Rudolf Öller: Genderismus
Die Versuche, unsere Sprache „gendergerechter“ zu machen, werden noch eine Zeitlang anhalten. Sie werden sogar noch schriller werden, da die Ideologie des Genderismus, wie alle Ideologien, immer mehr ins Groteske abdriften wird.
In der deutschen Sprache hängt man an viele Zeitwörter statt des „n“ ein „r“ an, dann erhält man das zugehörige geschlechtsneutrale Hauptwort. Also: fahren – Fahrer, malen – Maler, reiten – Reiter usw. Sprachbastler dachten nun, dass bei diesen geschlechtsneutralen Haupt-wörtern nur Männer gemeint seien und erfanden die Fahrerin, die Malerin, die Reiterin usw. Das ist noch nicht so schlimm, denn das „-in“ hat man früher auf dem Land bei Ehefrauen an den Namen gehängt. Die Frau Wagner wurde dann „die Wagnerin“. Paradoxerweise ist diese Gepflogenheit verschwunden.
Senior:innen
Inzwischen hat sich das Ganze ins Komische gesteigert, wenn ständig Frauen „abgebildet“ werden müssen, daher werden wir laufend mit holpersprachlichen Österreichern und Österreicherinnen, Italienern und Italienerinnen, Kindern und Kinderinnen (tatsächlich schon geschehen) und anderen verbalen Rumpelpisten belästigt. Schlimmer ist nur noch die neue Stottersprache, wenn von Östereicher:innen die Rede ist, wobei sich die Sprachbastler nicht einigen können, ob es „Beamt*innen, Arbeiter_innen oder Senior:innen heißen soll. Man kann dieses Kabarett nochmals steigern, wenn überhaupt nur die weibliche Form verwendet wird, wie etwa Ärztinnen, Virologinnen, Forscherinnen und andere. Hier bleiben die Männer draußen, was meine Geschlechtsgenossen eher locker nehmen.
Geht es noch verrückter? Ja, es gibt noch Reserven, daher gibt es kaum noch Studenten, sondern nur noch Studierende. Der Sinn dieser Änderung liegt im Dunkeln, denn das Wort Student kommt vom lateinischen Mittelwort der Gegenwart „studens“. Dieses Wort bedeutet – geschlechtsneutral – gleichermaßen Student und studierend. Da mit den Studierenden die vermeintlich männliche Form eliminiert wird, mutieren Forscher neuerdings zu Forschenden, Autofahrer zu Autofahrenden und Lehrer zu Lehrenden. Wer diese Seite angeklickt hat, ist ein Surfender oder eine Surfendin.
13 Monde
Kann man an dem Rad noch weiterdrehen? Ja, man kann, es ist noch viel möglich. In einigen Ländern ist das Geschlecht frei wählbar. Biologen wissen, dass es chromosomale Abweichungen von den natürlichen Chromosomenkombinationen XX (Mädchen/Frau) und XY (Bub/Mann) gibt, aber hier gilt die Regel, dass die Anwesenheit eines Y-Chromosoms immer einen Mann definiert. Man spricht hier von einer „chromosomalen Dominanz“.
Die Regelung der freien Wahl wird dann auf Schwierigkeiten stoßen, wenn jemand jede Woche ein anderes Geschlecht haben möchte. Hier diskutieren Juristen allen Ernstes, ob diese Änderung alle paar Monate, alle Jahre oder nur einmal im Leben erfolgen darf. Menschen, die eine Änderung ihrers angeborenen Geschlechts wünschen, gibt es, die Häufigkeit liegt im unteren Pro-millebereich. Im Film „In einem Jahr mit 13 Monden“ wird das Leiden eines Transgender-Menschen auf der Suche nach sozialer Anerkennung beklemmend dargestellt.
Vor einigen Jahren gab es in Baden-Württemberg einen kleinen Aufstand. Anlass war ein „Entwurf zum Bildungsplan 2015“ der Grünen, der heftige Proteste hervorgerufen hat.
Vertreter der Gender-Ideologie wollten vorschreiben, dass alle vierzehnjährigen Schüler im Biologieunterricht gefragt werden, ob sie wirklich „heterosexuell seien oder sein wollen“. Es sollte außerdem unterrichtet werden, dass „Heteronormalität“ in Wahrheit nichts anderes als eine reaktionäre Weltanschauung sei.
Die Reimer-Brüder
Wie heikel das Thema ist, zeigt der Fall der Reimer-Geschwister. „Sex“ und „Gender“ waren Schlüsselbegriffe der Biologie, als noch nicht vollständig geklärt war, wie Fortpflanzung funktioniert. Weibliche Eizellen wurden 1827 und Chromosomen erst am Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt. Die Struktur der Gene wurde 1953 entschlüsselt. Der ursprünglich biologische Begriff „Gender“ verschwand, wurde aber von Vertretern des „Gender Mainstreaming“ und des Konstruktivismus exhumiert und umgedeutet.
Zu den umstrittensten Schamanen der Psychologie zählte John Money (1921 – 2006). 1965 kamen in Kanada die Reimer-Zwillinge zur Welt. Bei Bruce Reimer wurde Fimose (Vorhaut-verengung) diagnostiziert. Bei der Behandlung wurde der Penis des acht Monate alten Klein-kindes schwer verletzt. Die verzagten Eltern wandten sich an Prof. Money, der zu einer Geschlechtsumwandlung riet, da seiner Meinung nach Kinder ohnehin geschlechtsneutral zur Welt kämen. Das spätere Geschlecht werde nur durch die Gesellschaft konstruiert. Die Eltern folgten dem Rat, aus Bruce Reimer wurde Brenda Reimer. Der kastrierte Bub wurde als Mädchen erzogen, der unverletzte Bruder fungierte als wissenschaftliche Kontrollperson. Das ver-hängnisvolle Experiment wurde als Studie unter dem Titel „Rearing of a Sex-Reassigned Nor-mal Male Infant After Traumatic Loss of the Penis“ veröffentlicht.
Der Scharlatan
Die Eltern berichteten Money jahrelang das, was er hören wollte, doch die Realität sah anders aus. Das „Mädchen“ war verzweifelt. Als Brenda erfuhr, dass sie in Wahrheit ein Mann ist, ließ sie sich erneut umoperieren, nannte sich David und veröffentlichte seine Geschichte 1997 in der Zeitschrift „Rolling Stone“, wobei John Money als Scharlatan bloßgestellt wurde. Einige Jahre später nahmen sich beide Brüder das Leben.
Genderthemen öffentlich zu diskutieren ist fast unmöglich, denn eine falsche Meinung gilt in-zwischen als orwellsches Gedankenverbrechen. Vertreter der LGBTQ-Gemeinde reagieren aggressiv, wenn ihre Ambitionen hinterfragt werden. Auf jede öffentlich geäußerte „falsche Meinung“ folgt eine Forderung nach ernsten Konsequenzen, was sogar den Arbeitsplatz kosten kann. Wie bei jeder Ideologie werden sich all diese „Diskussionen“ irgendwann abkühlen. Die Einschränkungen der Meinungsfreiheit müssen jedoch eines Tages aufgearbeitet werden.
Kommentare