Streitthema Kopftuchverbot: Warum dieses Gesetz so wichtig ist
Das geplante Verbot des islamischen Kopftuchs in der Schule bis zur Religionsmündigkeit ist derzeit das große Streitthema in der Politik. Warum löst ein Vorhaben über dessen Wichtigkeit und Richtigkeit sich Bevölkerung, Fachleute und Politik weitgehend einig sind, so viele Diskussionen aus?
Ist es die Spannung und gleichzeitig die Angst der einen und die Hoffnung der anderen, dass das Gesetz vom Verfassungsgerichtshof gekippt werden könnte? Oder geht es tatsächlich um mehr? Ist die Einführung dieses Kopftuchverbots ein legitimer Eingriff in die Religionsfreiheit, um die offene liberale Gesellschaft zu erhalten und damit ein erster mutiger Schritt?
Unstrittig ist, dass es beim islamischen Schleier um ein Symbol und um die Etablierung eines islamischen Weltbildes, eine Veränderung der Visitenkarte unseres Landes geht. Das Argument von islamischer Seite individuelle Freiheit könne den Zwang rechtfertigen, junge Mädchen zu verhüllen ist weder schlüssig noch richtig. Individualität zählt im Islam nicht, das uniforme, sichtbare islamische Gesellschaftsbild ist das Ziel.
Was bedeutet es individuell für Mädchen, Religionsfreiheit und Integration, wenn es zumindest in der Schule bis zum 14. Geburtstag verboten ist, einen islamischen Schleier zu tragen? Es bedeutet jedenfalls, dass Mädchen in dieser Zeit zumindest in der Schule weder von der Familie noch von muslimischen Mitschülern oder Mitschülerinnen zum Tragen eines Kopftuches gezwungen werden können. Sie haben also einige Jahre Zeit zu spüren, wie es sich anfühlt, sichtbar mit offenen Haaren in der Öffentlichkeit zu sein. Vor allem aber erhöht es die Chance, dass sich muslimische Mädchen mit 14 tatsächlich selbst über ihren Umgang mit ihrer Religion und der geschlechterspezifischen Bekleidungsvorschrift entscheiden. Diese freie Entscheidung ist ohne das Kopftuchverbot schon nicht gegeben, da es unter Muslimen als noch größere Sünde gilt, bereits akzeptierte religiöse Vorgaben wieder abzulegen, als wenn damit noch nicht begonnen wurde. Das Ablegen des Schleiers, wenn man ihn bereits einige Zeit getragen hat, ist also viel schwieriger, als ihn gar nicht aufzusetzen. In der Schule haben wir öfters erlebt, dass Mädchen, die das Kopftuch abgelegt haben, sogar von muslimischen Mädchen verurteilt und gemobbt wurden, die selbst gar kein Kopftuch getragen haben. Der Fall des 14-jährigen, der vor wenigen Tagen verurteilt wurde, weil er seine 17-jährige Schwester mit dem Umbringen bedroht hatte, nachdem sie ihr Kopftuch abgelegt hatte, ist nur die Spitze des Eisbergs.
Auch die „Kennzeichnung“ junger Mädchen für muslimische Jugendliche und Männer als muslimisch und daher ehrbar und nicht verfügbar, statt ihre persönlichen Entscheidungsfreiheit zu respektieren, mag aus Sicht ihrer Väter eine berechtigte Sorge sein, ist in unserer Gesellsacht aber völlig inakzeptabel, weil es im Umkehrschluss bedeutet, dass die Begriffe ehrbar und anständig für alle Mädchen und Frauen, die kein Kopftuch tragen Mädchen, nicht gelten. Das ist im Übrigen auch Sinn und Zweck des Schleiers aus Sicht der islamischen Lehre.
Die Überwindung von Frühsexualisierung und Unterdrückung von Mädchen, sowie die Verhinderung des frühzeitigen Drängens in klassische Geschlechterrollen gilt als große Errungenschaft der aufgeklärten Gesellschaft. Ist man wirklich bereit, dies jetzt zugunsten extrem konservativer islamischer Kräfte aufzugeben? Dieses Einzementieren klassischer geschlechtsspezifischer Rollenbilder einer Religionsgemeinschaft bereits in der Kindheit fördert nicht die Integration und die Selbstständigkeit junger Frauen in unserer Gesellschaft, es verhindert sie.
Besonders bedenklich finde ich es, wenn bereits erste große Betriebe wie z.B. die ÖBB öffentlich ihre Absicht äußern, bevorzugt Frauen mit Kopftuch anstellen zu wollen und sich auch gezielt Frauen mit Kopftuch in Führungsfunktionen zu wünschen. Gleichzeitig zeigt uns das einen Blick in die Zukunft. Bald, in manchem Bereichen bereits jetzt, wird man mit Kopftuch bevorzugt behandelt. Der Gleichheitsgrundsatz bedeutet aber, nicht zu entscheiden, wer bevorzugt wird, sondern, dass man gleich behandelt und beurteilt wird. Eine optisch dargelegte, nicht angeborene Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, Religion, oder Ideologie sollte also nicht zu einer Bevorzugung führen. Neutrale Kleidung bedeutet kein Schleier und keine Abaya in der Schule und am Arbeitsplatz.
Influencerinnen wie die bekannte Konvertitin Hanna Hansen führen uns deutlich vor, welche konservativ islamische Ideologie mit dieser Kleidung verbunden ist. Damit ist in weiten Teilen eine Haltung gegen unsere liberale Gesellschaft und die Verfassung unweigerlich verbunden.
Auch in unsere Schulbücher und in den Sport nimmt das islamische Erscheinungsbild immer mehr Einzug. Unter dem Deckmantel der Forderung, Diskriminierung zu verhindern, wird das kopftuchtragende Mädchen als Regel implementiert. Die Diskriminierung von Mädchen ohne Kopftuch ist nur eine Frage der Zeit, jedenfalls aber das Ziel.
Es ist daher ein Gebot der Stunde hier Stopp zu sagen. Das geplante Kopftuchverbot ist dafür ein deutliches Symbol. Der Umgang mit diesem Schritt wird entscheiden, ob man den Mut haben wird, sich weiter für die liberale westliche Gesellschaft einzusetzen.
Vielleicht fasst die Politik dann auch den Mut, Themen wie Kinderehe, Zwangsehe, Mehrehe, Verwandtenehe, ernsthaft und wirkungsvoll anzugehen. Nimmt man das Thema FGM endlich ernsthaft und wirksam auf die Agenda? Wie sieht es mit weiteren Symbolen der Islamisierung der Gesellschaft aus? Gebetsräume, Gebetszeiten, Ramadan, Beschriftung von Geschäften und Restaurants in Arabisch, Halal vs. Haram, und vieles mehr nimmt immer mehr Raum im öffentlichen Bild ein, die Gesellschaft wird entscheiden müssen, ob sie das möchte
Und zuletzt: Wird auch die katholische Kirche erkennen, dass ihre Haltung und ihre Stellungnahmen zum Kinderkopftuch nicht ein Akt der Nächstenliebe sind, sondern kleine Mädchen ihrem Schicksal überlässt und nicht im Sinne der letzten Katholikinnen und Katholiken ist?
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