Was erwartet Österreich im Jahr 2070? Zehn Millionen Menschen? Oder ein überaltertes Land mit drastischem Rückgang der Geburten? Die Realität liegt irgendwo zwischen beidem – und sie wird unbequem. Denn schon jetzt ist klar: Die Weichen, die heute gestellt werden, entscheiden darüber, ob der Sozialstaat noch funktioniert oder kollabiert- so im Pragmaticus zu lesen.

Was sagen die Zahlen?

Das Hauptszenario der Statistik Austria rechnet bis 2070 mit einem Bevölkerungswachstum auf gut zehn Millionen. Dafür müssten mehr Kinder geboren werden und die Zuwanderung müsste hoch bleiben. Wenn diese Annahmen nicht eintreffen, kann die Bevölkerung laut UNO-Prognose auch auf 8,7 Millionen zurückgehen.

Beide Varianten stellt die Politik vor Herausforderungen. Mehr Menschen bedeutet mehr Wohnraum, sozial Leistungen und Versorgung. Weniger Menschen bedeutet eine stark veraltete Bevölkerung.

STATISTIK AUSTRIA, Bevölkerungsprognose 2024 (gerundete Ergebnisse). Erstellt am 27.11.2024. - Bevölkerung im Jahresdurchschnitt.STATISTIK AUSTRIA/Screenshot

Die Geburtenrate in Österreich

Im Jahr 2024 lag die Geburtenrate in Österreich bei nur 1,31 Kindern pro Frau. Das ist weit vom sogenannten Bestandserhaltungsniveau entfernt, das bei 2,1 liegt. Das ist aber kein neuer Trend. Bereits von 1964 bis 1976 sank die Fertilität von 2,8 Kinder  auf 1,7 Kinder ab.

Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung. Schon 2040 wird ein Viertel der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. Das stellt Pensionen, Pflege und Gesundheitsversorgung vor massive neue Herausforderungen.

Migration allein wird das Problem nicht lösen

Österreich wächst derzeit fast ausschließlich durch Zuwanderung. Ein Viertel der Bevölkerung wurde im Ausland geboren. Doch diese Migration ist extrem schwankend. In manchen Jahren kommen über 100.000 Menschen, in anderen deutlich weniger. Zudem beanspruchen viele Zuwanderer später selbst staatliche Leistungen. Damit Migration langfristig nützt, müssen Einwanderer schneller in Beschäftigung kommen und so erfolgreich Integriert werden.

Nicht jeder Zuwanderer entlastet den Staat. Wer keine Arbeit findet, bleibt Nettoempfänger. Daher ist gezielte Auswahl entscheidend. Wer Österreich wirtschaftlich voranbringen will, muss Migration gestalten und nicht nur zulassen.

Interaktive Prognose der Bevölkerungspyramide in Österreich im Jahr 2025 – basierend auf Daten der Statistik AustriaSTATISTIK AUSTRIA /Screenshot

Pension, Betreuung, Wohnraum: Herausforderungen im Alltag

Auch beim Pensionssystem, in der Familienpolitik und bei der Wohnraumnutzung steht Österreich vor strukturellen Herausforderungen. Die Diskussion über eine mögliche Verlängerung der Erwerbsphase wird in Fachkreisen intensiv geführt, auch mit Blick auf die steigende Lebenserwartung. Bundeskanzler Stocker stellte jedoch erst kürzlich klar, dass eine Anhebung des Pensionsantrittsalters derzeit nicht geplant ist. Gleichzeitig wird betont, dass bessere Rahmenbedingungen für Familien notwendig sind – etwa durch mehr öffentliche Betreuungsangebote, kindgerechten Raum im Alltag und leistbaren Wohnraum. Immer öfter leben ältere Menschen alleine in großen Wohnungen, während junge Familien auf der Suche nach Platz bleiben. Modelle zur besseren Nutzung bestehender Wohnflächen gewinnen daher an Bedeutung.

Bundeskanzler Christian Stocker. In der Debatte um das Pensionsalter stellte er zuletzt klar, dass eine Anhebung derzeit nicht vorgesehen ist.APA/HELMUT FOHRINGER

Die Ära des Wachstums ist vorbei

Lange lebte Österreich vom Bevölkerungszuwachs, steigender Frauenerwerbsquote und billiger Energie. Diese Zeiten sind vorbei. Knappheit kehrt zurück, nicht nur am Arbeitsmarkt, sondern auch im Gesundheits- und Pflegesektor. Künftig zählt nicht mehr nur Wachstum, sondern vor allem Effizienz. Ressourcen müssen besser genutzt, Strukturen angepasst werden.

Die demografische Entwicklung ist unsicher. Daher braucht es mehr Flexibilität in der Politik. Pensionssysteme müssen automatisch reagieren können. Infrastruktur muss rückbaubar geplant sein. Wer heute richtig investiert, bleibt morgen handlungsfähig.