In Konflikten wie in der Ukraine ist das schon Alltag. KI spielt heute eine entscheidende Rolle und die globalen Mächte verfolgen sehr unterschiedliche Strategien.

Auch Europa ist Teil dieses Wettlaufs. In München formt sich ein neues Defence-Tech-Ökosystem: Start-ups, Forschungseinrichtungen und Konzerne arbeiten dort an Sensorik, Software und Einsatzsystemen. Und ja, auch Österreich ist mit dabei. Die RocFortis Group entwickelt KI-gestützte Sicherheits- und Analyseplattformen und zählt zu den relevanten europäischen Playern. Wer verstehen will, wohin sich das Militär der Zukunft bewegt, muss verstehen, wie diese Technologie funktioniert.

Wie eine Maschine sieht

Damit Maschinen überhaupt „sehen“ können, was auf dem Schlachtfeld passiert, müssen sie lernen, Muster zu erkennen. Das Forschungsfeld, das sich damit beschäftigt, heißt Computer Vision. Eine Kamera erfasst Millionen winziger Punkte, die wir als Pixel kennen. Eine KI erkennt in diesen Punkten Strukturen: Kanten, Formen, Schatten. Sie lernt, dass ein Objekt mit langen Ketten, flacher Silhouette und olivgrüner Farbe eher ein Panzer ist als ein Lieferwagen.

Das Werkzeug dahinter sind Convolutional Neural Networks, kurz CNNs. Man kann sie sich vorstellen wie viele kleine Filter, die Schicht für Schicht über ein Bild laufen. Ein Filter sucht Linien, der nächste erkennt Texturen, ein weiterer analysiert Formen. All diese Zwischenergebnisse werden kombiniert. Am Ende entsteht keine absolute Wahrheit, sondern eine Wahrscheinlichkeit. So berechnet die KI, dass die erkannten Muster mit 97 Prozent Wahrscheinlichkeit zu einem Panzer gehören.

Damit das funktioniert, braucht es Training. Millionen Bilder werden in das System eingespeist: Panzer bei Tag, bei Nacht, aus der Luft, im Regen, im Schnee. Zu jedem Bild gehört das richtige Label, also die Information, was darauf zu sehen ist. Die KI rät zuerst, liegt häufig daneben und bekommt dann eine Korrektur. Dieser Lernprozess wiederholt sich Millionen Male, bis das Modell zuverlässig erkennt, was es sieht. So entsteht eine Maschine, die Muster erkennt, ohne sie jemals bewusst gesehen zu haben.

Echtzeit statt Cloud

Im Krieg zählt Geschwindigkeit. Deshalb werden viele Modelle direkt auf dem Gerät ausgeführt, eine Form der Berechnung, die man Edge AI nennt. Eine Drohne filmt, das Modell wertet aus, das System reagiert und das alles in wenigen Sekunden. Das hat entscheidende Vorteile: Wenn GPS gestört ist oder die Funkverbindung abbricht, arbeitet die Drohne weiter. Mini-Rechner an Bord übernehmen die Berechnung. So steuern sich viele FPV-Drohnen im Ukrainekrieg selbst. Sie erkennen Ziele, korrigieren ihren Kurs und treffen präziser als je zuvor.

Damit das alles in ein handgroßes Gerät passt, werden die Modelle kleiner gemacht. Man spricht von Quantisierung oder Pruning. Die KI behält ihre Fähigkeit, rechnet aber mit weniger Daten und Energie. Das spart Gewicht, Strom und Zeit.

Tempo wird zur Waffe

Die wahre Revolution liegt nicht in der Waffe selbst, sondern im Tempo der Entscheidung. Früher dauerte es Minuten, bis ein Ziel erkannt, bewertet und freigegeben war. Heute reichen Sekunden. Militärs sprechen vom „Sensor-to-Shooter-Loop“. Also von der Zeitspanne zwischen Erkennen und Reagieren. Je kürzer sie ist, desto größer der taktische Vorteil.

Im Ukrainekrieg werden Bilder, Radar- und Funkdaten automatisch kombiniert und analysiert. Die KI schlägt mögliche Ziele vor, sortiert nach Risiko und Relevanz. Der Mensch bestätigt zwar, aber die eigentliche Entscheidung ist oft schon gefallen. Manche Experten sagen, der Mensch sei zwar im Loop, aber eben nicht mehr im Zentrum.

