von Lucas Ammann

Der öffentlich-rechtliche ORF bekleckert sich nicht gerade mit Ruhm in diesen Tagen. Wie exxpress berichtete, gibt es seit Tagen massive Kritik am Staatsfunk für seine Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Anschlag auf mehrere Menschen an einem Grazer Gymnasium. So strahlte der ORF mehrere Interviews mit trauernden Jugendlichen in seinen Nachrichtensendungen aus und stellte Gespräche mit teilweise minderjährigen Schülern online. Unverpixelt.

Was nun folgt ist die Beschreibung einer grauenvollen Szene, die eine seriöse Quelle, ein Augenzeuge, der direkt vor Ort in Graz war, gegenüber exxpress schildert: Am Dienstagabend fand im vollen Grazer Dom ein Gedenkgottesdienst für die Opfer der Schulschießerei statt. Im Dom: Zahlreiche Trauergäste, darunter zahlreiche Spitzenpolitiker, Mitglieder der Bundes- und Landesregierung sowie Vertreter der Stadt Graz.

zVg/zVg

„Er zitterte förmlich“

Vor und rundum die Domkirche: Schwerbewaffnete Polizisten, Polizeiautos, zahlreiche Medienvertreter aus dem In- und Ausland, Reporter, Kamerateams. Und Trauergäste, die sich gerade auf den Weg zum Gottesdienst machen. Darunter auch junge Menschen, wohl auch einige Mitschüler der teilweise sehr jungen Opfer.

Was dann ein ORF-Reporter gemacht haben soll, erzählt ein vertrauenswürdiger Augenzeuge und Medieninsider, der ebenfalls vor Ort war, gegenüber exxpress. „Ein Jugendlicher näherte sich dem Dom, er zitterte förmlich und war sichtbar tief betroffen von dem Grazer Attentat“, schildert der Augenzeuge. „Dann kam ein ORF-Reporter auf den Jugendlichen zu und sein Kamerateam hielt ihm ein Mikrophon vor die Nase“, so der Zeuge weiter. Alle anderen Kamerateams, Journalisten, Reporter und Agenturmitarbeiter, die vor Ort waren, hätten sich aufgrund des betroffenen Anblicks des Jugendlichen zurückgehalten. Nur der ORF hätte sich aufgedrängt.

Arthur A. richtete in Graz ein Blutbad anScreenshot/Pixabay

Eltern stoppten Interviewversuch

„Zum Glück sind sofort die Eltern eingeschritten und haben das ORF-Team zurückgedrängt und konnten den Jugendlichen von einem Interview abhalten“, erinnert sich der Augenzeuge. Gerne hätte der exxpress dem ORF die Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Vorfall eingeräumt, eine Presseanfrage ließ man aber von Seiten des ORF bis zum Redaktionsschluss für diesen Bericht unbeantwortet.

SPÖ-Medienminister äußert sich

Unterdessen hat sich Vizekanzler und SPÖ-Medienminister Andreas Babler am Freitagabend via X (Twitter) zu Wort gemeldet. In der Berichterstattung der vergangenen Tage seien „viele äußerst bedenkliche bis hin zu verstörenden Handlungen seitens österreichischer Medien“ gesetzt worden. Zeugen seien „belagert“ worden. Ob Babler damit den ORF-Vorfall meint?

Anstatt unabhängige private Medienhäuser – die wohl zumindest mitgemeint sind von Babler – zu belehren, sollte der SPÖ-Medienminister wohl besser mal bei seinen roten Freundeskreisen im ORF-Stiftungsrat anrufen und mit ihnen über die problematische Berichterstattung des gebührenfinanzierten ORF diskutieren.

Der ORF hat eine Anfrage für eine Stellungnahme bislang nicht beantwortet. Sollte diese erfolgen, werden wir sie nachreichen.