderalismus. Länder und Gemeinden geben Geld aus, das sie nicht haben – in der sicheren Annahme, dass der Bund einspringt. Eine No-Bailout-Regel existiert faktisch nicht. Verantwortung wird zur Illusion, Konsequenzen bleiben aus. So wird systematisches Versagen zur Normalität, und niemand hat einen Anreiz, es zu ändern.
Zugleich werden die Gestalter, der Mittelstand mit Bürokratie stranguliert. Unternehmen verlieren Zeit und Energie in einem Dschungel aus Vorschriften, Formularen und Verfahren, der jede Dynamik abwürgt. Und der Staat wächst weiter – ineffizient, träge, teuer.
Was Österreich jetzt braucht, sind mutige politische Entscheidungen. Eine verlässliche Ausgabenbremse mit automatischem Korrekturmechanismus. Eindeutige Verantwortlichkeiten und Haftungsregeln für alle Gebietskörperschaften. Einen Staat, der sich zurücknimmt und eine politische Kultur, die Mut statt Angst belohnt – Mut zu Reformen, zu klaren Entscheidungen und zu unbequemen Wahrheiten.
Das Problem liegt nicht auf der Einnahmenseite – es liegt auf der Ausgabenseite. Jeder verweigerte Reformschritt vergrößert nicht nur das Budgetloch, sondern auch das Misstrauen in die Politik. Das System ist bereits gekippt, die Innovationskraft schwindet, die Deindustrialisierung in vollem Gang: Unternehmen, Talente, Jugend wandern aus und werden so schnell nicht zurückkommen!
Zeit für Verantwortung
Der SENAT DER WIRTSCHAFT steht für weniger Staat und mehr unternehmerisches Denken in der Politik: für Eigenverantwortung, Leistung, Transparenz und Effizienz. Wer glaubt, Wohlstand auf Schulden bauen zu können, ignoriert nicht nur die ökonomische Realität, sondern gefährdet die Freiheit kommender Generationen.
Österreich braucht einen tiefgreifenden Kulturwandel. Weg von der Bequemlichkeit, hin zu echter Verantwortung. Weg vom Verwalten, hin zum Gestalten. Und vor allem: Weg vom Selbstbetrug.
Ein Staat, der wirtschaftet wie ein Fass ohne Boden, braucht sich über Vertrauensverlust nicht zu wundern – er hat ihn selbst verursacht.
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