Kolumne Bernhard Heinzlmaier: Ist Walter Rosenkranz rechtsextrem?
In seinem Buch „Die fröhliche Wissenschaft“ denkt Friedrich Nietzsche über die Wirkung der Sinnlichkeit auf die menschliche Erkenntnis nach. Früher hatten die Philosophen Furcht davor, durch sinnliche Erfahrungen von der reinen Erkenntnis abgelenkt und auf ein unernstes und frohsinniges „gefährliches südliches Eiland weggelockt zu werden“. Bis zum heutigen Tag gilt übrigens im Islam, dass Musik „Sirenen-Musik“ ist, die den Menschen der Tugend entfremdet und zur Wollust verleitet. Die den Sinnen zugeschriebene Gefährlichkeit führte bei Platon zu einem Denken, das mit „Wachs in den Ohren“ betrieben wurde. Sinneslust durfte die vernünftige Erkenntnis nicht beschädigen und sollte deshalb von den Menschen ferngehalten werden. Insbesondere Musik war Platon unheimlich. Aber schon Nietzsche sah eine Trendumkehr aufziehen und auch diese hielt er für gefährlich. So beklagte er, dass die modernen Philosophen die Furcht vor den Sinnen verlernt hätten. Und er stellte fest: „Wir sind heute allesamt Sensualisten, wir Gegenwärtigen und Zukünftigen, nicht der Theorie nach, aber der Praxis, der Praktik.“
Ein emotionalisierender Bildersturm lähmt die Vernunft
Aus der gegenwärtigen Jugendsoziologie kommen ganz ähnliche, warnende Stimmen, die zur Vorsicht vor einem sich ausbreitenden Sensualismus warnen. Vor allem Jugendliche seien durch Bildmedien zu Augenwesen geworden, ein „Denken mit den Augen“ mache sich breit, die Vernunft verliere sich selbst im Spektakel flimmernder Bilder, die sich über omnipräsente Monitore verbreiten. Die Folge ist, dass die überlieferte diskursive Kommunikation unter die Räder kommt. An deren Stelle treten präsentative Formen der Verständigung, statt Argumenten werden sinnenbetörende Bilder ausgetauscht. Wo es früher um Überzeugung ging, regiert heute die Verführung mit realen oder sprachlich ausgelösten inneren Bildern. Der vernünftige Diskurs wird in der Politik von flüchtigen Bildern, inkonsistenten und unscharfen Slogans und Losungen, verwirrenden Oxymora – typisch dafür ist der „Friedenspanzer“, der in die Ukraine geschickt wird – und Übertreibungen, jeder abweichenden Ansicht wird sogleich eine Nähe zum Nationalsozialismus unterstellt, gelähmt. Wo früher die Vernunft präzise Erkenntnisse hervorbrachte, gebiert heute eine hysterische Unkenntnis faschistische Monster am laufenden Band.
Die Nazis sind immer und überall
So habe ich in den letzten Wochen gelernt, dass das Eintreten für die direkte Demokratie ein Zeichen des neu aufkeimenden Faschismus ist. Oder, dass das Lesen von Büchern des Autors Oswald Spengler eine nationalsozialistische Gesinnung anzeigt, obwohl der 1936 verstorbene Autor gegen die Nationalsozialisten auftrat und insbesondere deren Rassentheorie kritisierte. Trotzdem ist er Wegbereiter Hitlers gewesen, so liest man zumindest auf der allwissenden Plattform Wikipedia, auf der durchgehend Meinungen als Wahrheiten verkauft werden. Besonders eindrucksvoll in diesem Kontext war auch einer der immer verstörender werdenden Auftritte des grünen Parteivorsitzenden Werner Kogler im Parlament, in dem dieser den Verwendern der Worte „Volk“ und „Volkskanzler“ eine Komplizenschaft mit dem Faschismus unterstellte. Mit einem, von einer übermächtigen stoffgebundenen Sucht getriebenem, Furor brüllte er ins parlamentarische Auditorium hinein, dass es von der Verwendung des Wortes „Volk“ nicht weit zum antidemokratischen Prinzip „ein Volk, ein Reich, ein Führer“ wäre. Man konnte sehen, dass einem Großteil der Zuhörerschaft, ob dieses hanebüchen konstruierten Zusammenhangs, die Kinnlade bis zum Brustbein hinunterfiel. Könnte man Werner Kogler noch ernst nehmen, müsste man hier über das Delikt der Volksverhetzung nachdenken. Aber das tut schon längst keiner mehr. Man wird ihn wohl weiter krakeelen lassen, weil er sich irgendwann einmal Verdienste um die grüne Partei erworben hat. Eine traurige Figur in ihrer finalen politischen Lebensphase. Was heute in der Politik mit den Worten „rechtsextrem“ und „Faschismus“ getrieben wird, ist wahrlich nicht vernünftig. Es entspringt gedankenverlorenen emotionalen Anfällen oder den sprachlichen Waffenarsenalen gewissenloser PR-Agenturen, die die gezielte Rufschädigung zum Mittel des politischen Diskurses eingeführt und normalisiert haben. Am schlimmsten sind PR-Manager, die ihr Handwerk in Amerika, zum Beispiel bei den Kampagnenteams von Hillary Clinton oder Barack Obama gelernt haben. Sie sind jeglicher Moral entkleidet, alleine beherrscht vom kalten amerikanischen Pragmatismus, dem jedes Mittel recht ist, wenn es am Ende zum Wahlsieg führt.
