Leugnet die ÖVP etwa die biologische Zweigeschlechtlichkeit? Dieser Eindruck entsteht, wenn man die von der Kanzler-Partei unterstütze Novelle des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes liest. Der Grund: Es ist nicht länger von Männern und Frauen die Rede, sondern die biologische Zweigeschlechtlichkeit wird um ideologische Geschlechtsidentitäten ergänzt Während man solche ideologischen Ansätze von den Grünen längst gewöhnt ist, überrascht es viele Beobachter, dass auch die ÖVP dem Gesetztestext in dieser Form zugestimmt hat.

Doch dort geht man mittlerweile auf Distanz. Wie die ÖVP-Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler jetzt schreibt , sein “den Zuständigen in der Volkspartei leider Fehler unterlaufen.” Man werde dies nun so schnell wie möglich korrigieren.

Sie selbst habe aus diesem Grund den Änderungen des Bundesgleichbehandlungsgesetzes nicht zugestimmt. “Unser Abänderungsantrag, für den ich ohne Rücksicht auf Verluste gekämpft habe, wurde leider von den Grünen blockiert, und Vizekanzler Kogler konnte die Änderungen im Zuge der Dienstrechtsnovelle gegen die Meinung der Fachsektion und der Frauenministerin durchziehen. An diesen Schnappschüssen ist mir der Albtraum gestern anzusehen”, schreibt sie auf Instagram zu Bildern, die sie mit entsetzter Miene während der Abstimmung zeigen.

Per Aussendung bemühte sich die ÖVP am Donnerstag eilig um Schadensbegrenzung: “Die Volkspartei lehnt die im Zuge der Dienstrechtsnovelle beschlossene Anpassung bei der Geschlechtsdefinition entschieden ab. Die ursprüngliche Geschlechtsdefinition wäre vollkommen ausreichend gewesen, eine Änderung der Rechtslage war unnötig. Leider ist mit der Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes am Mittwoch im Verlauf des letzten Sitzungstages des Nationalrates vor der Wahl eine Bestimmung mitbeschlossen worden, die wir entschieden ablehnen”, betont ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl. Bei der konstituierenden Sitzung werde der Fehler betreffend Geschlechtsdefinitionen repariert, versicherte er.

Konkret heißt es jetzt im Artikel 11 der Änderung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes: “Geschlecht im Sinne dieses Bundesgesetzes umfasst Geschlechtsmerkmale, Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechterrolle.” In den Erläuterungen wird zudem aufgeführt: “Der Begriff ‘Geschlecht’ ist im vorliegenden Gesetz umfassend zu verstehen und bezieht sich auf biologische wie soziale Dimensionen.”

Auch Grüne Politikerin protestiert öffentlich

Zuvor hatte bereits die Grüne Nationalratsabgeordnete Faika El-Nagashi öffentlich gegen den Gesetzestext protestiert: “Wir sind nun also bei der Abkehr von einem biologischen Begriff von Geschlecht und einem objektiv-faktischen Bezug zu Männern und Frauen, hin zu seiner subjektiven und von Außen nicht feststellbaren Selbstwahrnehmung mit allen möglichen Ausdrucksformen gekommen.” Das Gesetz beziehe sich in seiner neuen Form nicht mehr auf Frauen, sondern auf eine “nicht näher definierte Zahl von individuell empfundenen Geschlechtern”.