Vor wenigen Tagen hatte eine Allianz Aufständischer unter der Führung der Islamistengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) eine Blitzoffensive im Nordwesten Syriens begonnen. Syriens Machthaber Bashar al-Assad kündigte eine Gegenoffensive an.

Laut der Beobachtungsstelle kamen unter den Aufständischen mindestens 217 Kämpfer der Rebellengruppe HTS ums Leben sowie 51 Kämpfer der sogenannten “Freien Syrischen Armee”, die von der Türkei unterstützt wird. Aufseiten der syrischen Soldaten und regierungstreuen Truppen gab es demnach 154 Todesopfer.

Luftangriffe auf Wohngebiete der Rebellenhochburg Idlib, Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements, haben einen Massenexodus ausgelöst. Anrainer berichteten von katastrophalen humanitären Folgen: Die Wasserversorgung brach zusammen, zeitweise fiel auch der Strom aus.

Proiranische Miliz aus dem Irak dementiert Verlegung nach Syrien

Vom Iran unterstützte Milizen sind nach Angaben von Aktivisten vom Irak nach Ostsyrien eingereist, um die unter Druck geratene syrische Regierung beim Kampf gegen die Rebellen zu unterstützen. Etwa 200 Kämpfer hätten die irakisch-syrische Grenze seit Sonntag überquert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London mit.

Der Chef des Milizen-Bündnisses, Faleh al-Fayad, dementierte die Berichte jedoch. Die sogenannten Volksmobilisierungseinheiten (PMU) operierten nicht außerhalb des Iraks, sagte er. Die PMU sind ein irakisches Bündnis aus mehrheitlich schiitischen Milizen, das 2014 zur Bekämpfung des IS gegründet wurde und heute eine bedeutende politische und militärische Kraft im Land darstellt. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bezieht ihre Informationen von einem Netz aus Informanten in Syrien.

Assad stellt Offensive als Teil westlicher Destabilisierung dar

Assad stellte indes die Großoffensive jihadistischer Kämpfer in seinem Land als Versuch dar, die Grenzen in der Region entsprechend westlicher Interessen zu verschieben. Die jüngste Eskalation spiegle die Ziele wider, “die Landkarte im Einklang mit den Zielen der Vereinigten Staaten und des Westens neu zu gestalten”, hieß es in einer Erklärung seines Büros vom Montag.

Assads Äußerungen stammten aus einem Telefongespräch mit dem iranischen Präsidenten Massoud Pezeshkian. Darin sprach er der Erklärung zufolge von einer “terroristischen Eskalation”, die die “Region spalten und die Länder darin fragmentieren” solle.

Kurdische Truppen wollen Zivilisten evakuieren

Unterdessen kündigte das kurdische Militärbündnis in Nordsyrien an, kurdische Zivilisten aus mehreren Gebieten der Provinz Aleppo evakuieren zu wollen. “Wir koordinieren uns aktiv mit allen relevanten Parteien in Syrien, um die Sicherheit unseres Volks zu gewährleisten und seine sichere Umsiedlung zu erleichtern”, erklärte der Chef der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), Mazloum Abdi, am Montag. Die Menschen sollen demnach in “unsere sicheren Gebiete im Nordosten des Landes” gebracht werden.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte hatte am Sonntag erklärt, dass rund 200.000 syrische Kurden von “pro-türkischen Gruppen belagert” würden. Die Kämpfer hätten die Kontrolle über die Stadt Tal Rifaat sowie einige umliegende Dörfer übernommen.

Zwölf Tote bei russischen Luftangriffen

Bei russischen Luftangriffen auf Aleppo gab zwölf Tote. Russlands Luftwaffe habe Ziele vor einer Klinik im Zentrum der Stadt bombardiert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Unter den Todesopfern seien neben Mitgliedern der Islamistengruppe HTS auch acht Zivilisten. Die syrische Staatsagentur SANA meldete zuvor nahe der Millionenstadt Opfer unter oppositionellen Kämpfern. Dutzende seien “getötet und verletzt” worden, so SANA unter Berufung auf syrische Armeekreise am Sonntagabend.

Bei Luftangriffen der syrischen Armee und ihrem Verbündeten Russland auf die überwiegend von islamistischen Aufständischen kontrollierte Stadt Idlib wurden mindestens elf Menschen getötet. Wohnviertel in der Stadt sowie ein Lager für Vertriebene im Norden Idlibs seien getroffen worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Montag dazu mit.

Bei dem Beschuss der nordsyrischen Stadt Hama durch die HTS und mit ihr verbündete Gruppierungen mit Raketenwerfern seien am Montag mehrere Zivilisten getötet worden, so die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte weiter. Demnach handelte es sich um den ersten derartigen Angriff der Jihadisten.

SANA meldete indes einen Drohnenangriff auf die zentrale und westlich gelegene Stadt Homs, der von der Luftverteidigung abgewehrt worden sei. Homs galt im syrischen Bürgerkrieg als eine der zentralen Städte des Konflikts. Als frühes Zentrum der Proteste gegen Assad und später Schauplatz intensiver Kämpfe wurde die Stadt durch jahrelange Belagerungen und Zerstörungen zum Symbol des Leidens und Widerstands. Heute steht Homs – rund 150 Kilometer von der Rebellenhochburg Idlib entfernt – unter Regierungskontrolle. (APA/red)