Wer sich die Mühe macht, Dokumente der österreichischen und deutschen Grünen zu durchforsten, der stößt regelmäßig auf Begriffe wie „normal“ und „Normalität“. Die hier angegebenen Sätze sind nur eine kleine Auswahl aus der grünen Normalität:

„Mehrsprachigkeit wird als gelebte Normalität und Chance verstanden“ (Wahlprogramm der österr. Grünen 2019, Kap. 4.2. „Schüler*innen“.)

„Eine Kulturpolitik, der die Differenzierung wichtiger ist als die Uniformierung, wird gerade die Skepsis und das kritische Potenzial gegenüber dem jeweils als ‚normal‘ und verbindlich Bezeichneten stärken.“ (Parteiprogramm der österr. Grünen, Kap. 3.2.)

„… um den Weg in ihr normales Leben zurückzufinden.“ (Wahlprogramm der deutschen Grünen, Kapitel „Corona-Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche“).

„In der Pflege ist der Notstand längst zum Normalzustand geworden“ (Beschluss des Bundesvorstands der deutschen Grünen 11.1.2021).

„… dass die Zukunft nach Corona gleichberechtigter ist als die Normalität davor.“ (Beschluss des Frauenrats der deutschen Grünen vom 20.9.2020).

„… dass wir … nach der Krise nicht in eine Normalität zurückkehren können …“ (Beschluss des Frauenrats der deutschen Grünen vom 20.9.2020).

„Migration ist normal und notwendig“ (Kapitel „Grund- und Menschenrechte der österr. Grünen).

ISO-Normen

Der Alltag und die Wissenschaften sind voll von Normen. In der Mathematik kennen wir die „Normalverteilung“, die DIN-Norm ist ein unter der Leitung des Deutschen Instituts für Normung zusammengefasstes Richtmaß. Auf internationaler Ebene erarbeitete Standards sind zum Beispiel die ISO-Normen oder die europäischen Normen EN. Die IEC ist die internationale Organisation, die allgemein gültige Normen für elektrische, elektronische und verwandte Technologien entwickelt und veröffentlicht. Die österreichischen Normen – zurzeit gibt es nicht weniger als 23.500 – werden als ÖNORM bezeichnet.

Der Grund, warum sich Vizekanzler Kogler erregte, war ein Satz über die „normal denkende breite Mitte der Bevölkerung” durch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Herr Kogler meinte, Frau Mikl-Leitner grenze „abnormale“ Menschen aus, was wiederum „präfaschistoid“ sei. Es wäre vermutlich besser gewesen, Frau Mikl-Leitner hätte den Begriff „Mehrheit“ verwendet. Trotzdem war die Reaktion des Vizekanzlers maßlos übertrieben. Die Diskussion wurde gänzlich abseitig, als Herr Kogler unterstellte, Frauenverbrennungen seien für die Kirche früher normal gewesen. Hier hätte Herr Kogler besser geschwiegen. Von Geschichte hat er offenbar wenig Ahnung.

Die Wortmeldung des Herrn Bundespräsidenten bei der Eröffnung der Bregenzer Festspiele sollte seinem grünen Gesinnungsgenossen eine Hilfe sein, aber das ist misslungen. Was hat die Wiederholung einer unnötigen Wortmeldung eines Regierungsmitgliedes bei der Eröffnung eines grandiosen Kulturfestivals verloren? „Brandgefährlich“, „präfaschistoid“ und andere rufschädigende Vokabel sind lächerlich. Es gäbe genug Themen für den Herrn Bundespräsidenten, beispielsweise die Krise unserer Universitäten, die abgekupferte Doktorarbeiten anstandslos durchwinken.

Dressurversuche

Wenn schon von „präfaschistoid“ die Rede ist, so sollte den Linken ein Blick in die Geschichte zu denken geben. Josef Stalin gab 1936 auf einem „Komintern“-Kongress in Moskau den Befehl, alle Menschen außerhalb des Kommunismus als „Faschisten“ zu bezeichnen. Stalin befürchtete die allmähliche Verwechslung der Begriffe „Sozialismus“ und „Nationalsozialismus“. Alle Nicht-Kommunisten mutierten damals zu Faschisten. Stalin hat trotzdem mit Adolf Hitler einen Nichtangriffspakt geschlossen, sodass die Kommunisten eine Zeitlang Verbündete der Nationalsozialisten waren. Schon vergessen? Ein weiterer Massenmörder des 20. Jahrhunderts war ein gewisser Salot So, der sich Pol Pot nannte. Er ließ fast die Hälfte des kambodschanischen Volkes ermorden. Es ist erwiesen, dass Pol Pot die Herren Karl Marx, Adolf Hitler und Josef Stalin ausdrücklich als seine politischen Vorbilder bezeichnete. Pol Pot wusste, warum er die drei Kerle in einem Atemzug nannte.

Wer demokratisch gewählte Politiker einer bürgerlichen Partei nur wegen der Verwendung eines häufig vorkommenden Wortes in die Nähe des Nationalsozialismus rückt, der sollte sich nicht wundern, wenn freie Bürger sich immer öfter gegen George Orwells „Neusprech“ und „Gedankenverbrechen“ zur Wehr setzen. Politiker der linken Reichshälfte versuchen vermehrt, uns – das normale Volk – zu manipulieren und zum betreuten Denken zu verpflichten. Ich vermute, die Mehrheit der Leser ist meiner Meinung, wenn ich sage: Ich habe von feudalen Dressurversuchen und Denkprothesen die Nase gestrichen voll.