Drei Strategien, ein Ziel

China spricht von „intelligentized warfare“. Das Land baut sogenannte AI Command Clusters – digitale Kommandosysteme, die Daten aus Satelliten, Drohnen und Sensoren zusammenführen. Diese Systeme bewerten die Lage, simulieren mögliche Reaktionen und schlagen den nächsten Schritt vor. Laut Analysen chinesischer Militärakademien und Thinktanks wie dem China Institutes of Contemporary International Relations (CICIR) sollen solche Systeme bis Mitte der 2020er Jahre zentrale Teile der strategischen Planung übernehmen. Das Ziel: Entscheidungen so schnell zu treffen, dass der Gegner keine Zeit mehr zum Reagieren hat.

In den USA heißt das Leitprinzip „Responsible AI“. Der Mensch soll immer das letzte Wort haben. Trotzdem entstehen Programme wie Replicator, das tausende vernetzte Drohnen hervorbringen soll, die eigenständig kooperieren. General James E. Rainey, Leiter des Army Futures Command, brachte es kürzlich auf den Punkt: „Ich glaube nicht, dass wir ein Technologieproblem haben. Wir haben ein Adoptionsproblem.“ Die Technik ist also längst einsatzbereit, doch bei Einführung, Schulung und Integration gibt es noch Nachholbedarf.

Israel nutzt KI bereits im aktiven Betrieb. Das System The Gospel durchsucht in Echtzeit Satelliten- und Funkdaten und schlägt Angriffsziele vor. Früher arbeiteten Analysten Tage an solchen Listen. Heute entstehen sie in Minuten. Präzision und Geschwindigkeit steigen gleichzeitig und mit ihnen verändert sich die Logik des Krieges.

Europa findet seinen eigenen Weg

Europa ist technisch stark, aber politisch vorsichtig. Unternehmen wie Airbus Defence, Thales oder MBDA entwickeln eigene KI-basierte Aufklärungssysteme. Forschungszentren in Deutschland, Frankreich und Österreich zählen zu den führenden in Explainable AI, also in Technologien, deren Entscheidungen nachvollziehbar bleiben. Gerade München entwickelt sich zum europäischen Knotenpunkt für Defence-Tech. Start-ups, Forschungsinstitute und Industrie arbeiten dort eng zusammen.

Auch Österreich hat starke Akteure. Die RocFortis Group gilt als eines der innovativsten Unternehmen für KI-gestützte Sicherheits- und Analyselösungen. Sie entwickelt Systeme, die Daten aus verschiedensten Quellen kombinieren und daraus Lagebilder erzeugen. Solche Lösungen sind wichtig, weil Europa zwar keine Massenproduktion wie die USA oder China hat, dafür aber im Bereich Analyse, Sicherheit und Integration besonders stark ist. Die Herausforderung liegt weniger im Können, sondern im Tempo politischer Entscheidungen und der Skalierung von Projekten.

Was schon Realität ist

Viele Entwicklungen sind längst im Einsatz. Predictive-Warfare-Systeme simulieren mögliche Bewegungen und bewerten Verwundbarkeit von Stellungen. In der Luftabwehr reagieren autonome Systeme seit Jahren schneller als jeder Mensch. Swarm-Technologien koordinieren kleine Drohnengruppen, die selbstständig fliegen, ausweichen und Ziele teilen. In der Ukraine sind KI-Modelle, die an Bord von FPV-Drohnen laufen, heute Standard. Was früher experimentell war, ist operative Routine.

Die neue Logik

Künstliche Intelligenz verändert nicht nur Waffen. Sie verändert Denken. Aus Stärke wird Berechnung. Aus Masse wird Geschwindigkeit. Und wer schneller sieht, versteht und reagiert, hat die Oberhand. Europa hat die Forscher, die Köpfe und die Firmen, um dabei mitzuhalten. München zeigt, wie ein Technologie-Ökosystem funktioniert und österreichische Unternehmen wie die RocFortis Group beweisen, dass Innovation auch hier passiert.

Am Ende ist KI kein Gegner des Menschen, sondern sein Spiegel. Sie rechnet, was wir sehen wollen und manchmal auch, was wir übersehen. Auf dem Schlachtfeld der Zukunft gewinnt nicht, wer am lautesten schießt, sondern wer zuerst begreift, was wirklich passiert.