Nach dem tödlichen Angriff bei der „Chanukka-by-the-Sea“-Veranstaltung in Bondi Beach wirft ein vertrauliches Schreiben neue Fragen auf. Wie nun bekannt wurde, hatte eine jüdische Sicherheitsorganisation die Polizei bereits Wochen zuvor vor einem hohen Terrorrisiko gewarnt. Dennoch kam es am 14. Dezember zu einem der schwersten Anschläge in der Geschichte Australiens.

Klare Warnung vor Chanukka-Feier am Strand

Aus einem durchgesickerten Dokument der Community Security Group NSW (CSG NSW) geht hervor, dass die Organisation die Behörden bereits am 26. November auf eine konkrete Gefahr hingewiesen hatte. Laut einem Bericht von ABC wurde darin explizit vor einem erhöhten Risiko bei der Chanukka-Veranstaltung am Bondi Beach gewarnt.

In dem Schreiben heißt es: „Die Jüdische Gemeinde von NSW erlebt derzeit ein beispielloses Ausmaß an Verleumdung und eine signifikante Zunahme von Vorfällen, die sich auf die Gemeinschaft auswirken.“

Weiter wird betont, dass „feindliche Akteure in der Vergangenheit jüdische und israelische Interessen ins Visier genommen haben, um Vergeltung für die Entwicklungen im anhaltenden Nahostkonflikt zu üben und lokale Einrichtungen einzuschüchtern, die als mit Israel verbunden wahrgenommen werden“.

Gefahr durch Einzeltäter und dschihadistische Ideologie

In der Risikobewertung der CSG NSW wurde auch auf die jährliche Bedrohungsanalyse 2025 des australischen Inlandsgeheimdienstes ASIO verwiesen. Besonders hervorgehoben wurde das Risiko von „Einzeldarstellerangriffen, die von der globalen dschihadistischen Propaganda inspiriert sind“.

In dem Dokument heißt es dazu: „Während der Islamische Staat und Al-Qaida die territoriale Kontrolle verloren haben, bleibt ihre Ideologie bestehen und schwingt online mit Einzelpersonen mit.“

Als größte religiös motivierte Bedrohung für Australien wurde „sunnitischer gewalttätiger Extremismus” genannt. Gleichzeitig warnte das Papier auch vor Links- und Rechtsextremismus und verwies dabei unter anderem auf eine Neonazi-Kundgebung vor dem Parlament von New South Wales im November.

15 Tote – Kritik an Polizeipräsenz

Die NSW-Polizei wollte gegenüber news.com.au weder bestätigen noch dementieren, das Dokument erhalten zu haben. Als Begründung wurden laufende Ermittlungen und bevorstehende Untersuchungen genannt.

Der Zeitpunkt der Warnung rückt die Sicherheitsvorkehrungen bei der Veranstaltung nun in ein neues Licht. Kritiker bemängeln, dass bei der Chanukka-Feier am 14. Dezember nicht ausreichend Polizeikräfte vor Ort gewesen seien. Kurz nach 6.40 Uhr eröffneten zwei bewaffnete Männer von einer Fußgängerbrücke aus das Feuer auf Strandbesucher und Feiernde.

Bei dem Angriff wurden 15 Menschen getötet und 40 verletzt. Die Täter, Vater und Sohn Sajid und Naveed Akram, kamen ebenfalls ums Leben beziehungsweise wurden festgenommen. Einer der Schützen starb am Tatort, der jüngere wurde verletzt, hat sich erholt und befindet sich in Untersuchungshaft.

Regierung unter Druck – „Wir hätten mehr tun müssen“

Außenministerin Penny Wong zeigte sich erschüttert. Gegenüber The Advertiser sagte sie, sie bedauere die Tragödie „verzweifelt“ und räumte ein, dass die Regierung mehr hätte tun können, um den wachsenden Antisemitismus einzudämmen. „Es tut mir sehr leid, was in unserem Land passiert ist und was die jüdische Gemeinde erlebt hat“, erklärte Wong.

Sie fügte hinzu: „Sie bedauern immer, was mehr hätte getan werden können … Wir haben gehandelt, aber wir müssen mehr tun – und das sind wir.“ Wichtig seien Reformen bei der Waffenkontrolle und bei Hassreden, „aber wir müssen eindeutig noch weiter gehen“.

Premierminister Anthony Albanese wies Vorwürfe zurück, dass die Anerkennung Palästinas durch Australien mit dem Anschlag in Verbindung stehe. „Aus den Beweisen ist sehr klar, dass dies ein von ISIS inspirierter Angriff war“, sagte Albanese. ISIS sei „eine Ideologie, eine Perversion des Islam“, die mit Nationalstaaten nichts zu tun habe.

In einer Weihnachtsansprache bezeichnete Albanese den Anschlag als „über das Verständnis hinaus“ und sprach von einer „bösen Präsenz“. Eine königliche Bundeskommission lehnte die Regierung ab, kündigte jedoch Überprüfungen der Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden an.