Petra Steger: Kaja Kallas - Europas ungewollte Außenministerin auf Abwegen
Sie ist selbst im oft skurrilen Bürokratendschungel Brüssels ein echtes Kuriosum: Kaja Kallas, von niemandem in Europa gewählt, agiert heute faktisch als Außenministerin der EU – und zwar mit einem außenpolitischen Selbstbewusstsein, das in keinem Verhältnis zu ihrer tatsächlichen Wirkung steht.
Während in Washington, Moskau oder Peking Spitzenpolitiker mit jahrzehntelanger Erfahrung das Weltgeschehen formen, wirkt die Estin Kallas global wie eine politische Fußnote. Vielleicht legt sie genau deshalb in ihrer Rhetorik noch immer noch eine Extraladung drauf. Gänzlich undiplomatisch verbreitet die EU Chefdiplomatin Alarmstimmung bei jedem ihrer Auftritte. Für Kallas ist die Welt nicht vielfarbig sondern entweder Schwarz oder Weiss – hier die guten Europäer, dort alle, die sich dem EU Wertediktat nicht bedingungslos beugen wollen. Je weniger man sie ernst nimmt, desto schriller wird ihr Ton, das Rezept ist simpel: Wenn Substanz fehlt, ersetzt man sie eben durch Kriegsgeheul.
Ihr Lieblingsfeindbild: Russland.
Ihre Botschaft: Die EU müsse härter, lauter, kompromissloser auftreten.
Mit Russland reden? Daran hat die angebliche Diplomatin ohnehin kein Interesse, “warum mit Putin reden? Er ist ein Kriegsverbrecher” schimpft Kallas und vergisst dabei, dass es zur Aufgabe von Diplomaten gehört möglichst mit allen ausländischen Staaten zu sprechen.
Doch Kallas grösstes Problem bleibt ihre mangelnde Wirkung. Niemand folgt ihr, im globalen Süden ohnehin keiner und die Amerikaner erst recht nicht. Weswegen der Politikerin aus einem europäischen Kleinstaat wenig besser einfällt, als die EU kurzerhand zum neuen “Führer der freien Welt” auszurufen. Es wäre zum Lachen, hätte Kaja Kallas nicht die unangenehme Angewohnheit innerhalb der EU ausdauernd für neue Russlandsanktionen zu trommeln, die Russland kaum mehr interessieren, für viele Unternehmen in der EU aber zunehmend existenzbedrohend werden.
Besonders pikant wird es, wenn man einen Blick auf ihre eigene Biografie wirft. Während sie heute unermüdlich das Bild einer existenziellen Bedrohung durch Russland zeichnet, sieht ihre persönliche Realität anders aus:
Ihr eigener Vater war Mitglied der KPdSU, machte in der Sowjetunion Karriere und wechselte nach der Wende geschmeidig in die Regierung des neuen unabhängigen Estland. Eine Widerstandsbiographie, sieht anders aus, die Familie lebte ein klassisches Funktionärsleben, war privilegiert und gut nach Moskau vernetzt.
Netzwerke, die auch Kallas Ehemann pflegt. Während andere längst unter Russlandsanktionen litten und Geschäfte mit Partnern in Russland einstellen mussten, führte er munter weiter ein lukratives Import-Export-Geschäft mit russischen Partnern.
Während Kallas öffentlich forderte, alle Geschäfte mit Russland einzustellen, verdiente die Firma ihres Mannes damit ca. 1,5 Millionen Euro seit Kriegsbeginn. Die oberste Scharfmacherin war sogar unmittelbar beteiligt, sie lieh ihrem Mann 350.000 Euro für das Unternehmen.
Der Fall ist bezeichnend für die aktuelle EU-Außenpolitik: laut, moralisch überheblich, aussenpolitisch wirkungslos. Statt Europa sicherer zu machen, führt diese Linie tiefer in eine Konfrontationslogik, deren Folgen alle bezahlen – wirtschaftlich, sicherheitspolitisch und diplomatisch – ausser denjenigen, die diese Linie zu verantworten haben.
Während Kallas im Brustton der Überzeugung behauptet, Russland müsse zerschlagen werden, bleibt so am Ende vor allem eine Frage offen: Wen repräsentiert sie eigentlich?
Die europäische Bevölkerung jedenfalls nicht. Die hat niemand gefragt, ob sie Lust auf eine Politik der Dauereskalation hat.
Es ist ein altbekanntes Muster, dass in den letzten Jahren deutlich schlimmer geworden ist: Diese EU produziert immer mehr „Außenbeauftragte“, „Digitalzensoren“ und „Krisenmanager“, die von keinem Europäer je gewählt wurden – aber über Milliardenbudgets und politische Richtungsentscheidungen bestimmen und gleichzeitig kaum Kontrolle unterliegen. Der Fall Kallas ist hier leider nur die Spitze des Eisbergs. Doch vielleicht ergeht es ihr ähnlich wie ihrer Amtsvorgängerin Federica Mogherini. Die Italienerin wurde kürzlich in Brüssel von der Polizei vernommen – der Vorwurf: Korruption und Selbstbereicherung.
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