„Bin in Blutrausch verfallen“: 18-Jähriger zu Doppelmord geständig
Im Prozess gegen den 18-Jährigen, der wegen Doppelmordes, versuchten Mordes und absichtlicher schwerer Körperverletzung angeklagt ist, gestand der Angeklagte, dass er „in einen Blutrausch verfallen“ sei. Ein psychiatrisches Gutachten stuft ihn zudem als „Serienmörder“ ein.
Am Montag hat am Wiener Landesgericht der Prozess gegen einen 18-Jährigen wegen Doppelmordes, versuchten Mordes und absichtlicher schwerer Körperverletzung begonnen (exxpress berichtete). Ihm wird vorgeworfen, im Sommer 2023 zwei schlafende Obdachlose mit einem Messer vorsätzlich getötet und eine obdachlose Frau schwer verletzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, die Frau als Zeugin zu befragen. “Ich bekenne mich schuldig”, erklärte der 18-Jährige während seiner Einvernahme.
„Ich habe es getan. Ich bereue es“, sagte der junge Mann, der ausführlich zu den ihm vorgeworfenen Morden Stellung nahm. „Wenn ich schon entscheide über Leben und Tod, muss ich das machen“, erklärte er. Er sei “in eine Art Blutrausch” verfallen, berichtete der Angeklagte. Vor jeder Tat habe er sich „dreckig gefühlt und schmutzig“ und das Bedürfnis gehabt, „komplett sauber und frisch geduscht” zu sein. Er sei „ein dummer Mensch gewesen, der durch die Gegend geht und Menschen umbringt“. Diese Gedanken haben ihn über einen längeren Zeitraum, etwa zwei bis drei Monate, beschäftigt. Sie hätten ihn „nicht mehr losgelassen“.
Nach erstem Mord „ein Gefühl von Erfüllung“
„Es waren nicht gezielt obdachlose Menschen“, betonte der Angeklagte. Er habe den Opfern „nicht in die Augen schauen können. Ich konnte nicht das Leiden im Gesicht sehen. Es waren schlafende Menschen.“ Nach dem ersten vollendeten Mord habe ihn „ein Gefühl von Erfüllung“ überkommen: „Das Opfer sollte sterben.“ Er habe sich „einerseits schlecht gefühlt. Andererseits war es ein Reiz, den ich noch nie gespürt habe. Irgendwie hat es mir das gegeben, was ich gesucht habe“. „Der kleine Teufel hat gesiegt“, bemerkte der Angeklagte. „Der große Teufel“, korrigierte der vorsitzende Richter Andreas Hautz.
Neben den Tötungsdelikten wird auch eine Gewalttat gegen die Mutter des Angeklagten behandelt. Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigt, dass der 18-Jährige zu den Zeitpunkten der Taten zurechnungsfähig und damit schuldfähig war. Der Sachverständige Peter Hofmann stellte jedoch fest, dass von dem 18-Jährigen aufgrund einer Persönlichkeitsentwicklungsstörung eine erhebliche Gefahr ausgeht. In seiner Expertise bezeichnete Hofmann den Angeklagten als „Serienmörder“. Diese sind häufig dadurch gekennzeichnet, dass sie einen noch stärkeren Reiz suchen und bei ihren Taten nach neuen Opfern, anderen Orten und verschiedenen Tötungsmethoden Ausschau halten. Laut Gutachten sind ohne therapeutische Interventionen mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Straftaten mit schweren Folgen zu erwarten. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 21 Absatz 2 StGB zusätzlich die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum beantragt.
Der Angeklagte, der zum Zeitpunkt der Taten 17 Jahre alt war, soll am 12. Juli 2023 einen 56-jährigen Mann mit einem Küchenmesser auf einer Parkbank am Handelskai in Wien-Brigittenau erstochen haben. Am 22. Juli fügte er laut Anklage derselben Waffe in der Venediger Au in Wien-Leopoldstadt einer 51-jährigen Frau schwere Stich- und Schnittverletzungen zu, die das Opfer überlebte. In der Nacht auf den 9. August soll der Angeklagte am Hernalser Gürtel in Wien-Josefstadt einen 55-jährigen Mann mit dem Messer getötet haben. Staatsanwältin Julia Kalmar schilderte zu Beginn der Verhandlung, dass der Angeklagte „seit Kindheitstagen Mordfantasien“ hegt und beim Gedanken daran „Erregung und Gänsehaut verspürt“.
Vor Taten Handy auf Flugmodus gesetzt und sich maskiert
Vor den vorgeworfenen Tötungsdelikten soll der 17-Jährige sein Handy jeweils auf Flugmodus gestellt haben, um eine Ortung zu verhindern. Er trug eine schwarze Kapuzenjacke und zog sich kurz vor den Taten die Kapuze über den Kopf. Aus „Angst vor Überwachungskameras“, wie die Staatsanwältin erklärte, setzte er sich zudem einen selbstgebastelten Mundschutz auf. Die Tatwaffe fixierte er am Knöchel seiner rechten Hand, um ein Abrutschen zu vermeiden.
Der 18-Jährige berichtete den Geschworenen, dass er schon in der Schule an einen „Amoklauf“ gedacht habe. „Ich konnte mich abhalten. Damals war meine Störung noch nicht so stark. Damals konnte ich das noch als dummen Gedanken zur Seite schieben.“ Bereits mit zehn habe er mit einer Softgun auf seine Stiefmutter gezielt.
Auch Angriff auf Mutter von Anklage umfasst
Am 18. September 2023 griff der Angeklagte laut Anklage seine Mutter an und verursachte ihr mehrere Rippenbrüche, eine Schädelprellung, Hämatome sowie Abschürfungen am gesamten Körper. Er versetzte ihr einen Faustschlag ins Gesicht und trat anschließend auf den Kopf und den Körper der am Boden liegenden Frau ein.
Der Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger erklärte in seiner Eröffnungsrede, dass sich der 18-Jährige „vollständig schuldig bekennen“ werde. Er betonte jedoch, dass der Angeklagte kein „empathieloses Monster“, sondern ein „lieber, netter 18-Jähriger“ sei. Seine schwierige Kindheit habe ihn geprägt; die Eltern hätten sich scheiden lassen, als er erst zwei Jahre alt war. Die neue Partnerin seines Vaters, seine Stiefmutter, habe ihn „psychisch missbraucht“ und später seine geliebte jüngere Halbschwester erschossen, bevor sie Selbstmord beging.
Nach Tod der Schwester „mit ihr gestorben“
„Ich bin zum Teil mit ihr gestorben“, sagte der 18-Jährige dazu. Die Stiefmutter habe ihm „einen Teil meines Lebens genommen“, denn er habe die Halbschwester geliebt. Nach ihrem Tod habe er verstärkt Drogen – Kokain, Ketamin und andere Substanzen – konsumiert.
Seine leibliche Mutter sei manisch-depressiv gewesen und habe ihm „die Liebe, die man bei ihr gesucht hat, nicht gegeben.“ Er habe „nur Hass bekommen.“ Sein Vater sei „ein guter Vater für mich“ gewesen, „aber was mir gefehlt hat, war ein Vater, der sich durchsetzen kann. Er will es jedem Recht machen. Das ist der falsche Weg. Er ist ein schwacher Mensch“. Ihm hätte „ein Mann mit Durchschlagskraft“ als Vater-Figur gefehlt. (APA/red)
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