"Hab Tag und Nacht getrunken: "Bierwirt" bekennt sich im Mordprozess schuldig
Dieser schreckliche Fall hielt ganz Österreich in Atem. Am 29. April soll Albert L. (43) seine Lebensgefährtin (35†) mit einem Kopfschuss getötet haben. Der „Bierwirt“ war zum Tatzeitpunkt mit 3,6 Promille im Vollrausch – er bekannte sich am Montag vor Gericht schuldig.
Die Staatsanwaltschaft will die Höchststrafe und zusätzlich die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragen. Viele Waffen zur Verteidigung hat Rechtsanwalt Manfred Arbacher-Stöger angesichts der gut dokumentierten Beweise und Indizien nicht. Er wird auf Unzurechnungsfähigkeit seines Mandanten zum Tatzeitpunkt plädieren, weil der Bierwirt 3,6 Promille intus hatte.
Der Angeklagte bekannte sich schuldig, will einen „Blackout“ geltend machen. An die tödlichen Schüsse erinnern können, will er sich nicht. Andererseits sagt er: „Es kann nur ich gewesen sein.“
Marijas Familie wird im Gerichtssaal sein, teilweise müssen die Hinterbliebenen als Zeugen aussagen: „Wir hoffen, dass er lebenslänglich bekommt und nicht schon in zehn, 15 Jahren wieder frei ist. Er soll sich nie mehr in das Leben von Marijas Kindern einmischen können“, sagt die Mutter. Für Albert L. gilt die Unschuldsvermutung.
"Hatte Selbstmorggedanken"
Am 23. April – etwa eine Woche vor den tödlichen Schüsse – kam es bereits zu einem brenzligen Zwischenfall in der Wohnung des späteren Opfers. Der Bierwirt verhielt sich der Familie der Frau gegenüber derart ungehörig, dass der Vater der Frau den Mann aus den Räumlichkeiten warf. Darauf soll der Verdächtige eine Schusswaffe gezogen, repetiert, das Schießeisen auf den Schwiegervater gerichtet und über dessen Kopf in den Türstock gefeuert haben. Deswegen wurde zwar keine Anzeige erstattet, jedoch wollte die Frau nun definitiv nichts mehr mit dem Gastronomen zu tun haben.
“Ich hatte Selbstmordgedanken und wollte die Pistole von der Frau”, erklärte der Angeklagte den Besuch in der Wohnung. Bedroht habe er niemandem mit der Waffe, die er drei Jahre zuvor zum eigenen Schutz erworben hatte. “Die Schusswaffe war im Kasten eingesperrt und ich hab’ sie rausgenommen.” Im Vorzimmer habe er die Schusswaffe geladen, “weil ich mich selbst umbringen wollte”. Der Vater seiner Lebensgefährtin wollte ihn beruhigen, seine Tochter habe geweint. “Es war eine Belastung für mich, weil alle auf mich eingeredet haben”, sagte der Bierwirt. “Mein Kopf war voll, ich wollte eigentlich nur sterben”, sagte er. “Ich hab’ in die Luft geschossen und bin weg.” Richter Nachtlberger: “Dass was Sie vorgehabt haben, haben Sie dann aber nicht gemacht.” Der Angeklagte: “Nein, leider nicht.”
Die schreckliche Tat
Donnerstag, 29. April 2021. 20 Uhr. 18 Grad. Ein perfekter Frühlingsabend, den viele Wiener noch für einen kleinen Spaziergang nutzen, um dem tristen Corona-Alltag zu entfliehen. Es ist der letzte Abend im Leben von Maria M. (35†). “Der Papa hat eine Waffe”, soll die 12-jährige Tochter noch versucht haben, einen Nachbarn zu alarmieren. Zu spät. Albert L., der “Bierwirt”, schoss seiner Ex mit seiner Pistole in den Kopf und ins Bein. Tötete sie vor den Augen der Kinder.
Ein Bewohner des Gemeindebaus, Dalibor D. (22) erinnert sich gegenüber dem eXXpress: “Kinder im Alter von circa 10, 11 Jahren liefen barfuß und schreiend aus der Haustüre in den Innenhof, um sich in Sicherheit zu bringen. Kurz darauf kam der Täter aus dem Haus und hatte die Waffe noch in der Hand.” Er klopfte anschließend gegen eine Fensterscheibe im Erdgeschoss des Hauses. Dort habe er sich, so der Augenzeuge weiter, eine Flasche Wodka aus dem Fenster reichen lassen und diese “auf ex” geleert.
