Gericht stoppt Internierung von sieben Migranten in Albanien: Rückkehr nach Italien angeordnet
Ein Gericht in Rom stellt das umstrittene Abkommen zur Unterbringung von Migranten in Albanien infrage. Der Fall wird an den EuGH verwiesen, während die Regierung Meloni eine Liste sicherer Herkunftsländer anpasst, um rechtliche Hürden zu überwinden.
Ein Gericht in Rom hat die Internierung von derzeit sieben im italienischen Migrationszentrum in Gjadër in Albanien untergebrachten Asylwerbern ausgesetzt. Sie waren in den vergangenen Tagen im Mittelmeer aufgegriffen und am Samstag an Bord des Schiffes “Libra” der italienischen Marine nach Albanien gebracht worden. Die Einwanderungsabteilung des Gerichts in Rom hat am Montag den Fall an den EuGH verwiesen und die Bestätigung der Internierung der Migranten ausgesetzt.
Die sieben Männer aus Ägypten und Bangladesch müssen daher das Zentrum von Gjadër in Albanien verlassen und nach Italien zurückkehren, so Justizquellen. Am 18. Oktober hatte dasselbe Gericht die Internierung von zwölf Migranten abgelehnt, die zu der ersten Gruppe gehörten, die im Rahmen des umstrittenen Abkommens der Regierung in Rom über den Betrieb von Migrantenzentren auf albanischem Staatsgebiet nach Albanien gebracht wurde. Das Gericht lehnte die Inhaftierung der Migranten mit der Begründung ab, dass ihre Herkunftsländer Bangladesch und Ägypten aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Oktober nicht als völlig sicher angesehen werden könnten.
Infolgedessen mussten die zwölf Migranten nach Italien gebracht werden. Die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni hatte daraufhin eine Maßnahme verabschiedet, die eine Liste von 19 sicheren Ländern für die Rückführung enthält, darunter Bangladesch und Ägypten, um das rechtliche Hindernis für die Umsetzung des Albanien-Protokolls zu überwinden.
Der Entscheidung der Richter liegt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) von Anfang Oktober dieses Jahres zugrunde. In diesem wird festgehalten, dass ein EU-Land einen Drittstaat im Asylrecht nur als sicheres Herkunftsland definieren kann, wenn die Bedingungen dafür im gesamten Hoheitsgebiet des Staates erfüllt sind, so der Europäische Gerichtshof. Der Beschluss des Gerichts in Rom stellt die Grundlage des gesamten albanischen Plans, für den die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni über fünf Jahre hinweg mehr als 600 Millionen ausgeben will, ernsthaft in Frage.
Die von der italienischen Regierung auf den Weg gebrachten Regelungen gehen davon aus, dass Rückführungen in einem beschleunigten Verfahren (vier Wochen) durchgeführt werden können, wenn sie Bürger aus einer Liste von Ländern betreffen, die als “sicher” für Migranten gelten. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass diese Bedingung nur von Ländern erfüllt wird, in denen ausnahmslos alle Kategorien von Personen vor Diskriminierung sicher sind.
Heftige Kritik von Salvini
Der Richterbeschluss am Montag löste heftige Reaktionen aus. Der Parteivorsitzende der rechtsgerichteten Lega, Vizepremier und Verkehrsminister Matteo Salvini bezeichnete den Richterbeschluss als “ein weiteres politisches Urteil gegen die Italiener”. Das im Oktober gefällte ähnliche Urteil des Gerichts in Rom hatte er als das Werk von angeblich politisch beeinflussten Richtern bezeichnet.
Italien ist eines der Länder, die von der Fluchtbewegung aus Afrika nach Europa übers Mittelmeer besonders betroffen sind. Vor allem vergangenes Jahr waren die Zahlen hoch: Annähernd 160.000 Migranten erreichten Italiens Küsten auf Booten. Zurzeit kommen zwar weniger als halb so viele Menschen an als vor einem Jahr. Dennoch machen sich weiterhin Zehntausende mit oft kaum seetüchtigen Booten auf den Weg. Das italienische Experiment wird von anderen EU-Staaten aufmerksam verfolgt. (APA/red)
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