Christian Ortner am Dienstag: Hauptsache links oder grün
Wenn es um Themen wie „Soziale Gerechtigkeit“, die berühmte „Einkommensschere“, Steuerpolitik, Reichtum oder auch den Klimawandel, die Migrationskrise oder das Verhältnis der Geschlechter zueinander geht, beschleicht sehr viel Konsumenten der hiesigen Medien immer öfter der Eindruck, die allermeisten Journalisten seien politisch eher dem linksgrünen Segment zuzuordnen.
Der Eindruck stimmt mit der Realität durchaus überein. Klassische rechte, konservative oder auch liberale (aber wirklich liberal, nicht so wischiwaschi liberalala) Ansichten sind in der deutschsprachigen Publizistik eher die Ausnahme als die Regel. Der Mainstream blinkt rot, rötlich und grün.
Was insofern bedauerlich ist, als damit den Medienkonsumenten eine Art von intellektueller Mangel-Ernährung zugemutet wird, gerade so, als stünde jeden Tag nur Fleisch und Knödel, selten hingegen Obst und Gemüse auf der Speisekarte. Und das schwächt wohl auch die Medien selbst, die für zu viel potentielle Kunden kein passendes Meinungs-Menü bereithalten.
Bestes Beispiel ORF
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Studien, die das belegen. Erst jüngst hat eine Umfrage unter besonders jungen Mitarbeitern der ARD ergeben, 57 Prozent würden die Grünen wählen, 23 Prozent die Linke, die CDU würde es nicht mal über die 5-Prozent-Hürde schaffen. Schon zehn Jahre zuvor hatte die FU Berlin in einer Studie Grüne und SPD unter den Journalisten weit vorne, FDP und CDU unter ferner liefen verortet. Und erst vor wenigen Wochen legte der Leipziger Kommunikationswissenschaftler Christian Hoffmann eine detaillierte Analyse zum Thema vor, sein Schluss: „Eine deutliche Mehrzahl der Journalisten ist links der Mitte positioniert, und beim Publikum wird diese Haltung durch eine entsprechende asymmetrische Unzufriedenheit gespiegelt. Das heisst, auf der politischen Rechten ist die Unzufriedenheit mit dem massenmedialen Angebot deutlich grösser als links der Mitte.“ (NZZ, 17.2.2021)
Besonders adressiert der Medienprofessor seine Kritik an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. „Die Kritik, die Konservative und Liberale am öffentlich-rechtlichen Rundfunk äußern, ist nachvollziehbar,“ meint er, „Es gibt den Anspruch des Publikums auf eine ausgewogene Berichterstattung, und es gibt Journalisten, die selbst noch einmal links der ohnehin eher linken journalistischen Mitte stehen. Ich glaube auch, dass der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk bei der Adressierung dieses Problems dem europäischen Ausland hinterherhinkt. In Skandinavien oder in Großbritannien wird beispielsweise sehr intensiv darüber nachgedacht, wie man konservative und liberale Positionen in den Programmen berücksichtigen kann. Diese Debatte findet bei uns bis jetzt nicht statt.“
Wer gelegentlich das Informationsangebot des ORF, vor allem in wirtschaftspolitischen Fragen, in Anspruch nimmt weiss: das Problem ist hierzulande noch viel Größer.
Primat der Haltung überwiegt Fakten
Und: das Problem nimmt leider seit geraumer Zeit auch noch deutlich zu. Denn innerhalb des Journalismus, und da vor allem der jüngeren Medienschaffenden, tritt zunehmend das Primat der Haltung gegenüber den bloßen Fakten in den Vordergrund. Ausgehend von den USA – und da vor allem dem Flaggschiff „New York Times“ – schwappt diese Mentalität gerade nach Europa, im deutschen Sprachraum ist sie schon voll angekommen.
In der Praxis bedeutet das: der Journalist berichtet nicht nur über den Gegenstand seines Interesses, er muß auch die richtige Haltung dazu an den Tag legen; etwa beim Klimawandel, der „Black-Lives-Matter“-Bewegung oder in der Zuwanderungs-Problematik.
Polit-Aktivismus statt Journalismus
Früher hätte man das wohl Propaganda oder Polit-Aktivismus genannt. Dass sich dies, als Journalismus nur notdürftigst verkleidet, von Jahr zu Jahr schlechter verkauft, wie die sinkenden Auflagen und Reichweiten der einschlägigen Publikationen belegen, mag all jenen ein Trost sein, die dergleichen Linksgrünen Einheitsbrei nicht goutieren.
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