Nach der Entscheidung des Gerichts darf eine Richterin oder Staatsanwältin in Hessen „im Kontakt mit Verfahrensbeteiligten kein religiöses Kopftuch tragen“. Ein religiös konnotiertes Kleidungsstück im richterlichen oder staatsanwaltlichen Dienst widerspreche im Kontakt mit Verfahrensbeteiligten „vor allem dem Grundsatz der weltanschaulich-religiösen Neutralität“, entschied das Verwaltungsgericht Darmstadt laut dem veröffentlichten Urteil.

Die erste Kammer des Verwaltungsgerichts wies damit die Klage der Rechtsanwältin ab, deren Bewerbung das Justizministerium des Landes abgelehnt hatte. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen 1 K 2792/24.DA geführt, wie die WELT berichtete.

Klägerin: Kopftuch ist religiös verbindlich

Die muslimische Klägerin sieht für sich das Tragen eines Kopftuchs als „religiös verbindlich“ an. Im Bewerbungsverfahren um die Einstellung als Richterin oder Staatsanwältin hatte sie auf Nachfrage angegeben, dass sie nicht bereit sei, ihr Kopftuch „während des Kontakts mit den Verfahrensbeteiligten“ abzulegen.

Diese Haltung war für das Justizministerium maßgeblich. Sie steht im Zentrum des Konflikts zwischen der individuellen Religionsfreiheit der Bewerberin und den Anforderungen an den Justizdienst.

Justizministerium: Negative Religionsfreiheit und Funktionsfähigkeit

Das Justizministerium begründete die Ablehnung der Bewerbung neben dem Widerspruch zur weltanschaulich-religiösen Neutralität auch mit dem „Grundsatz der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege“. Ein Kleidungsstück mit religiöser Bedeutung verletze zudem die „grundrechtlich geschützte negative Religionsfreiheit von Verfahrensbeteiligten“.

Damit stützte das Ministerium seine Entscheidung auf mehrere verfassungsrechtlich relevante Prinzipien: Neutralität des Staates, Funktionsfähigkeit der Justiz und den Schutz derjenigen, die an einem Verfahren beteiligt sind und keiner religiösen Beeinflussung ausgesetzt sein sollen.

Gericht: Eingriff nur in engen Grenzen

Das Verwaltungsgericht folgte dieser Begründung, „auch wenn der Religionsfreiheit der Klägerin ein hoher Wert zukomme“. Zugleich betonte das Gericht, der Eingriff beschränke sich auf „ein Mindestmaß“, denn der Verzicht auf das Kopftuch werde nur im Kontakt mit den Verfahrensbeteiligten erwartet.

Gegen das Urteil ist Berufung möglich.