"Blutrausch": Haft und Einweisung für 18-Jährigen nach Obdachlosen-Doppelmord
Ein 18-Jähriger wurde am Montagabend schuldig gesprochen, nachdem er wegen Doppelmordes, versuchten Mordes und absichtlicher schwerer Körperverletzung angeklagt worden war. Der Angeklagte gestand, dass er “in einen Blutrausch verfallen” sei.
Ein 18-Jähriger ist am Montagabend am Wiener Landesgericht wegen Doppelmordes an zwei wohnungslosen Männern, versuchten Mordes an einer unterstandslosen Frau und schwerer Körperverletzung zulasten seiner Mutter zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Zudem wurde er aufgrund einer schwerwiegenden und nachhaltigen Persönlichkeitsstörung und seiner damit verbundenen Gefährlichkeit in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. “Ich nehme die Strafe an und danke den Geschworenen. Ich werde meine Chance nützen”, reagierte der 18-Jährige. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.
Der zu den Tatzeitpunkten 16-Jährige entging mit der verhängten Strafe recht deutlich der Höchststrafe, die bei ihm nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) bei 15 Jahren gelegen wäre. Das Gericht billigte ihm neben den Erschwerungsgründen – der vorsitzende Richter erwähnte in diesem Zusammenhang “verwerfliche Beweggründe” und das Ausnützen der Wehrlosigkeit der schlafenden Opfer – mehrere Milderungsgründe zu. Besonders der “Beitrag zur Wahrheitsfindung” – der Bursch hatte sich selbst der Polizei gestellt – und die detaillierten Angaben zum jeweiligen Tathergang wurden neben der bisherigen Unbescholtenheit, der herabgesetzten Dispositionsfähigkeit und “mindergünstigen Erziehungsverhältnissen” zugunsten des jungen Mannes berücksichtigt.
Laut Kinder- und Jugendpsychiaterin führte Angeklagter Taten "ritualhaft" aus
Bezogen auf die Tötungsdelikte führte die Sachverständige aus, der Angeklagte habe sich an diese “kognitiv herangetastet”. Die Taten habe er “ritualhaft” begangen. “Er hat das Messer immer frisch abgewischt. Er war frisch geduscht. Er hat Versuche abgebrochen, weil er geschwitzt hat”, sagte Sevecke. Während der ersten zwei Tötungsdelikte habe es eine “akute Intoxikation mit Ketamin” gegeben, aber im Hinblick auf die sorgsame Tatplanung, Umsetzung und des Nachtatverhaltens bestehe kein Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit zu den jeweiligen Tatzeitpunkten. Sevecke empfahl dringend die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum, da der 18-Jährige eine Therapie benötige.
Das bekräftigte im Anschluss der renommierte Gerichtspsychiater Peter Hofmann. In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Tötungen bemerkte der Experte: “Er hat das akribisch vorbereitet. Er war immer in der Lage zu wissen, dass man das nicht darf.” Es gebe “wenige Menschen, die dieses Potenzial haben, das umzusetzen.” Der 18-Jährige habe sich zunächst so genannte School Shootings überlegt gehabt, sich dann aber dafür entschieden, mit seinem Messer auf Wohnungslose loszugehen. Zugute hielt der Sachverständige dem Burschen, die Serie “nachhaltig beendet” zu haben, indem er sich freiwillig der Polizei stellte und ein Geständnis ablegte: “Ich wüsste nicht, wie man sonst auf ihn gekommen wäre.”
Staatsanwältin ortete "besonders verwerfliche Beweggründe"
Das billigte Staatsanwältin Kalmar in ihrem Schlussvortrag auch dem Angeklagten zu. Die Selbststellung müsse man diesem zugute halten: “So ehrlich muss man sein, das kommt selten vor. Das muss man ihm hoch anrechnen.” Dessen ungeachtet handle es sich um “äußerst brutale und heimtückische” Verbrechen, die eine “empfindliche Freiheitsstrafe” nach sich ziehen müssten. “Er hat sich schlafende, unterstandslose Opfer genommen, die schon alles im Leben verloren hatten”, sagte Kalmar. Er habe aus “besonders verwerflichen Beweggründen” gehandelt: “Er hat die Taten aus Mordlust begangen.”
Verteidiger Arbacher-Stöger bat die Geschworenen darum, bei der Strafbemessung “Augenmaß” walten zu lassen und seinem Mandanten “keine brachiale Strafe” zu geben: “Die Einweisung möchte er sowieso. Er möchte, dass ihm geholfen wird und dass er gesund wird.”
Dem Angeklagten hatten nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) bis zu 15 Jahre Haft und die zeitlich unbefristete Unterbringung im Maßnahmenvollzug gedroht. Mit der Entlassung ist nach Verbüßung der über ihn verhängten Haft erst dann zu rechnen, wenn von einem psychiatrischen Sachverständigen festgestellt wird, dass die haftbegleitenden therapeutischen Maßnahmen ihre Wirkung entfaltet haben und von dem Mann keine Gefahr mehr ausgeht. (APA/red)
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