Rudolf Öller: Geheime Mitarbeiter
Die freie Marktwirtschaft, von Ideologen auch „Kapitalismus“ genannt, hat gegenüber dem real existierenden Sozialismus einen Vorteil. Der sowjetische KGB und andere kommunistische Spitzelorganisationen mussten ihre Agenten noch mühsam anwerben und ausbilden. In der DDR nannte man die Spitzel der untersten Stufe „Inoffizielle Mitarbeiter“, kurz IM.
Bis 1968 wurden sie „Geheime Mitarbeiter“ (GM) genannt. In vielen Ländern, auch bei uns, ist die Spitzel AG parteipolitisch privatisiert worden, wobei die geheimen Mitarbeiter fast ausschließlich von der Klasse der „Guten“ gestellt werden.
Waldheim
Kurt Waldheim war während des zweiten Weltkriegs ein Offizier der Deutschen Wehrmacht. Er war später Generalsekretär der UNO und kandidierte für das Amt des Bundespräsidenten. Dummerweise hat Waldheim eine Zeitspanne während des Weltkrieges in seinem Lebenslauf nicht erwähnt, was die Gilde der Guten unter Führung des damaligen Bundeskanzlers Sinowatz auf die Idee brachte, Waldheim als überzeugten Nationalsozialisten und Kriegsverbrecher zu verleumden. Waldheim gewann die Wahl trotz der Kampagne der Guten. Ein Nazi und Kriegsverbrecher war er nachweislich nie. Die Kampagne gegen Waldheim war nichts anderes als ein ungeheurer Rufmord.
Schüssel und Haider
Wolfgang Schüssel bildete mit der FPÖ Jörg Haiders kurz nach der Jahrtausendwende eine Koalition, was die Guten so wütend machte, dass sie die österreichische Regierung im Ausland denunzierten. Es kam zu den berühmten Boykottmaßnahmen, bei denen sich in erster Linie die Regierungen von Frankreich und Deutschland blamierten. Leider war Helmut Kohl nicht mehr deutscher Bundeskanzler. Er hätte diesen Schwachsinn unterbunden. In Erinnerung blieb lediglich das gräuliche Gesicht von Bundespräsident Klestil bei der Angelobung. Nach Schüssel erwischte es den späteren Bundeskanzler Kurz. Gegen ihn schickten die Guten – diesmal unter Führung des Sozialdemokraten Christian Kern – keine geheimen Mitarbeiter los, sondern den Wahrheitsexperte Tal Silberstein.
Wallner
Vor einem Jahr sorgte eine Hetze gegen den Vorarlberger Landeshauptmann Wallner für Aufsehen. Es war von einem geheimen Mitarbeiter die Rede, der angeblich eine beeidete Aussage (oder was immer auch) in einer Redaktion deponiert hatte. Wallner habe einem Unternehmer Begünstigungen bei einer finanziellen Gegenleistung versprochen. Das wäre ein Fall von Korruption gewesen. In der Folge wurde Wallner derart massiv mit Entrüstung und Geifer eingedeckt, dass dieser schwer erkrankte und pausieren musste. Der geheime Mitarbeiter der Guten konnte bis heute nicht gefunden werden. Die schmutzige Geschichte entpuppte sich als miserabler Versuch, den Landeshauptmann zu ruinieren. Gesundheitlich wäre es beinahe gelungen.
Plagiate
Manchmal jagen die Guten nicht nur die Bösen, sondern beschützen auch die eigenen Leute. Nachdem im Jahr 2011 bekannt geworden war, dass der ehemalige bundesdeutsche Minister Karl-Theodor zu Guttenberg einen Teil seiner Doktorarbeit abgeschrieben hatte, kam es – man glaubt es kaum – zu Anzeigen und Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft. Diese Ermittlungen wurden später eingestellt, aber zu Guttenberg musste von seinen Ämtern und Funktionen zurücktreten. Eine österreichische Ministerin hat ihre Doktorarbeit samt Inhaltsverzeichnis und Zusammenfassung fast zur Gänze abgeschrieben. Passiert ist ihr nichts. Wäre von Guttenberg nicht CSU-Politiker, sondern bei den Grünen gewesen, wäre auch er ungeschoren davongekommen. Lebenslaufkünstlerin Baerbock ist der lebende Beweis dafür.
Rammstein
Nicht nur in der Politik wird versucht, Menschen fertigzumachen. Die Vorfälle rund um die Band „Rammstein“ sind noch gut in Erinnerung. Es ging um den Vorwurf der Vergewaltigung während oder nach Konzerten. Wochenlang wurden die üblichen Geschichten um „Sex and Drugs and Rock and Roll“ kolportiert. Dass Konzerte von Hardrock-Bands keine Kinderfeste sind, weiß eh jeder, aber bei Rammstein hofften einige Journalisten, mit Hilfe von Groupies, eine Sensation aufbauen und ausschlachten zu können. Die erfolgreiche Band sollte zumindest beschädigt werden. Es kam anders. Die Rammsteinkonzerte waren ausverkauft und die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein, nachdem keine Zeugen gefunden worden waren.
Aiwanger
Der vorläufig letzte Versuch der Guten, einen verhassten politischen Konkurrenten loszuwerden, um den Weg für die Grünen freizusprengen, war der Fall Aiwanger, dessen „freie Wähler“ in Bayern mit Söders CSU eine funktionierende Koalition bilden. Das politische Magazin „Cicero“ brachte es auf den Punkt: „Der Skandal um ein jahrzehntealtes Pamphlet … ist ein Lehrstück über die politische Kultur in diesem Land. Jugendliche Verfehlungen sollen in die Gegenwart verlängert werden, um Politiker zu delegitimieren.“ Ministerpräsident Söder führte mit Aiwanger ein Gespräch und sagte klar, dass das antisemitische Flugblatt inakzeptabel sei. Er sah aber keinen Grund, Aiwanger aus der Regierung zu entlassen. Die journalistische Entourage der Guten war tagelang verstimmt und maulte gereizt gegen Aiwanger und Söder. Die Wähler haben das letzte Wort, sie werden Aiwangers Partei in Kürze ein sattes Plus bescheren.
Die hier vorgestellte Liste ist unvollständig. Der Kampf der Guten gegen die Bösen wogt seit vielen Jahren. Die Guten wundern sich, dass ihre Bemühungen von den Wählern nicht mit absoluten Mehrheiten belohnt werden. Es liegt daran, dass spießige Dauerempörung plus verleumdungsaffine geheime Mitarbeiter bei normalen Bürgern alles andere als gut ankommen.
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