Wie die Sprecherin des Landesamtes, Monika Hebbinghaus, gegenüber NIUS bestätigte, sei dies eine Vorsichtsmaßnahme für „Mitarbeiter im Kundenkontakt“ in der „Leistungsgewährung“, falls Kunden „ausfällig werden“. Dies betreffe etwa 200 Mitarbeiter. Nach NIUS-Informationen können allerdings auch andere Referate auf diese Ausrüstung zurückgreifen, sodass am Ende mit etwa 500 Sets gerechnet wird.

Es ist nicht die erste „Schutzmaßnahme“ gegen Übergriffe und feindseliges Auftreten im Umgang mit Migranten. So gibt es im sogenannten „Leistungsbereich“ – also dort, wo Zahlungen berechnet, gewährt und angewiesen werden können, bereits einen umfangreichen Wachschutz, der meist mit arabischstämmigen Männern besetzt ist.

Die Tresen im Publikumsverkehr wurden wegen Angriffen und Anspuckens schon vor einiger Zeit erhöht. Außerdem gibt es wie in vielen derartigen Behörden auch im Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten einen Deeskalationsraum, der intern gern „Tobe-Raum“ genannt wird. Dies sei für Fälle notwendig, bei denen die ausgezahlte Geldsumme als zu niedrig eingeschätzt wird, sagt ein Behörden-Mitarbeiter.

Ansonsten können sich die „Klienten“ des Landesamtes über mangelnde Fürsorge und Zuwendung nicht beklagen. So hat die Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales festgestellt, dass Asylbewerber, die in Hotels und Hostels untergebracht sind, zu wenig „Beratungsangebote“ annehmen.

Ursprünglich hatte die Ausschreibung gezielt „Empowerment und Partizipation von Zugewanderten der Gruppe der Roma“ heißen sollen. Der Titel wurde allerdings später geändert, weil intern auffiel, dass die „Gruppe der Roma“ mehrheitlich aus Rumänien und Moldawien stammt und deshalb eigentlich ausreisepflichtig ist. In den Ausschreibungstexten wird aber nach wie vor an den genannten Sprachen deutlich, dass diese Personengruppe adressiert wird. Dort heißt es unter anderem: „Die situationsbezogene und bedarfsgerechte Gruppenberatung (ggf. für zwei Altersgruppen: Erwachsene und Jugendliche) erfolgt im Peer-to-Peer-Ansatz oder durch Sprachmittlung in den Sprachen (Romanes, Rumänisch, Russisch oder ggf. Ukrainisch).“ „Peer-to-Peer“ bedeutet Kommunikation unter Gleichen.

„Empowerment der Zielgruppe verbessern“

Weiter heißt es in der Ausschreibung der „Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung (SenASGIVA)“: „Erfahrungsgemäß sind häufige Beratungsbedarfe für Erwachsene z.B. Erklärung des Unterbringungssystems, der Hausordnung und des Zusammenlebens in den Unterkünften, Zuständigkeit der deutschen Behörden und Umgang mit dem Gesundheitssystem. Bei Jugendlichen sind häufige Bedarfe u.a. Unterstützung bei der Gestaltung einer Tageskultur (Beschäftigung), Information zu städtischen Angeboten und jugendspezifischen Aktivitäten, Rolle der Bildung bzw. Schule. Diese Leistung zielt darauf ab, Empowerment der Zielgruppe und ihre Partizipation zu verbessern.“

Doch auch hier geht es nicht ganz konfliktfrei ab. Ein weiterer Punkt in der Ausschreibung lautet: „Die Konfliktschlichtung und Vermittlung zwischen Zielgruppe und Mitarbeitenden der Unterkünfte erfolgt ebenfalls mithilfe der Sprachmittlung (Romanes, Rumänisch, Russisch, ggf. Ukrainisch). Diese bedarfsgerechte Unterstützung soll spezifisch darauf ausgerichtet sein, bei Konfliktsituationen eine Vermittlung zwischen den Bewohnenden sowie den Mitarbeitenden in den Unterkünften, und ggf. Anwohnenden zu ermöglichen.“ Konflikte sollen so frühzeitig erkannt und bewältigt werden und „ein harmonisches Zusammenleben“ fördern.

Tipps, wie man mehr Bargeld abgreifen kann

Bemerkenswert ist auch die im Grunde nur noch lose den Regeln der deutschen Rechtschreibung folgende Sprache der Ausschreibung. So heißt es etwa zur Abwechslung einmal nicht mehr im falsch verwendeten Partizip, sondern mit *: „Die Berater*innen nehmen sich Zeit, um die Anliegen und Perspektiven aller Parteien zu verstehen und zu respektieren. (…) Durch professionelle Moderation soll eine offene Kommunikationsplattform, auf der alle Beteiligten ihre Sichtweisen ausdrücken können, geschaffen werden.“

Mitarbeiter der Verwaltung berichten allerdings auch davon, dass von „besonders engagierten Sozialarbeitern zuweilen auch Tipps gegeben werden, wie die Migranten ihre Bargeld-Zuweisungen erhöhen können“. Gängig sei etwa die Argumentation, man vertrage kein deutsches Essen und müsse sich teurere Lebensmittel kaufen oder brauche zusätzliche Kleidung.

Es herrscht in der Verwaltung auch nicht durchweg Verständnis dafür, dass die Sozialarbeiter die nicht selten arbeitslosen „Kunden“ direkt in der Unterkunft aufsuchen, da diese meist über die kostenlose „Welcome-Card“ der Berliner Verkehrsbetriebe verfügen. Wartezeiten auf Ämtern, über die viele Berliner klagen, entfallen bei „aufsuchender Beratung“ ebenfalls.