Moral in der Politik: Zwischen Ideal, Realität und rotem Schrebergartenidyll
Politik ist ein schmutziges Geschäft, sagt man oft. Doch ist es das wirklich? In einer Zeit, in der Skandale und ethische Verfehlungen in der politischen Arena beinahe zur Normalität geworden sind, scheint die Frage nach der Moral relevanter denn je, meint eXXpress Kolumnistin Daniela Holzinger.
Zurecht werden Politiker stets nach höchsten ethischen Standards gemessen. Sie haben das Wohl der Gesellschaft über persönliche Interessen zu stellen und im Idealfall in vollem Einklang mit den Bedürfnissen und Werten ihrer Wählerschaft zu handeln. Dass diese perfekte politische Welt an der Realität unserer Gesellschaft scheitert, ja scheitern muss – liegt auf der Hand. Es menschelt – mehr als uns recht sein darf!
Die Schrebergarten-Farce.
Bestes, weil aktuellstes Beispiel: Die rote Schrebergarten-Farce.
„Das kann doch alles nicht wahr sein!“, raunzt die geschundene Parteibasis pflichtbewusst. Endlich war er da, der neue „Messias“, nach „Werner der Kurs stimmt“, „Yes we Kern!“ und „Yes we Pam“ jetzt endlich Andreas „A woame Mahlzeit“ Babler. Volkstribun und Populist.
Einer der es wieder ernst meint mit „seinen Leuten“, sie aus der Verdammtheit, aus Armut und Knechtschaft befreit, dabei unweigerlich ein neues sozialistisches – pardon – sozialdemokratisches Jahrhundert einläutend.
Völker hört ihr denn die Signale nicht? Der Funke ist übergesprungen, das Feuer der Herzen entzunden.
„Gemeinsam beginnt jetzt“ lässt Comandante uno daher bei jeder Gelegenheit ausrichten und steht dennoch oft alleine da.
Wenngleich die Comeback-Tour nicht überall derart ins Wasser fällt wie bei Intimfeind und Erzparteifreund Hans Peter Doskozil, hält man sich mit Aufbruchsstimmung zurück. In der Partei und der (ehemaligen) Wählerschaft gleichermaßen. War seinen Amts-Vorgängern noch ein gewisser Anfangs-Hype vergönnt, haben die Chaosjahre der SP offensichtlich den letzten Rest Begeisterungsfähigkeit erschlagen. Man erwartet nichts mehr. Von niemandem.
Vielen würde es schon reichen, wenn die Partei ihre langen Arme und kurzen Beine aus diversen Fettnäpfen und Futtertrögen nehmen würde. Bitte nicht schon wieder, flehen sie…
Ein kleines Nebeneinkommen
Doch nichts da. Ein Sündenfall jagt den nächsten. „Bonze“ sein, will schließlich verdient werden. Und was lässt diese Geschichte wieder tief blicken, in die Abgründe einer ehemaligen Arbeiterpartei, in den fauligen Morast, der einst das Gewissen der Sozialdemokratie war:
Ein roter, Wiener Bezirkschef soll sein Insiderwissen genutzt haben, um sich und „seinen Leuten“ ein kleines Nebeneinkommen als Immobilienspekulanten zu verschaffen – so der arglistige Vorwurf!
Aber geh bitte! Das hätte doch vorausgesetzt, dass Bezirksvorsteher Nevrivy gewusst haben müsste, was in seinem Bezirk, wann umgewidmet wird. Unvorstellbar! Auch die Tatsache, dass weitere SP-Kommunal- und Bundespolitiker in besagter Kleingartenanlage günstig Schrebergärten (tlw. mit Seezugang) erstanden und sich nach erfolgter Umwidmung über eine Wertsteigerung von mehr als 100% freuen dürfen, ist reiner Zufall! Sonst hätten die ja miteinander reden, sich Insider-Infos zustecken müssen. Bei Mitgliedern einer Partei, alle in derselben Stadt lebend und arbeitend, doch völlig abwegig.
Auch der Gedanke, dass den ehemaligen Besitzern der Kleingärten im vollen Wissen um die baldige Wertsteigerung Gründe viel zu billig abgeluchst wurden…. Nein, sowas macht doch nur der Klassenfeind!
Aufklärung ist zu wenig!
Die Optik jedenfalls scheint fatal. Ungefähr so fatal, wie die Fakten. Kein Wunder, dass Parteichef Babler um den letzten Rest seines Images fürchtet und „volle Aufklärung“ fordert. So wie übrigens auch Wiens Ober-Genosse Bgm. Ludwig.
Als ersten Schritt wurden die mutmaßlichen Hobby-Spekulanten daher zum Rapport vor Wien-Geschäftsführerin Novak zitiert.
Ob‘s einen zweiten Schritt geben wird? Mutmaßlich nein. Aussitzen als bewährteste rote Strategie wird seinen Zweck auch diesmal erfüllen und die öffentliche Aufmerksamkeit schon bald neue Zerstreuung und Erregung finden.
Damit bleibt alles beim Alten. Ein weiteres kleines Sargnägelchen wurde ins Fleisch der „Bewegung“ und so manches Schäfchen ins Trockene getrieben.
Ach ja, nächstes Jahr wird wieder gewählt. Viel Glück Genossen, ihr werdet es brauchen!
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