Wer arbeitet, ist selbst schuld
Die Bezieher höherer Pensionen haben in der Regel lange gearbeitet und gut verdient. Das durch reale Pensionskürzungen zu bestrafen, ist unfair und wird dazu führen, dass noch weniger junge Menschen versuchen werden, Vorsorge für ihr Alter zu betreiben, meint exxpress-Kolumnist Christian Ortner.
Dass nächstes Jahr angesichts der tristen Lage der Staatsfinanzen wohl nicht alle Pensionisten dieselbe prozentuelle Erhöhung ihrer Altersbezüge bekommen, sondern die kleineren Pensionen stärker angehoben werden und die höheren deutlich weniger steigen, empfinden viele Menschen in diesem Lande als irgendwie „gerecht“, „fair“ oder „sozial“.
Nun denke ich grundsätzlich nicht daran, dem Bezieher (oder in den meisten Fällen der Bezieherin) einer ärmlichen Mini-Rente eine etwas höhere Aufstockung ihrer schmalen Bezüge zu neiden. Mit so wenig Geld über die Runden zu kommen, ist nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig.
Ungerechte „Gerechtigkeit“
Nur: mit Gerechtigkeit hat das bei näherer Betrachtung genau nichts zu tun. Denn die Höhe einer Pension richtet sich bei uns nun einmal nach der Dauer und der Höhe der Aktivbezüge – wer lange gut verdient hat und deswegen auch viel mehr in das Pensionssystem einbezahlt hat, bezieht eben eine höher Pension als jemand, der weniger Jahre und mit geringeren Bezügen malocht hat.
Dass also jemand, der mehr eingezahlt hat, dann eben mehr herausbekommt, kann man tatsächlich mit gutem Grund fair und gerecht finden.
Dass hingegen diesen Menschen nun plötzlich ein Teil dessen, worauf sie einen legitimen Anspruch haben, weggenommen und jenen gegeben wird, die sich diesen Anspruch nicht erarbeitet haben, ist genau genommen ungerecht und unfair. Auch, wenn es sich für viele anders anfühlen mag. Mit Recht nennt Franz Schellhorn, Direktor der Agenda Austria, das „Pensions-Sozialismus“.
Wer arbeitet, ist selbst schuld
Diese nur vermeintlich „soziale“ Staffelung der Pensionserhöhung ist aber auch aus anderen Gründen eher problematisch. Denn ausgerechnet in einer Zeit, in der zu Recht die fatale Teilzeit-Affinität der Österreicher kritisiert und Mehrarbeit als notwendig erachtet wird, sendet die Politik ein schreckliches Signal aus, nämlich jenes, dass am Ende jeder ein Volltrottel ist, der versucht, durch Arbeit und Leistung seine und seiner Familie Lebensumstände zu verbessern, auch und gerade im Alter.
Leistung lohnt sich nicht – das ist die überaus problematische Botschaft, die so eine „sozial gestaffelte“ Pensionserhöhung überbringt. Und das ist genau das, was wir in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage nicht brauchen.
Wer vorsorgt, wird bestraft
Leider bringt die Regierung derzeit nicht nur in der Causa Pensionen den Menschen bei, dass jeder ein Depp ist, der versucht, durch Leistung und Konsumverzicht fürs Alter vorzusorgen. „Wer auf die Appelle von Politik und Wissenschaft hörte und sich eine zweite Säule der Alterssicherung zulegte, etwa auf der Bank, darf jetzt zusehen, wie diese weg inflationiert wird“, notierte etwa jüngst Andreas Koller in den Salzburger Nachrichten. „Und wer zwecks Aufrechterhaltung seines Lebensstandards gar eine Vorsorgewohnung erwarb, bekommt jetzt dank Andreas Babler eine auf den Mietendeckel.“
Hier wird also von der Regierung genau jenes Verhalten bestraft, das aus Österreich wieder ein prosperierendes Land machen könnte, und jenes belohnt, das uns noch tiefer in die Krise führen wird.
Das ist das genaue Gegenteil von guter Staatsführung. Es ist freilich, und das scheint mir der Kern des Problems zu sein, eine Politik, die auf viel Zustimmung stößt, eben, weil es auch weit jenseits von SPÖ oder Grünen als irgendwie „gerecht“ empfunden wird, wenn im Zweifelsfall halt die Wohnungseigentümer, die besser situierten Pensionisten oder Vermögenshalter zur Kasse gebeten werden – auch, wenn das mit echter Gerechtigkeit null am Hut hat.
Süchtig nach Gleichheit
Auf Zustimmung stößt eine derartige Politik, weil in Österreich das Bedürfnis nach ökonomischer Gleichheit und die Abneigung gegen Ungleichheit besonders hoch ist, weshalb jede politische Maßnahme, die (noch mehr) Gleichheit bewirkt, vom Publikum beklatscht wird.
Vermutlich vermengen sich hier traditionelle sozialistische Grundstimmungen, eher in den Städten, mit den Nachwirkungen der katholischen Soziallehre, eher am Land, zu einem wirtschaftspolitisch leider toxischem Cocktail. Denn um gut zu funktionieren und zu prosperieren, braucht eine Gesellschaft zwar Chancengleichheit für (möglichst) alle, muss aber gleichzeitig Ungleichheit anerkennen und vor allem auch positiv annehmen. Denn die Talente, Fähigkeiten, Begabungen, die Leistungsbereitschaft und die Disziplin sind eben sehr unterschiedlich verteilt. Weshalb es auch völlig okay ist, dass Ungleichheit entsteht und bleibt, denn sie ist Voraussetzung für jene Exzellenz, ohne die es keinen Wohlstand geben kann.
Leistung, nein danke
In Österreich wird die finanzielle Ungleichheit durch Steuern und Abgaben unter dem Titel Umverteilung von oben nach unten ohnehin schon jetzt stark eingeebnet. Eine Politik, die das noch weiter verstärkt – siehe Pensionen –, führt letztlich zu einer Gesellschaft, in der sich Leistung, Exzellenz und unternehmerisches Denken irgendwann überhaupt nicht mehr auszahlen.
Noch sind wir nicht ganz dort angelangt, aber weit entfernt sind wir auch nicht mehr.
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