Mandant habe einen "Filmriss" gehabt
Neben des Verbrechens des Mordes musste sich der Wiener auch wegen schwerer Nötigung und wegen Vergehen gegen das Waffengesetz verantworten. “Ich bekenne mich schuldig zu den Taten”, sagte der Angeklagte dem Schwurgerichtsvorsitzenden Ulrich Nachtlberger. An die Tat selbst könne er sich aufgrund seines Alkohol- und Drogenkonsums nicht mehr erinnern. Er sei erst wieder im Spital zu sich gekommen. “Ich hab’ nicht gewusst, was ich tue”, meinte er auf mehrfaches Nachfragen, ob er die Tat bewusst begangen habe. “Also nicht geständig”, meinte dazu die beisitzende Richterin Eva Brandstetter daraufhin. Ein remütiges Geständnis wäre ein wesentlicher Milderungsgrund.
“Dass, was er gemacht hat, ist das Schlimmste, was man machen kann, das ist ihm klar”, sagte einer seiner drei Verteidiger, Manfred Arbacher-Stöger. Aber sein Mandant habe einen Filmriss gehabt. “Er kann sich an das Tatgeschehen nicht erinnern”, so der Anwalt.
Der Angeklagte, der neben Arbacher-Stöger auch von Rudolf Mayr und Gregor Klammer anwaltlich vertreten wurde, hatte es vor der inkriminierten Tat zu einiger unrühmlicher Berühmtheit gebracht, indem er einen Rechtsstreit mit der Grünen Klubobfrau Sigrid Maurer anzettelte. Seit dieser Zeit soll auch sein Alkohol- und Drogenkonsum zugenommen haben, was in der Beziehung mit seiner Lebensgefährtin zu massiven Problemen führte.
Streit mit grüner Politikerin
In den Tagen vor der Tat soll der “Bierwirt” besonders viel getrunken haben. Immer wieder, so berichtete eine Zeugin dem eXXpress, lamentierte er: “Die Maurer hat mein Leben ruiniert”. Was meinte er damit?
Mai 2018. Im Sekundentakt hagelt es online negative Bewertungen für einen Craftbeer-Shop im 8. Wiener Gemeindebezirk. Der Grund dafür: Sigi Maurer hatte eine vermeintliche Facebook-Nachricht des Bier-Shop Besitzers an sie veröffentlicht. Dort heißt es: “Hallo. Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbei gegangen und hast auf meinen Sch**** geguckt als wolltest du ihn essen.“ Und weiter: „Dein fetter A*sch turnt mich ab aber da du prominent bist, f*** ich dich gern in deinen fetten A*sch, damit dir einer abgeht, du kleine dreckige B****“.
Gestern wurde die neunte Frau in diesem Jahr von ihrem Ex-Partner ermordet.
Jede getötete Frau ist eine zu viel.
Jede verletzte Frau ist eine zu viel.Dass es sich beim Täter offenbar um den Bierwirt handelt, schockiert mich persönlich, ist in der Sache aber unerheblich.
— Sigi Maurer (@sigi_maurer) April 30, 2021
Da Maurer (damals übrigens ohne Mandat) diese obszönen Privatnachrichten via Facebook mit ihren Freunden und Followern teilte und dadurch dessen Identität über soziale Netzwerke geoutet hatte, klagte der “Bierwirt” sie wegen übler Nachrede. Er beteuerte, die Botschaften nicht abgesetzt zu haben – Gäste hätten Zugang zu seinem Computer im Lokal gehabt. Brisant: Im ersten Prozess setzte es einen Schuldspruch für Maurer, doch das Wiener Oberlandesgericht befand dieses Urteil im Frühjahr 2019 für null und nichtig. Erst im Februar 2021 endete der, durch Corona zuletzt immer wieder unterbrochene, Prozess. Der “Bierwirt” zog seine Klage gegen Maurer zurück. Die güne Klubchefin wurde freigesprochen.
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