Kolumne Eva Schütz: ÖGB und Wirtschaftskammer: Kommt die Rückkehr der Schattenregierung?
Sie gelten als die mächtigen Organisationen im Hintergrund und werden auch als Schattenregierung bezeichnet. Ohne sie ging über Jahrzehnte nichts im Land, bis sie in den vergangenen Jahren an Macht und Einfluss verloren haben. Nach der Nationalratswahl könnten sie ein Comeback feiern und wieder zur alten Stärke zurückfinden. Die Rede ist von den Sozialpartnern.
Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Wirtschaftskammer (WKO) gelten seit jeher als die einflussreichsten Einrichtungen außerhalb des Regierungsapparats. Nicht selten haben diese zwei Interessensvertreter gemeinsame Sache gegen die Regierung gemacht oder sich gegenseitig massiv bekämpft und blockiert. Die rote Gewerkschaft und die schwarze Wirtschaftskammer waren auch oft für die eine oder andere Personaldebatte innerhalb ihrer Partei verantwortlich und haben dafür gesorgt, dass Führungspersonal in Regierung und Partei ausgetauscht wurde.
Es galt in Zeiten der großen Koalition aus SPÖ und ÖVP als ungeschriebenes Gesetz, dass Gewerkschaft und Wirtschaftskammer ihre Vertrauten in die Regierung entsenden und dadurch mit am Tisch der Macht sitzen und dadurch die Regierungspolitik der großen Koalitionen (mit-)bestimmen können.
Mit der Abwahl von Christian Kern als Bundeskanzler 2017 und der türkis-blauen Regierung wurde der Einfluss der Sozialpartner geringer. Direkte Vertreter saßen plötzlich keine mehr in der Regierung.
Mit den nun anhaltenden Gerüchten, dass es zu einer Neuauflage der alten großen Koalition aus ÖVP und SPÖ kommen könnte, gewinnen auch die Gewerkschaft und die Wirtschaftskammer wieder an Gewicht im politischen Betrieb des Landes. „Eine Rückkehr zu Rot-Schwarz oder Schwarz-Rot bedeutet automatisch, dass die Sozialpartner wieder an Bedeutung und Einfluss gewinnen werden“, so ein Kenner. Dies liege vor allem an der Geschichte und der Struktur beider Parteien.
So habe die Wirtschaftskammer über den Wirtschaftsbund massiv am Wahlprogramm der ÖVP mitgewirkt. Ebenso holte sich SPÖ-Chef Andreas Babler beim roten Wahlprogramm den ÖGB ins Boot, wird aus dem Umfeld beider Parteien bestätigt.
Und was bedeutet das in der politischen Realität? „Es kommt das, was wir von früher von der großen Koalition kennen. Weder die SPÖ will es sich mit der Gewerkschaft verscherzen noch die ÖVP mit der Wirtschaftskammer. Beide bilden in den jeweiligen Parteien zwei Machtblöcke und beide verfügen über ein Selbstbewusstsein im Falle einer großen Koalition wieder mitreden zu wollen“, so der Insider gegenüber dem „exxpress“.
Sollte es zur Neuauflage der großen Koalition aus ÖVP und SPÖ kommen, werde man bereits bei den Koalitionsverhandlungen anhand der Verhandlungsteams sehen können, wie einflussreich die Sozialpartner wieder sein werden. „Gewerkschaftschef Kazian und Wirtschaftskammerboss Mahrer werden sich diese Chance nicht nehmen lassen und von Beginn an mit am Verhandlungstisch sitzen“, meint ein schwarzer Kenner.
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