Deutschlands Gas-Fiasko: Speicher so leer wie seit 2011 – kein Plan für morgen
Die Bundesnetzagentur gibt sich noch gelassen – doch die Zahlen sind ein Warnsignal: Deutschlands Gasspeicher liegen deutlich unter Vorjahr und unter EU-Schnitt. Gleichzeitig wackeln Katar-Lieferungen, russisches LNG fällt weg – und teures US-Gas droht zur neuen Abhängigkeit zu werden.
Deutschland meldet „alles im Griff“ – aber die Realität in den Speichern sieht anders aus. Laut der Plattform Gas Infrastructure Europe (GIE) lag der Speicherstand im September bei 77 Prozent – so niedrig wie seit 2011 nicht mehr. Am 27. Dezember waren es nur noch 58,7 Prozent, rund fünf Punkte unter dem EU-Durchschnitt. Das ist ein Niveau, das Deutschland sonst erst später im Winter erreicht – und die kalten Wochen haben gerade erst begonnen. Die Bundesnetzagentur beruhigt zwar: Das zentrale Ziel, mindestens 70 Prozent bis 1. November, sei erreicht und sogar um fünf Prozentpunkte übertroffen worden. Doch der Trend zeigt klar nach unten – und genau das macht die Lage politisch explosiv – berichtet Apollo News.
Deutschland ging „sparsam“ in den Winter
Im Vergleich zu Ländern wie Frankreich oder Polen hat Deutschland seine Speicher weniger aggressiv gefüllt. Gründe: gelockerte Vorgaben, die seit 2022 ausgerufene Alarmstufe wurde zurückgenommen (seit Juli gilt nur noch die Frühwarnstufe) – und im Sommer waren die Preise höher. Dazu kommt: Ohne langfristige Verträge hängen Preis und Versorgung immer stärker am Tagesgeschäft.
US just overtook everyone to become the world's number 1 LNG exporter!
— Jack Prandelli (@jackprandelli) December 27, 2025
United States: Surging past 12-14 Bcf/d in recent years
Australia & Qatar: Stable around 10-11 Bcf/d
Russia: ~5 Bcf/d (hit by sanctions)
Malaysia: Lower and steady
From near-zero in 2016 to global… pic.twitter.com/rxhondws46
Norwegen, Benelux, LNG – ein Mix ohne echte Sicherheit
Nach dem Wegfall russischer Pipeline-Mengen stützt sich Deutschland auf einen Mix aus Ersatzquellen: Aus Norwegenkommen inzwischen über 40 Prozent des benötigten Gases, Belgien und die Niederlande liefern jeweils rund 20 bis 25 Prozent. Dazu wächst die Rolle von Flüssiggas (LNG), das über Nord- und Ostseehäfen importiert wird: Aktuell macht LNG etwa 14 Prozent aus, in den Wochen davor lag der Anteil aber meist eher bei rund zehn Prozent oder sogar im einstelligen Bereich.
LNG wurde als Heilsbringer verkauft – doch die deutsche Infrastruktur liefert bislang nicht das versprochene Wunder. Eine Auswertung der Deutschen Umwelthilfe für 2024 zeigt: Die Terminals sind teils deutlich unter ihren Möglichkeiten gelaufen. Mukran auf Rügen war seit Start im September 2024 nur gering ausgelastet, Wilhelmshaven lag unter Vorjahr, Brunsbüttel blieb auf Vorjahresniveau. Unterm Strich machten die drei Terminals nur einen kleinen Teil der importierten Gasmenge aus.
Das Wichtigste zuerst
— Stefan Homburg (@SHomburg) October 21, 2025
1. Deutschland hat in der EU ein Importverbot für russisches Gas ab 2027 durchgesetzt.
2. Wirtschaftsministerin Reiche will 40 neue Gaskraftwerke bauen.
3. Deutsches Gas darf nicht gefördert werden.
Schwarzrot stellt Ideologie über Wohlstand.
Hintergrund:… pic.twitter.com/DHPK85r8Zn
Katar bremst – EU-Regeln schrecken ab
Ein weiterer Teil des Plans wackelt: Ab 2026 sollten über LNG-Terminals bis zu zwei Millionen Tonnen aus Katarkommen. Doch Katar stellt sich quer – wegen strenger EU-Vorgaben aus dem Lieferkettenrecht, das Klima- und Menschenrechtsstandards absichern soll, in der Praxis aber als bürokratische Last gilt.
Das Problem: Katar ist für Europa keineswegs irrelevant. Eurostat-Zahlen zeigen, dass Katar zeitweise zu den wichtigsten LNG-Lieferanten zählt – während sich Europa gleichzeitig in eine neue Abhängigkeit manövriert.
Russland fällt weg – USA werden zur neuen Klammer
Parallel dazu beschließt die EU den nächsten Schnitt: russisches LNG soll ab 2026 gestoppt werden, spätestens Ende 2027 sollen alle Gasimporte aus Russland Geschichte sein. Was bleibt, ist teures Gas aus dem EU-Netz – und LNG aus den USA, inklusive politischer und ökologischer Debatten (Stichwort Fracking).
Und genau hier liegt die nächste Gefahr: Europa will nicht wieder „von einem Lieferanten abhängig“ werden – baut aber faktisch das nächste Abhängigkeitsverhältnis auf. Selbst die Bundesnetzagentur warnt, dass trotz stabiler Lage „Risiken verbleiben“ – und ruft zum Sparen auf.
🇷🇺 Russia’s Novatek, the country’s largest LNG producer, is now selling #LNG to China at ‼️30–40%‼️ discounts — a direct consequence of U.S. #Sanctions pressure on the Arctic LNG-2 project. The company couldn’t sell a single cargo for 20 months. Exports only resumed after Novatek… pic.twitter.com/83yzhFT07c
— Kyrylo Shevchenko (@KShevchenkoReal) November 20, 2025
Haushalte warm – Industrie zahlt die Rechnung
Für Privathaushalte dürfte es kurzfristig reichen: In den letzten Jahren hat Deutschland auch mit Krisen den Winter überstanden. Doch die Industrie ist das eigentliche Risiko. Sinkende Speicherstände treiben Preise – und damit Kosten für energieintensive Betriebe. Eine Uniper-Studie warnt: Bei niedrigeren Füllständen in Nordwesteuropa kann ein harter Winter volkswirtschaftliche Schäden in zweistelliger Milliardenhöhe verursachen. Je leerer die Speicher, desto teurer wird es zuerst für die Wirtschaft – und am Ende für alle.
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