Es war ein filmreifer Vorfall, dessen Hintergründe die Ermittler vor Rätsel stellte. Der Beschuldigte – ein 32-jähriger Niederländer – wurde nun wegen versuchten Mordes schuldig gesprochen und zu 20 Jahren unbedingter Haft verurteilt. Zudem soll er in eine Anstalt für zurechnungsfähige, geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Zugetragen hat sich die Tat am 8. Juli 2020 in Zell am See. Der Niederländer hat acht Schüsse auf einen 40-jährigen Wiener abgefeuert. Das Opfer überlebte trotz schwerster Verletzungen.

Opfer blieb nach sieben Schüsse auf Gehsteig liegen

Die beiden Männer dürften sich in einem Geschäftslokal zur Vermietung von E-Scootern im Pinzgau kennengelernt haben, in dem der gebürtige Wiener offenbar gearbeitet hat. Der Niederländer, ein Schlosser und Tätowierer, war nach Zell am See gereist, um ein neues Leben zu beginnen.

Der Vorfall ereignete sich in der Nacht auf den 8. Juli. Die beiden Männer waren gemeinsam im Auto des Wieners unterwegs, offenbar um einen Freund des Niederländers in Flintsbach am Inn in Bayern abzuholen. Nach etwa 200 Meter Fahrt sollen die beiden in Streit geraten sein, laut dem Beschuldigten, weil ihn der Wiener entgegen seiner Zusage doch nicht nach Bayern fahren wollte. Laut Anklage stieg der Niederländer aus, ging bis zum Fahrbahnrand und feuerte von dort mindestens sieben Schüsse auf den Wiener ab, der weiterhin hinter dem Lenkrad saß. Nach wenigen Metern Fahrt fiel das Opfer aus dem Wagen und blieb am Gehsteig liegen.

Opfer mitten im Wald gelegt

Der Schütze ließ den Verletzten zurück und lud in seiner nur wenige 100 Meter entfernten Mietwohnung die Faustfeuerwaffe nach. Dann kam er zum Tatort zurück, hievte den 40-Jährigen in den Kofferraum des Wagens und gab mindestens einen weiteren Schuss auf ihn ab – was er aber im Prozess bestritt. Anschließend fuhr er rund acht Kilometer in einen Wald, stieß den Mann über eine steile Böschung hinunter und ließ ihn im unwegsamen Gelände liegen.

Der Niederländer fuhr später in sein Appartement zurück, wo die Polizei bei ihm auftauchte, weil er seine Schlüsselkarte verloren hatte – offensichtlich beim Einladen des Wieners in den Kofferraum. Als die Beamten dann noch Munition in der Wohnung fanden, nahmen sie ihn fest. Im Nahbereich der Unterkunft stießen sie auch auf das Auto des Wieners, in dem auf dem Beifahrersitz die Tatwaffe lag.

Bereits fünfmal wegen Gewaltdelikten verurteilt

Dem Opfer war es trotz der schweren Verletzungen gelungen, mit seinem Mobiltelefon einen Notruf abzusetzen. Die Einsatzkräfte konnten ihn per Handypeilung orten. Eine Polizeistreife fand den Mann in den frühen Morgenstunden. Er wurde mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht.

Der Angeklagte wurde in seiner Heimat bisher 18 mal verurteilt, davon fünfmal wegen Gewaltdelikten. Zuletzt wurde er im April 2020 aus der Haft entlassen. Ende Juni mietete er sich ein Appartement in Zell am See, um dort ein neues Leben zu beginnen und als Tätowierer zu arbeiten, wie er schilderte.

Gutachter: Geistig abnorm und zurechnungsfähig

Die Geschworenen haben die Frage nach einem versuchten Mord einstimmig bejaht und damit im Sinne der Anklage entschieden. Das Gericht sprach dem Wiener ein Teilschmerzensgeld in Höhe von 66.000 Euro zu. Opferanwalt Stefan Rieder hatte 70.000 Euro gefordert.

Der Niederländer gestand zu Beginn der Verhandlung am Landesgericht Salzburg sieben Schüsse auf das Opfer ein. Er bekannte sich zu einer schweren Körperverletzung schuldig, nicht aber zum Vorwurf des versuchten Mordes.

Der Gutachter hat eine für den Angeklagten ungünstige Gefährlichkeitsprognose erstellt und sein neuro-psychiatrisches Gutachten modifiziert. Demnach würden die Voraussetzungen für eine Einweisung in einer Anstalt für geistig abnorme, zurechnungsfähige Rechtsbrecher vorliegen, erklärte er. (APA/Red)