Rosenkranz im Fadenkreuz des hysterischen Links-Wokismus
In das Fadenkreuz von gewissenlosen, in hysterischen amerikanischen Anti-Trump-Kampagnen trainierten links-woken Spezial-Aktivisten, ist nun Walter Rosenkranz geraten. In Deutschland, wo schon viele aus dem Kreis dieser Leute tätig sind, wird gerade eine Hetzkampagne gegen die AfD gefahren, die schon zu gewalttätigen Übergriffen gegen AfD-Funktionäre geführt hat. Wie man bei den beiden Attentaten gegen Trump gesehen hat, finden sich, wenn das Klima gezielt hysterisiert wird, einzelne Verrückte, die die mediale Hetze als Aufruf zur direkten Aktion verstehen. Die Täter kommen in unseren Breiten aus dem Kreis der Antifa, einer anarchistischen und staatsfeindlichen linksradikalen Straßenkampftruppe. Dass ab und an dann ein AfD-Funktionär mit eingeschlagenem Schädel zurückbleibt, wird in Kauf genommen. Kern der Anti-AfD-Kampagnen sind die Forderung, die Partei zu verbieten und der systematische Ausschluss von AfD-Mandataren von parlamentarischen Funktionen. Dieser antidemokratische Trend greift nun auch auf Österreich über. Dementsprechend wollten die immer mehr nach links abdriftenden Grünen und Roten die Wahl von Walter Rosenkranz zum Parlamentspräsidenten verhindern, obwohl diese Funktion seit den Anfängen der 2. Republik immer der stimmenstärksten Partei zugesprochen wird. Nachdem Traditionen und kulturelles Erbe unter Linken sowieso als faschistischer Vergangenheitsmüll gelten, sind sie schnell damit bei der Hand, alte Sitten auf den Abfallhaufen der Geschichte zu befördern. Mit der Polemik gegen das Kreuz im Klassenzimmer beginnt es, um bei der Aussetzung überlieferter demokratischer Gepflogenheiten zu enden.
Und gemessen wird immer mit zweierlei Maß
Es ist klar, dass Walter Rosenkranz, der ein Demokrat und, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, ein sympathischer und volkstümlicher Mensch ist, in den nächsten Wochen der permanenten Verfolgung ausgesetzt sein wird. Die erste hysterische und gezielt hochgespielte Erregung, wird gerade anlässlich des bevorstehenden Besuches des EU-Ratsvorsitzenden Orbán inszeniert. Als untrügliches Zeichen dafür, dass Rosenkranz rechtsextrem sei, gilt seine Einladung des EU-Ratsvorsitzenden und ungarischen Ministerpräsidenten ins Parlament. Solche Anwürfe kommen aus einer Partei, deren Vorsitzender in seinem Heurigenbetrieb die Weinsorte „Comandante“ zu Ehren von Fidel Castro, dem blutigen kubanischen Diktator, abgefüllt und verkauft hat. Hier zeigt ein linker Antifaschismus sein wahres Gesicht. Er misst mit zweierlei Maß. Ein Demokrat wird als Faschist etikettiert, einem sexistischen und rassistischen Massenmörder wird gehuldigt. Und was ist die Moral der Geschichte? Ganz einfach. Alles, was dem Ziel der Weltrevolution im kleingeistigen Krähwinkel dienlich erscheint, das ist erlaubt. Auch, wenn es ein gewalttätiger homophober Machismo oder der demokratieverachtende, venezolanische Staatsbürokratismus ist.
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